Alternative zu Kreditkarte und Twint
Bei Pay Green zahlen Unternehmen für Klimaschädlichkeit und nicht Kunden

Umweltfreundliche Onlinehändler mit tiefen Gebühren belohnen: Das verspricht Pay Green. Blick zeigt, wie das System funktioniert und wie Kundinnen profitieren.
Publiziert: 28.03.2024 um 10:07 Uhr
|
Aktualisiert: 02.04.2024 um 09:49 Uhr
1/8
Das Schweizer Start-up Pay Green will mit einem neuen Ansatz Greenwashing im Onlinehandel unattraktiv machen. Das Fintech belohnt Onlinehändler für gespartes CO₂.
Foto: Getty Images
RMS_Portrait_AUTOR_816.JPG
Vanessa SadeckyRedaktorin Green Circle

Onlineshopping und Umweltfreundlichkeit stehen oft im Widerspruch. Nicht nur beim Thema Paketflut: Für Käufer ist es im Normalfall schwierig bis unmöglich, zu erkennen, wie umweltschädlich oder umweltfreundlich Waren hergestellt werden.

Die gute Nachricht: Das Bewusstsein für Greenwashing – das Vorgaukeln von Umweltfreundlichkeit zur Profitsteigerung – nimmt zu. So wird Onlinehändler Zalando auf Drängen der EU-Kommission «irreführende Nachhaltigkeitssymbole und Nachhaltigkeitsfilter» ab dem 15. April von seiner Website löschen. Auch im Schweizer Zalando-Shop verschwinden die intransparenten Nachhaltigkeitsbezeichnungen, wie das Unternehmen auf Anfrage bestätigt.

Greenwashing unattraktiv machen

Das Schweizer Start-up Pay Green will mit einem neuen Ansatz Greenwashing im Onlinehandel unattraktiv machen. Das Fintech belohnt Onlinehändler für gespartes CO₂. Treibhausgase reduzieren, statt kompensieren, ist die Devise. Die Händler bekommen für ihre CO₂-Einsparungen tiefe Transaktionsgebühren bei Kundenzahlungen. «Carbon Pricing» (zu Deutsch «CO₂-Bepreisung») nennt sich das Prinzip. Die globale Umweltpolitik nutzt Carbon Pricing bereits in Form von CO₂-Steuern und Emissionshandel.

CO₂-sparende Firmen sparen Geld

Wie funktioniert das Belohnungssystem von Pay Green? «Wir analysieren kostenlos den CO₂-Fussabdruck der Onlineshops, erstellen ein Zertifikat und passen die Pay-Green-Transaktionsgebühren dem CO₂-Ausstoss an», sagt Pay-Green-Gründer Roman Odermatt (36). Das heisst konkret: «Bei einem tiefen CO₂-Ausstoss sind die Pay-Green-Bezahlgebühren für den Händler tief. Tiefer als Bezahlgebühren von Kreditkarten, Paypal oder Twint.» So könnten besonders kleine und mittlere Unternehmen mit kleinem CO₂-Fussabdruck profitieren.

Umweltzertifikat von Fachhochschule Nordwestschweiz unterstützt

Es stellt sich die Frage, wie seriös das Umweltzertifikat von Pay Green ist. Odermatt: «Unsere Methodik wird von der Fachhochschule Nordwestschweiz begleitet.» Onlineshops absichtlich grüner zu labeln als sie wirklich sind, sei für Pay Green nicht reizvoll, weil Pay Green so Einnahmen entgehen würden.

Gegen unendliches Wachstum

Wie verdient Pay Green dabei? «Wir finanzieren uns nur über die CO₂-abhängigen Bezahlgebühren.» Am meisten verdient Pay Green an Onlinehändlern mit hohem CO₂-Ausstoss. Kann die Firma langfristig rentabel sein, wenn von einer Zukunft ausgegangen wird, in der alle Unternehmen einen möglichst kleinen CO₂-Fussabdruck brauchen?

«Unsere Mission hört nicht bei CO₂-Neutralität auf. Wir planen, noch mehr Faktoren in die Zertifizierung einfliessen zu lassen. Zum Beispiel den Wasserverbrauch, soziale Verantwortung oder die Produktion in Drittweltländern.» Odermatt ergänzt: «Wir sind Wachstum positiv eingestellt. Es muss aber die Grenzen der Ressourcen der Erde respektieren.»

Konsumentinnen sollen nicht mehr für Umweltschutz zahlen

Die Konsumenten sollen bei Pay Green – anders als bei Ansätzen wie der Flugreisen-CO₂-Kompensation – nicht für die Umweltschädlichkeit der Unternehmen blechen: «Die Onlineshopper zahlen nie Gebühren, egal wie gross der CO₂-Ausstoss des Onlineshops ist», sagt CEO Roman Odermatt. 

Pay Green im Praxistest

Wie funktioniert Pay Green aus Kundinnensicht? Blick testet den Bezahlservice im Onlineshop von Muntagnard. Die Bündner Slow-Fashion-Kleidermarke fertigt ihre Wollmäntel und T-Shirts in der Schweiz und der EU an und verwendet nur kompostierbare und rezyklierbare Materialien. Blick legt ein T-Shirt für 39 Franken in den Warenkorb. Bei den Bezahloptionen wird «Pay Green Rechnung» angewählt. Abgesehen von den Versandkosten für 7.90 CHF fallen keine Extra-Gebühren an.

Zehn Minuten nach der Bestellung bei Muntagnard flattert die Pay-Green-Rechnung ins E-Mail-Postfach. Fazit: Im Bezahlablauf ist der Zwischenschritt mit der E-Mail-Rechnung etwas umständlicher, als im Onlineshop direkt mit Twint oder der Kreditkarte zu bezahlen.

Auch wenn das Bezahlsystem nicht so bequem wie das Bezahlen mit der Kreditkarte oder Twint ist, könnte das Konzept bei Kunden Anklang finden, die umweltschonende Onlineshops gezielt unterstützen wollen. Eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte zeigt, dass bereits über ein Drittel der Konsumenten nicht mehr in Onlineshops einkaufen, wenn sie Bedenken bezüglich deren Nachhaltigkeit haben.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?