Menschen kommunizieren tagtäglich über die verschiedensten Kanäle. Nicht nur verbal verständigen wir uns, auch mithilfe von Körpersprache oder Mimik teilen wir anderen etwas mit. Es ist faszinierend, wie so ganz unbewusst eine Botschaft an das Gegenüber geschickt wird.
Doch gibt es auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wenn es um Körpersprache geht? Stefan Verra (47) ist Experte für Körpersprache und erklärt BLICK, wie anders Frau und Mann in diesem Bereich wirklich ticken.
Die grössten Unterschiede
Wichtig ist, die Körpersprache immer in Zusammenhang mit der Situation und Person zu betrachten. «Sie sollten beachten, dass jede Gestik und Mimik unterschiedlich zu deuten ist. Ein Tipp ist es, immer den gesamten Körper und niemals ein einzelnes Signal zu betrachten. Dann kommt man der Wahrheit schon viel näher», erklärt Verra.
Doch führt der Experte mögliche Unterschiede aus: «Frauen tendieren dazu, ihre Weiblichkeit unterbewusst auszudrücken, indem sie eine gewisse Asymmetrie in ihren Körper bringen.» Dazu zählen unter anderem: den Kopf seitlich stellen, sich in die Hüfte lehnen und die Beine beim Sitzen überschlagen. Das wirkt auch weniger angriffig.
Nimmt man einmal die Einflüsse der Mode zur Seite, ist es tatsächlich so, dass Frauen intuitiv ihre Haare gerne lang tragen, um so damit spielen zu können. Frauen fassen sich auch öfter an die Unterlippe oder in die Drosselgrube, welches der Bereich zwischen den Schlüsselbeinknochen ist. Verra betont: «All diese Gesten sind aber nicht sexuellen Ursprungs, sondern gelten lediglich als einfaches Unterscheidungsmerkmal!»
Männer zeigen dagegen ihr Geschlechtszugehörigkeit, indem sie sich instinktiv territorial verhalten. «Oft haben Männer eine breite Brust, breite Schultern und versuchen sich möglichst gross zu machen, weil sie unterbewusst ihrer Umgebung zeigen möchten, dass sie ein Mann sind», erläutert der Experte. Schon Buben tendieren daher auch mehr dazu, sich mit anderen Jungs zu raufen.
Laut Verra fassen sich Männer wie Frauen an gewisse Körperstellen. Allerdings berühren erstere eher den Nasenrücken oder den Mundbereich, während Frauen sich schon mal sanft über den Unterarm streichen. Einmal mehr ist dies ein Ausdruck seines Geschlechts, erinnert der Experte.
Ähnlichkeiten zwischen den Geschlechtern
Trotz vielen Unterschieden in der unterbewussten Körpersprache verhalten sich viele Personen – sei es Frau oder Mann – bei starken Emotionen sehr ähnlich. Verra nennt als Beispiel Aggression, Scham, Freude, Neid, Nervosität oder Trauer. Diese Emotionen hätten nämlich wenig damit zu tun, passiv sein Geschlecht auszudrücken.
Es gilt auch zu beachten, dass die Körpersprache von Person zu Person leicht variiert und das mit ein Grund sei, zu welchen Personen wir uns hingezogen fühlen. Verra sagt: «Wir verlieben uns nicht in das Aussehen, sondern in die Körpersprache des anderen.»
Woher kommt Körpersprache?
Die Körpersprache von Menschen hat sich in den letzten Hunderten von Jahren nicht stark verändert, wie Verra weiss. «Unsere Biologie und Evolution braucht nämlich viel länger als die Gesellschaft, um sich abzuwandeln.»
Die heutige Körpersprache hat sich laut dem Experten also aus dem herauskristallisiert, was sich in den vergangenen Tausenden von Jahren evolutionär bewährt hat. Unsere Körpersprache ist demnach so ausgerichtet, dass viele Verhaltensmuster heute nicht mehr offensichtlich vorteilhaft sind, so beispielsweise das ansteckende Gähnen.
Was bedeutet Körpersprache?
Unsere Körpersprache ist in erster Linie nicht sexuell bedingt, wie Verra ausführt. Sie diene vor allem, um das innere Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu stillen. «Mit unserer Körpersprache versuchen wir der Umwelt zu zeigen, als welches Geschlecht wir wahrgenommen werden wollen.» Menschen seien soziale Wesen und brauchen psychologisch und physisch eine Gruppe oder eine «Herde», um zu überleben. «Das hat sich evolutionär einfach als am erfolgreichsten bewährt», so der Experte.