Die Trödler vor der Security
Es fängt schon beim Losfliegen an. Genauer bei der Security-Kontrolle: Menschen, die wie Hans-Guck-in-die-Lufts in der Schlange stehen und am Sicherheitsband in einer Seelenruhe anfangen, ihre Tasche zu öffnen, die Flüssigkeiten herauszusuchen, sie in die Tüte zu packen, den Gürtel lösen – als seien sie die einzigen Passagiere.
Ich spreche hier nicht von Passagieren, die offensichtlich erst wenig geflogen sind und das Prozedere nicht kennen. Ich spreche hier von Reisenden, denen es egal ist, dass andere warten müssen.
Kleiner Tipp: So verhält man sich an der Security-Schleuse. In der Warteschlange schon alles Vorbereiten: Flüssigkeiten einpacken, Gürtel ausziehen, grosse elektronische Geräte griffbereit haben. Aufs Band legen, durchlaufen, fertig!
Backpacker, zieht euch ordentlich an!
Warum schlappen viele Traveller - insbesondere männliche Backpacker (Sorry!) – durch die Fremde als hätten sie ihre Kleidung im Altkleider-Container gefunden? Während sich selbst in den ärmsten Ländern die Einheimischen ordentlich anziehen, kommen die reichen Backpacker mit zerrissenen, dreckigen, abgewetzten Klamotten daher. Ein gepflegtes Auftreten ist in den meisten Ländern der Welt eine gesellschaftliche Norm.
Kein Westler würde in der Heimat mit solchen Kleidern auf die Strasse gehen – aber in den Feriendestinationen scheint das angemessen zu sein. Schlussendlich ist das ein Zeichen von Respektlosigkeit gegenüber der anderen Kultur.
Lokale Sitten missachten
In Thailand ziehe ich die Schuhe aus, bevor ich einen Tempel betrete, in einem muslimischen Land laufe ich während des Ramadans nicht mit einer Coca Cola durch die Stadt und in der Mongolei trinke ich zur Begrüssung einen Schluck vergorener Stutenmilch: andere Länder, andere Sitten.
Allerdings scheinen Reisende zu vergessen, dass auch im Ausland Benimmregel gelten – wahrscheinlich, weil das Reise-Leben in Vietnam, Mexiko und Co. so leicht und ungezwungen daherkommt. Alles ist easy. Alles geht.
Beispiel gefällig? Letztens in Sri Lanka ist ein Tourist ohne Hemd durch ein Dorf gelaufen und sass ebenso freizügig im Restaurant – selbst im liberalen Europa ist so ein Verhalten nur in einem Strandbad akzeptabel – und schon da findet man vermehrt Schilder, dass man Bars und Restaurants nur angezogen betreten darf.
Als Reisender ist man Besucher. Und wie man von Besuchern bei sich zu Hause oder von Touristen in der Schweiz erwartet, dass sie sich an die Gewohnheiten anpassen, so gilt das auch für das Reisen ans andere Ende der Welt.
Die versteckte Arroganz
Wenn am aus dem reichen Westen kommt – insbesondere aus der hyperreichen Schweiz – dann fällt es leicht, sich über die Zustände in anderen Ländern zu erheben. In kaum einem anderen Land (nicht einmal in Europa) ist die Infrastruktur so perfekt wie zwischen Genf und Basel, ist der öffentliche Verkehr so effizient oder die Strassen so sauber.
Der Grat zwischen Verwunderung und Arroganz ist manchmal nur ein Augenrollen oder eine kleine Bemerkung («Also bei uns kommt der Zug immer pünktlich.»). Wer reist, sollte Bescheidenheit und Verständnis für die Lebenssituation in anderen Ländern mitbringen.
Imitieren der fremden Kultur
Wir stellen uns eine asiatische Reisegruppe vor, die zum Alpabzug nach Urnäsch ins Appenzellerland gekommen ist – und alle haben sich in der Heimat mit nachgemachter Appenzeller Tracht eingedeckt. Die Entrüstung käme sofort.
Warum also glauben wir, dass es eine gute Idee ist, die Trachten oder landestypischen Kleidergewohnheit zu imitieren. Ein Tourist, der in Dubai mit einem langen weissen Gewand herumläuft, macht sich lächerlich und verletzt im schlimmsten Fall die Gefühle der Einwohner.
Das ist keine Frage des Mode-Themas «kulturellen Aneignung», es ist eine Frage des Anstands.
Unwissenheit über das Reiseland
Es ist erschreckend, welche grossen Wissenslücken Reisende über ihr Reiseziel haben. Niemand muss Geschichtsprofessor oder Anthropologe sein, aber ein gewisses Grundahnung von der Kultur und den Eigenheiten eines Landes kann man voraussetzen.
Wer in Mexiko fragt, warum die Nationalsprache Spanisch ist, macht sich nicht nur lächerlich, er zeigt, dass ihm die Menschen im Ferienland herzlich egal sind. Wer dagegen bei einem Gespräch mit Einheimischen zeigt, dass er ein Grundwissen zu Land und Leuten besitzt, wird geschätzt.
Vielleicht bin ich mittlerweile «old school», aber ich bin ein Fan von fundiertem Allgemeinwissen. Und dem Wunsch, sein Wissen zu erweitern.