Beat Schlatter (61), «Fuchs», Schauspieler
«Für die Taufe musste ich in die Brennnesseln springen und einen scharfen Essigsaft trinken. Mit meinem Namen Fuchs war ich aber ganz zufrieden. Nicht so Fan war ich von der Nachtübung, wenn man um 2 Uhr geweckt wurde für einen Postenlauf im Wald oder überhaupt früh aufstehen musste – ich schlief lieber aus. Bessere Erinnerungen habe ich an die Momente, in denen wir ums Feuer gesessen sind und zusammen gesungen haben – das hatte diesen Duft von Freiheit und Abenteuer. Aber so der typische Pfadi-Bueb war ich glaubs nie, und irgendwann wurde das Musikmachen für mich wichtiger. Und natürlich hat man als Mitglied einer Band auch mehr Chancen bei den Mädchen als in einer Pfadi-Uniform.»
Sandra Boner (47), «Stups», TV-Moderatorin
«Ich war ein aufgewecktes Kind, womöglich habe ich mit meiner vielen Energie biz genervt, darum wurde ich in der Bienli wohl Stups getauft. Der Name ist geblieben, 20 Jahre war ich bei der Pfadi Weissenstein in Solothurn dabei. Die Zeit draussen in der Natur und die Freundschaften, die bis heute geblieben sind – das ist das Wertvollste für mich an der Pfadi. Sogar meinen ersten Freund habe ich dort kennengelernt. Ich habe alles mitgemacht, die Lager und die Leiterkurse, das hat mir sicher gutgetan, das hat mein Selbstbewusstsein gestärkt – damit ich heute mit beiden Beinen fest auf dem Meteo-Dach stehe. Als Pfadi-Meitli darf man nicht zimperlich sein, wir waren bei jedem Wetter draussen. Wer das Gräbli um das Zelt nicht tief genug baut, wird halt nass. Man lernt aber auch Teamgeist, ist füreinander da. Die Lager waren das Coolste für mich, da kam ich in einen totalen Flow. Um drin zu bleiben, habe ich manchmal nachher daheim noch ein paar Nächte auf dem Boden geschlafen. Meine beiden Kinder gehen natürlich auch in die Pfadi, mein Partner war ebenfalls dabei. Wir sind also eine richtige Pfadi-Familie.»
Lisa Christ (31), «Ronja», Kabarettistin
«Ich war so zwischen neun und zehn Jahre alt, als ich in Olten in die Pfadi gekommen bin. Geblieben bin ich aber nicht lange, vor allem weil ich mich mit niemandem so richtig angefreundet habe. Die Leiterinnen habe ich nett in Erinnerung, die haben sich mega Mühe mit uns gegeben. Sie inszenierten Geschichten mit Übungen im Wald, das war sehr abenteuerlich, aber mir war das manchmal etwas zu heftig. Da ging meine Fantasie mit mir durch, und ich bekam wirklich Angst vor Hexen und Trollen. Für die Taufe mussten wir mit verbundenen Augen über Hindernisse und durch Schlamm laufen, und zum Schluss gab es einen ekligen Trank. Wie ich zu meinem Namen Ronja gekommen bin, weiss ich nicht, vielleicht sollte ich als Räubertochter etwas mutiger werden. In ein Lager bin ich nur einmal mit, ich hatte aber so Heimweh, dass mich meine Mutter wieder abholen musste. Für die Pfadi war ich wohl zu sehr Sensibelchen.»
Thomas Vellacott (51), «Panda», WWF-Chef
«Ich bin in einem kleinen Dorf auf dem Hirzel aufgewachsen und war schon als Bub gern draussen im Wald unterwegs. Weil bereits meine Mutter Pfadfinderin war, lag es auf der Hand, dass ich auch dabei bin. Für mich hat es gepasst, gemeinsam mit Freunden die Natur auf abenteuerliche Weise zu erleben, damals las ich mit Begeisterung ‹Das Dschungelbuch›. Auch beim WWF war ich als Achtjähriger schon aktiv und verkaufte Marken – ziemlich intensiv! Als ich 100 Franken erreicht hatte, bekam ich dafür einen goldenen Panda-Pin. Wahrscheinlich haben sie mich darum Panda getauft. Ich hatte mir ohnehin einen Tiernamen gewünscht, dieser passt bis heute ganz gut. Für die Taufe musste ich im Wald einen Brief überbringen und wurde dabei überfallen, der Brief war dann meine Urkunde. Ein Highlight war das Bundeslager 1980 in der Lenk. Es war das erste Mal, dass ich zwei Wochen allein von zu Hause weg war, ich war neun Jahre alt. Am Wochenende besuchten mich die Eltern, da gab es auch ein paar Momente mit Heimweh. Aber insgesamt war es ein tolles Abenteuer, wir bauten eine Eisenbahn, und es gab Pfadis, die französisch redeten. Das ist mir in Erinnerung geblieben.»
Susy Utzinger (53), «Cloggs», Tierschützerin
«Für meine Ausbildung zur Bienli-Führerin sind wir zu dritt allein durch die halbe Schweiz gezogen – mit Ausrüstung und Schlafsack auf dem Rücken. Die Übernachtung mussten wir selbst organisieren, untergekommen sind wir bei einem Bauern im Stall. Eine Pfadi-Uniform öffnet viele Türen. Als es hell wurde, wachten wir neben den Kühen auf, die gemolken wurden. Für mich war das eines meiner besten Pfadi-Erlebnisse. Wir waren etwa 14 Jahre alt, so was wäre heutzutage wohl nicht mehr möglich. Weniger begeistern konnte ich mich für die Orientierungsläufe nachts im Wald – wir haben uns jedesmal verlaufen. Das Schönste an der Pfadi war für mich die Nähe zur Natur, das ist bis heute geblieben. Und ich habe früh gelernt, zu organisieren und Verantwortung zu übernehmen oder wie man aus wenig ganz viel machen kann. Wie ich zum Namen Cloggs gekommen bin, weiss ich nicht so genau. Das hiess so viel wie Zoggel. Vielleicht weil ich immer gern grobe und robuste Schuhe getragen habe.»
