«Es war ein sehr schwieriger Frühling und Sommer für alle Insekten», sagt Markus Fankhauser (46), Architekt und Bio-Imker aus Aarau. Diesen Frühling hat er den Bienenvölkern entgegen den letzten zwölf Jahren kein einziges Gramm Honig entnommen. Im Gegenteil: Er musste seine Bienen sogar bis in den Juni füttern, weil sie zu wenig Nektar fanden. «Hier im Mittelland wären ohne die Hilfe der Imker viele Bienenvölker gestorben», fügt Fankhauser an, der im Vorstand des Bienenzüchtervereins Aarau und Umgebung ist. Für ihn ist die Honigbiene «wie ein Richttier», an dem man auch den Zustand der anderen Insekten ablesen kann. Daher auch seine Sorge um all die anderen Insekten.
Den anderen Insekten konnte er nicht durch den kalten Frühling und nassen Sommer helfen, seinen Honigbienen schon. Statt mit Zuckerwasser hat er sie mit ihrem eigenen Honig gefüttert. Um ein Kilogramm Honig zu produzieren, benötigen die Bienen drei Kilogramm Nektar, für den sie rund 150 Millionen Blütenbesuchen und etwa 100'000 Kilometer Flugdistanz zurücklegen. Darum ist für ihn klar: «Honig ist ein Luxusgut, das uns die Natur schenkt.»
Eineinhalb Tonnen Honig
Dass es nicht jedes Jahr das gleich grosse Geschenk gibt, zeigt sich gerade deutlich: 2020 konnte der Hobby-Imker, der auch als Berater für die Dachorganisation Bienen Schweiz tätig ist, so viel Honig wie noch nie gewinnen. Mit eineinhalb Tonnen schenkten ihm die Bienen in diesem denkwürdigen Spitzenjahr etwa doppelt so viel wie durchschnittlich.
Doch dieses Jahr hat er gerade mal 150 Kilogramm «geschleudert», so nennt man den Vorgang, um den Honig aus den Waben zu bekommen. Im Durchschnitt ergibt das ungefähr 500 bis 700 Kilo Honig pro Jahr.
Zur Imkerei kam Fankhauser durch Zufall: An einem Geburtstagsfest seiner Mutter traf er einen Hobby-Imker, der ihm von seinem Hobby erzählte. Fasziniert berichtete er im Anschluss seiner Frau davon. Allerdings erst nach mehrmaligen «Hinweisen» seiner Frau meldete er sich dann beim Imker und durfte ihn in seinem Bienenhaus besuchen. Und von da an ging es mit dem zeitintensiven Hobby los: 2009 machte er die zweijährige Ausbildung und durfte die Bienen bereits in dieser Zeit im Bienenhaus einer älteren Dame mitimkern. Dieses konnte Fankhauser nach der Ausbildung umbauen und übernehmen.
300 bis 500 Stunden Arbeit
Bei der Frage, wie viel Zeit er für die Imkerei investiert, sagt Fankhauser lachend: «So ganz genau möchte ich das gar nicht wissen… Es werden aber schon zwischen 300 und 500 Stunden pro Jahr sein. Das heisst gut zehn Stunden pro Woche.» Für einen Familienvater mit zwei Kindern und einem Vollzeitjob, ein grosses Pensum. Aber seine Frau und die Kinder lieben seinen Honig – «das hilft».
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Fankhauser geht es nicht um den maximalen Ertrag. Ihn fasziniert, wie ein Bienenvolk als Super-Organismus funktioniert und mit der Umwelt zusammen durchs Jahr geht. «Im Winter sind es 6000 bis 10'000 Bienen, ab dem Frühling bis in den Sommer wächst dann das Volk auf 50'000 bis 60’000 Bienen. Jedes Volk hat einen eigenen Charakter, was sich auch in leicht anderen Strategien, um zu (über-)leben, bemerkbar macht.»
Mit den Bienen imkern
«Imkern ist ein Eingriff in die das Leben der Honigbienen», stellt Fankhauser klar. «Aber im besten Fall ist Imkern eine Symbiose, ein Miteinander, im schlechten Fall ist es eine Störung». Für ihn sind die Honigbienen sowohl Wildtier wie Nutztier.
Vor dem längsten Tag schwärmen Bienenvölker oft, um sich zu vermehren. Völker, die ausgeschwärmt sind, sammeln aber keinen überschüssigen Honig mehr, der geerntet werden kann. Daher möchten viele Imker «abgeschwärmte» Völker verhindern. Einige Imker tun dies mit einem sogenannten Flügelschnitt bei der Königin. So kann sie mit den ausschwärmenden Bienen nicht losfliegen und plumpst vor dem Bienenkasten auf den Boden. Die ausschwärmenden Bienen sammeln sich bei der Königin und können durch den Imker abends bequem wieder eingesammelt werden.
Diese Methode ist aber für Fankhauser nicht vertretbar und in der Bio-Imkerei auch nicht zulässig. Alternativ kann man beispielsweise den stark anwachsenden Völkern rechtzeitig im Mai eine bis zwei Brutwaben mit aufsitzenden Bienen entnehmen. Die entnommenen Bienen beginnen sofort mit der Nachzucht einer neuen Königin. Für das geschröpfte Volk sei dies kein problematischer Eingriff, erklärt Fankhauser. Das Bienenvolk will nun aber eben nicht mehr ausschwärmen, weil es mit der Nachproduktion zu tun hat und mit den entnommenen Bienen ist ein neues, junges Volk entstanden.
Fast nur Hobby-Imker
Die Bio-Produktion sei etwas aufwändiger. Die Bio-Imkerei bringt aber nicht grundsätzlich weniger Honig, sagt Fankhauser. Sie unterliege strengeren Kontrollen, werde dichtmaschiger überprüft und sei durch grössere Einschränkungen geprägt als die konventionelle Imkerei. Beispielsweise wird der eingesetzte Wachs in Labors analysiert und kontrolliert. Er muss schadstofffrei sein, lagern die Bienen doch nebst dem Honig – den wir so gerne geniessen – auch ihre Brut in den sechseckigen Wachszellen auf oder lagern Pollen darin ein. Fankhauser nutzt ausschliesslich den eigenen von seinen Bienen produzierten Naturwachs und weiss somit genau, was da drin ist.
Nur eine Handvoll Imker in der Schweiz kann hauptberuflich von der Imkerei leben. Der ganz grosse Teil (schätzungsweise 98 Prozent der Imker) betreiben die Honig-Produktion als Hobby.
Schweizer Honig ohne chemische Keulen
Woher stammt denn der Schweizer Honig, den man im Detailhandel kaufen kann? Die grossen Zwischenhändler kaufen Honig von verschiedenen Imkern ein und mischen diesen zusammen, erklärt Fankhauser. Was aber nicht bedeute, dass alles reingemischt werden könne. «In den letzten Jahren wurden in der Schweiz die erlaubten Behandlungen deutlich eingeschränkt – dies zugunsten von einem guten und transparenten Produkt.»
Chemische Keulen sind in der Schweiz also nicht zugelassen. Darum sei der Schweizer Honig auch teurer als anderer. «Wer es genau wissen will, fragt am besten beim Imker in der Nachbarschaft nach», rät Fankhauser. Und vielleicht ergeht es ja jemandem wie ihm – und aus einer Nachfrage wird eine Leidenschaft.