Viele unserer alltäglichen Redewendungen haben im weitesten Sinn mit der Küche oder unserem Essen zu tun. Kein Wunder: Ernährung beeinflusst unser Wohlbefinden und ist überlebenswichtig. Ein bewusster Umgang mit Nahrungsmitteln ist zudem zentraler Bestandteil vieler Kulturen und Religionen. Und bereits vor Jahrtausenden spielte sich der grösste Teil des Lebens vieler Menschen in ihrer Küche oder an ihrer Feuerstelle ab.
Blick erklärt sechs verbreitete solche Redewendungen, damit du an der nächsten Party mit Small-Talk-Wissen glänzen kannst. Vom Biss in den sauren Apfel, über den heissen Brei bis hin zur beleidigten Leberwurst.
Seinen Senf dazugeben
In der Antike galt Senf wegen seines intensiven Geschmacks und seiner gelben Farbe als wertvolles Gewürz. Als entsprechend hochwertig galt jedes Gericht, das Senf beinhaltete. Über die Jahrhunderte griffen allerdings zahlreiche Köche und Wirte auf einen einfachen Trick zurück: Sie gaben ihren Speisen eine kleine Menge Senf dazu, um sie hochwertiger und besser erscheinen zu lassen – auch wenn der Senf eigentlich gar nicht zur Speise passte. Der Senf wurde dem Essen hinzugegeben, ohne es besser zu machen. Gleich verhält es sich mit einigen Menschen, die ihre Meinung einfach nicht zurückhalten können. Sie geben ihre Meinung zu einem Thema ab, auch wenn niemand danach fragt. Seit dem 17. Jahrhundert sprechen wir daher davon, dass jemand «seinen Senf dazugibt».
In den sauren Apfel beissen
Dem berühmten deutschen Reformator Martin Luther (1483-1546) wird nachgesagt, ein Talent für bildhafte Sprache gehabt zu haben. In einem Brief, den er an den kränkelnden Kurfürsten Johann von Sachsen (1468-1532) schickte, wünschte er diesem unter anderem mit folgenden Worten gute Besserung: «Der Fürst war krank und hat müssen (...) in den sauren Apfel beissen.» Was Luther wohl damit meinte: Die Situation für den Fürsten sei kurzfristig unangenehm, wie in einen sauren Apfel zu beissen. Langfristig werde es ihm aber bestimmt wieder bessergehen. Ein notwendiges Übel eben, das es zu akzeptieren gelte.
Um den heissen Brei herumreden
Wir bleiben bei Martin Luther. Wieder ist es der sprachgewandte Reformator, auf den die Ursprünge der Redewendung zurückgehen. Er soll im 16. Jahrhundert davon geredet haben, «wie eine Katze um den heissen Brei herumzuschleichen». Sein dahinterliegender Gedanke: Katzen bekamen damals die (teils noch heissen) Speisereste der Menschen zu essen. Wurden ihnen diese gegeben, schlichen sie zuerst um den «heissen Brei» herum, wohlwissend, dass er erst abkühlen muss. Im Laufe der Zeit veränderte sich die Redewendung. Man schleicht heute nicht mehr um einen Brei, man redet um ihn herum. Im übertragenen Sinne: Man redet um ein Thema herum, das (noch) zu heiss ist, um diskutiert zu werden.
Beleidigte Leberwurst spielen
In der Antike ging man davon aus, dass Gefühle – vor allem negative Gefühle wie Hass, Neid oder Zorn – ihren Sitz in der Leber haben. Gefühlsschwankungen wurden darum seit jeher mit der Leber in Verbindung gebracht. Wer schlecht gelaunt ist, dem ist wahrscheinlich «eine Laus über die Leber gelaufen». Heute weiss man: Gefühle haben nichts mit der Leber zu tun. Und doch hat sich die «beleidigte Leberwurst» als weit verbreitete Redewendung etabliert. Wie dabei aus der «Leber» eine «Leberwurst» wurde, ist nicht belegt. Eine populäre – wenn auch erfundene – Erklärung lautet aber wie folgt: Ein Metzger aus Obersachen (D) kochte im 19. Jahrhundert in seinem Topf verschiedene Würste und fischte eine nach der anderen aus dem heissen Wasser. Die Leberwurst blieb dabei am längsten im Kochwasser. Deswegen war sie beleidigt und platzte.
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Es geht um die Wurst
Würste haben im deutschen Sprach- und Kulturraum eine wichtige Bedeutung. Das erste schriftliche Rezept der St. Galler Bratwurst stammt zum Beispiel aus dem Jahr 1438. Entsprechend viele Redewendungen drehen sich seither um die Wurst. Das Brät im Naturdarm wurde über lange Zeit als beliebte Trophäe in Wettkämpfen, Turnieren und Volksfesten angeboten. Im Spätmittelalter waren viele Menschen in der Bevölkerung arm. Bei solchen Volksfesten ging es daher wortwörtlich um die Wurst: Wer gewann, konnte sich und seine Familie – wenigstens temporär – mit nahrhaften Würsten ernähren. Ging es um die Wurst, war es also wichtig. So wie heute auch, wenn auch meist nur noch im übertragenen Sinne.
Reinen Wein einschenken
Im Mittelalter war Wein ein teures und knappes Gut. Gastwirte verdünnten ihn daher oft mit Wasser oder mit essigsaurer Tonerde. Wer seinen Kunden ungestreckten, reinen Wein einschenkte, galt dabei als besonders ehrlich und aufrichtig. Heute ist die Herstellung und Verbreitung von Wein hohen Qualitätsstandards unterworfen. Unbemerkt verdünnen kann man ihn kaum mehr. Die Redewendung aber ist geblieben. Wer jemandem die ungeschminkte Wahrheit erzählt und besonders ehrlich ist, der schenkt reinen Wein ein.