Klinge, Kugel und Nagel im Gehirn
Personen überlebten schwerste Verletzungen wie durch ein Wunder

Ein Schweizer Professor überlebte in Brasilien einen Raubüberfall, bei dem ihm in den Kopf geschossen wurde. Weitere Fälle zeigen, dass vermeintlich tödliche Verletzungen anders enden können. Wie das möglich ist, erklärt ein Experte vom Unispital Zürich.
Publiziert: 15.08.2024 um 20:28 Uhr
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Der Schweizer Professor aus Lausanne überlebte in Brasilien einen Kopfschuss.
Foto: Zvg
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Denis MolnarJournalist

Am vergangenen Donnerstag wurde der Schweizer Marcel P.* (55) bei einem versuchten Raub in der brasilianischen Stadt Salvador von einer Kugel im Kopf getroffen und schwer verletzt. Der Professor aus Lausanne überlebte und wurde auf die Intensivstation eines Privatspitals gebracht. 

Der Fall von P. zählt aber zu einer Minderheit. Normalerweise sind Schussverletzungen oder Messerstichverletzungen des Gehirns mit einer hohen Letalität verbunden, wie Markus Florian Oertel, Oberarzt und Leiter Neurotraumatologie am Universitätsspital Zürich, auf Anfrage von Blick mitteilt. Insbesondere Gehirnabschnitte wie etwa der Hirnstamm, die für zentrale Funktionen wie Atmung oder Kreislauf von entscheidender Bedeutung sind, seien «absolut lebensnotwendig» und sollten nicht getroffen werden. «Darüber hinaus sind aber auch weitere, meist mittig gelegene Gehirnabschnitte wie eine Art prognostisches Dreieck beispielsweise für das Bewusstsein von grosser Wichtigkeit», erklärt Oertel.

Bei einem Patienten ging der Schuss quer durchs Hirn

Grundsätzlich hätten Patienten ohne relevante Begleiterkrankungen und Verletzungen und jüngere Patienten und Patienten, die rasch behandelt und einem erfahrenen Neurotraumazentrum zugewiesen werden, bessere Chancen, überhaupt und in einem guten Zustand zu überleben.

Selbst wenn in der Schweiz Schussverletzungen des Gehirns seltener passieren als in anderen Ländern: Auch das Unispital Zürich verzeichnet Fälle. Oberarzt Oertel: «Ein Fallbeispiel war ein recht spektakulärer Fall eines jungen Patienten mit Schussverletzung durch das Gehirn, was auf den CT-Bildern zunächst so aussah, als ob der Patient es kaum überleben könne.» Was dem Patienten wohl das Leben rettete: Gemäss Oertel wurde die Kugel abgelenkt und der Schuss traf nicht die oben erwähnten kritischen Gehirnbereiche. «Der Patient erholte sich rasch und vollständig noch während des Spitalaufenthaltes.»

Auch in den folgenden Fällen von rund um den Globus sprangen Personen mit ähnlichen Verletzungen dem Tod noch von der Schippe. 

Nagel im Kopf zum Ersten

Im US-Bundesstaat Colorado klagte der damals 23-jähriger Bauarbeiter Patrick L.* im Jahr 2005 zunächst über Zahnschmerzen und beeinträchtige Sicht, bevor er dann am sechsten Tag den Zahnarzt aufsuchte, bei dem auch seine Schwester arbeitete. «Wir sind alle Freunde, deshalb glaubte ich an einen Scherz, als die Ärzte rauskamen und sagten: ‹Da ist wirklich ein Nagel›», zitierte die Nachrichtenagentur AP damals die Schwester von L. Der Nagel hatte sich unbemerkt aus einer Nagelpistole gelöst, steckte vier Zentimeter im Gehirn des Bauarbeiters und hatte das rechte Auge nur knapp verfehlt. In einer vierstündigen Operation wurde der Fremdkörper entfernt.

Nagel im Kopf zum Zweiten

Das Hantieren mit einer Nagelpistole machte 2012 auch für einen 32-Jährigen den Weg ins Spital unausweichlich. Dante A.* hatte sich das neun Zentimeter lange Metallstück ins Hirn geschossen. Wie die örtliche Zeitung «South Town Star» damals berichtete, begab sich der Mann noch selbst in ärztliche Behandlung. Dies jedoch erst zwei Tage nachdem er beim Arbeiten in der Garage nach dem Rückstoss des Werkzeugs Schmerzen im Kopf hatte und ihm mittlerweile übel war. Der behandelnde Arzt konnte den Nagel entfernen, allerdings musste auch ein Stück des Hirns mit raus. «Er wird wieder gesund», sagte der Arzt damals. «Vielleicht wird er vergessen, den Müll rauszubringen oder den Hund Gassi zu führen. Aber wer macht das nicht?»

Die Zehn-Zentimeter-Klinge

2018 wurde im medizinischen Fachmagazin «British Medical Journal» ein Bericht veröffentlicht, der einem den Atem stocken lässt. An einem feuchtfröhlichen Abend in der südafrikanischen Metropole Johannesburg kam es zwischen mehreren Personen zu einem Streit. Plötzlich hatte ein 25-jähriger Beteiligter ein Messer im Kopf stecken. Die Klinge bohrte sich bis zum Anschlag in den Schädel, der Griff brach ab.

Der Mann ging aber anstatt direkt ins Spital zunächst nach Hause. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nur Kopfschmerzen. Zu Hause konnten ihn seine Freunde dazu überreden, die Notaufnahme aufzusuchen. Auf den Röntgenbildern wurde ihm dann klar, was da in seinem Kopf steckte. Die Klinge war nicht zu übersehen. Der 25-Jährige hatte Glück, das linke Auge war intakt und auch das Gehirn schien unverletzt zu sein. Nach vier Tagen zogen ihm die Ärzte die zehn Zentimeter lange Klinge aus dem Kopf.

*Name bekannt 

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