Bo Katzman (70), «Knochen», Musiker und Chorleiter
«Als neunjähriger Bub war ich spindeldürr, darum haben sie mich in der Pfadi Knochen getauft. Eigentlich ein cooler Name, und ich habe durchwegs gute Erinnerungen an die Zeit bei den Bibern in Pratteln. Jeden Samstag waren wir draussen in der Natur, Höhepunkt war immer das Pfadilager. Wir haben an Orten gezeltet, wo es heute wohl verboten wäre, haben Holz gesammelt und über dem Feuer gekocht. Da wurde ich auch getauft, als Mutprobe musste ich einen reissenden Bach überqueren, das eiskalte Wasser ging mir bis zur Brust, und am anderen Ufer gabs einen scheusslichen Trank – das gehörte dazu. Damals spielte ich auch schon Gitarre, in der Pfadi habe ich entdeckt, wie viel Freude es macht, gemeinsam zu spielen und zu singen. Als wir für ein Pfadilager Geld sammeln wollten, kam ich auf die Idee, dass wir mal was anderes singen könnten. Wir haben afroamerikanische Gospel-Lieder einstudiert – das war mein erster Chor.»
Myrto Joannidis (46), «Kakadu», Sängerin und Moderatorin
«In Birmensdorf, wo ich aufgewachsen bin, war für einen Teenie nicht so viel los. Ich habe überall mitgemacht, im Chor, beim Volleyball und in der Pfadi. Weil ich erst so mit zwölf dazugekommen bin und es nicht so viele Mädchen gab, habe ich ziemlich schnell ‹Karriere› gemacht – also die Ausbildung als Leiterin. Dafür bin ich in ein Vorbereitungslager am Uetliberg, die anderen waren aus Zürich, älter und viel cooler als ich. Bei einer Übung mussten wir eine Übernachtung organisieren. Stattdessen sind wir zu mir nach Hause gelaufen und haben dort geschlafen, gegessen und warm geduscht. Den anderen haben wir ein Riesenabenteuer aufgetischt. Die Taufe war damals noch ziemlich hart, ich wurde bei einer Chlaus-Übung gefühlte zwei Stunden an einen Baum gefesselt, es war dunkel und kalt. Für mich war das nicht schlimm, aber heute ginge so was nicht mehr. Warum ich Kakadu getauft wurde, ist nicht schwer zu erraten: Ich habe schon damals viel und laut geredet. Für mich war die Pfadi persönlichkeitsbildend, man wird schneller selbständig und lernt noch mal ganz andere Leute kennen.»
Peter Arbenz (84), «Fuchs», ehemaliger Direktor des Bundesamts für Flüchtlinge
«Eines meiner ersten grossen Erlebnisse in der Pfadi war ein Sommerlager im Tessin, da war ich elf Jahre alt. Wir sind in zwei Tagen mit Velos (uralten Göpeln), von Winterthur über den Gotthard an den Lago Maggiore gefahren. Bis heute bin ich mit zwei Kollegen aus dieser Gruppe befreundet. Im Lager bekamen wir die Aufgabe, aus einer Zeltblache und einer Kiste ein Floss zu bauen, um zur Insel Brissago zu gelangen. Wir hatten nicht mal Paddel, sind ziemlich schnell gesunken und pflüdinass zurück ans Ufer gekommen – das war unsere Taufe. Die Pfadi ist etwas vom Besten, was ich in meiner Jugend unternehmen konnte. Was man bei einem Orientierungslauf oder beim Bau einer Brücke gelernt hat, hilft einem im späteren Leben. Für mich war das eine gute Vorbereitung auf Studium, Beruf und Militär. In der Pfadi erhielt ich erste Führungserfahrung, Führung bedeutet für mich immer, Vorbild zu sein. Der Pfadi bin ich mein Leben lang treu geblieben, bis vor zwei Jahren war ich noch im Patronatskomitee der Pfadistiftung. Und jetzt bereiten sich meine Neffen gerade für die Organisation des Bundeslagers in Goms vor.»
Ellen Ringier (70), «Micky», Verlegerin
«Ich muss vorausschicken, dass ich einen ungewöhnlichen Start in mein Leben in Luzern hatte, nämlich eine ausländische Mutter mit einem abgeschlossenen Sprachstudium und erster Berufserfahrung an der Wall Street in New York. Meine daher etwas exotische Mutter konnte sich mit manchen hiesigen Usanzen nicht so recht anfreunden, und so hielt sie die Tradition des Verschickens eines ‹Fresspäcklis› ins Pfadilager für ausgesprochen ungesund. Süssigkeiten, ohne unmittelbar danach die Zähne unter Mutters Aufsicht zu putzen, gab es in unserer Familie nicht. Statt einer Schuhschachtel mit Schoggi, Guetzli und Studentenfutter schickte mir meine Mutter meine damalige Lieblingslektüre ins Lager: gerollte Ausgaben von ‹Fix und Foxi› sowie ‹Micky Maus›. Klar, dass es nicht lange dauerte, bis jede meiner Pfadikolleginnen über diese eher exzentrischen Sendungen Bescheid wusste, und bei der bald darauf stattfindenden Taufe erhielt ich – wenig überraschend – meinen Pfadinamen: Micky! Immerhin besser als Foxi, nicht wahr? PS: Mein Grosi hat mir in jedes Lager ein echtes Fresspäckli geschickt!»