Tragödie bei YB-Star – eine Expertin über was hilft, und was nicht
«Die Trauer um ein Kind ist ein lebenslanger Prozess»

Ein Kindsverlust, wie ihn YB-Star Meschack Elia erfährt, ist ein traumatisches Erlebnis. Für das Umfeld kann es schwierig sein, die richtigen Worte zu finden. Eine Betroffene gibt Tipps, was hilft und was gar nicht.
Publiziert: 12.12.2024 um 16:09 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2024 um 16:28 Uhr
Der YB-Star Meschak Elia trauert um seinen Sohn (†4)
Foto: TOTO MARTI

Auf einen Blick

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Olivia RuffinerRedaktorin

Ein Kind zu verlieren, ist wohl das Schlimmste, das Eltern widerfahren kann. «Der Verlust eines Kindes ist immer ein traumatisches Ereignis, egal, wie es passiert ist», sagt Petra Zürcher, Gruppenleiterin einer Selbsthilfegruppe beim Verein Regenbogen Schweiz. Sie hat vor zwanzig Jahren ihre damals 18-jährige Tochter verloren. Ein Albtraum, den nun auch YB-Star Meschack Elia und seine Familie durchleben. 

Als Meschack Elia erfuhr, dass sein vierjähriger Sohn nach kurzer Krankheit gestorben ist, war er bei seinem Team, seine Familie hingegen im Kongo. «Die richtigen Worte zu finden, ist unglaublich schwierig», sagt Zürcher. Das Team umarmte ihn und versuchte, ihm mit Gesten zu zeigen, dass er nicht allein ist. «Damit haben sie schon etwas ganz richtig gemacht: zeigen, dass sie da sind», sagt Petra Zürcher. Und was kann man sonst noch tun, um Eltern in dieser schwierigen Zeit zu helfen?

«Eine Nachbarin würde ich in den Arm nehmen und sagen: Es tut mir so leid», meint Zürcher. Auch Aufmerksamkeiten, wie eine Suppe vorbeizubringen, eine Kerze zu schenken oder zu sagen, dass man zum Reden da ist, können helfen. «Man muss sich bewusst sein, dass die Eltern sich im Ausnahmezustand befinden. Sie müssen schauen, dass sie mit dieser Situation klarkommen», sagt Zürcher. «In der ersten Phase ist man eigentlich nicht mehr gesellschaftsfähig.»

zVg
Verein Regenbogen Schweiz

Petra Zürcher ist Gruppenleiterin einer Selbsthilfegruppe beim Verein Regenbogen Schweiz. Dieser bietet Hilfe beim Verlust eines Kindes vom telefonischen Erstkontakt bis zur langjährigen Trauerbegleitung in verschiedenen Selbsthilfegruppen an. Die Gruppen sind nach Zeitpunkt und Art des Verlustes unterteilt (bspw. Totgeburt oder Suizid) und werden von Betroffenen selbst geleitet.

zVg

Petra Zürcher ist Gruppenleiterin einer Selbsthilfegruppe beim Verein Regenbogen Schweiz. Dieser bietet Hilfe beim Verlust eines Kindes vom telefonischen Erstkontakt bis zur langjährigen Trauerbegleitung in verschiedenen Selbsthilfegruppen an. Die Gruppen sind nach Zeitpunkt und Art des Verlustes unterteilt (bspw. Totgeburt oder Suizid) und werden von Betroffenen selbst geleitet.

Unterschiedliche Reaktionen auf Trauer

Es gibt Menschen, die sofort offen darüber reden möchten und können. Andere ziehen sich vollständig hinter eine dicke Mauer zurück. Die einen stürzen sich in Arbeit, die wenigstens ein bisschen Normalität sichert, andere können jahrelang nicht mehr arbeiten. «Die Trauer um ein Kind ist nicht zu vergleichen mit der Trauer um andere Familienmitglieder», so Zürcher. Man solle sich daher auch bewusst sein, dass eine Bemerkung oder eine Geste ungewöhnliche Reaktionen hervorrufen können.

«Trauernde verhalten sich oft irrational. Es hilft, das einfach zu akzeptieren. Ihnen Zeit zu lassen und mit offenem Ohr zuzuhören», sagt sie. Auf keinen Fall sollte man den Eltern ihr Verhalten vorwerfen. Ebenfalls ist es nicht ratsam, den Tod des Kindes zu tabuisieren – das gebe ihnen das Gefühl, ausgeschlossen zu sein.

Auch Ratschläge sollte man lieber lassen. Sätze wie «Ihr hattet immerhin ein paar Jahre mit dem Kind» oder «Du bist jung und kannst noch weitere Kinder haben» sind in dieser Situation kontraproduktiv. Und Floskeln führen oft ins Leere. «Viele bekommen zu hören: ‹Die Zeit heilt alle Wunden.› Diese Phrase hilft niemanden, denn diese Wunde heilt nie, aber man lernt, mit ihr zu leben», sagt Zürcher.

IMAGO/Bihlmayerfotografie
Was ist mit den Geschwistern?

Nicht nur die Eltern sind von dem Verlust betroffen, auch die Geschwister trauern um ihre Schwester oder ihren Bruder. «Es ist unabhängig davon, ob Zwilling oder nicht und wie alt das Geschwisterkind ist. Man sollte sie immer mit einbinden», sagt Anna Margareta Neff Seitz, Leiterin der Fachstelle kindsverlust.ch.

Anders als Erwachsene zeigen Kinder ihre Gefühle oft sprunghaft. Wenn ein Kind kurz nach der Todesnachricht wieder fröhlich spielt, sollte das die Erwachsenen nicht verunsichern. «Kinder realisieren mit etwa acht Jahren, dass der Tod nicht umkehrbar ist», sagt Neff, «aber sie merken auch vorher, dass sich etwas verändert hat.»

Entscheidend ist vor allem, das Thema nicht zu tabuisieren, sondern dem Kind altersgerecht die Bedeutung zu vermitteln, und es so in seinem Trauerprozess unterstützen und Abschied nehmen lassen. «Dazu gehört auch, die Geschwister an die Beerdigung mitzunehmen, mit ihnen einen Blumenstrauss aufs Grab zu legen, ein Bild für das verstorbene Kind zu malen und Fragen so wahrheitsgemäss wie möglich zu beantworten und zugleich zu akzeptieren, wenn es vielleicht nicht darüber reden will», sagt Neff.

IMAGO/Bihlmayerfotografie

Nicht nur die Eltern sind von dem Verlust betroffen, auch die Geschwister trauern um ihre Schwester oder ihren Bruder. «Es ist unabhängig davon, ob Zwilling oder nicht und wie alt das Geschwisterkind ist. Man sollte sie immer mit einbinden», sagt Anna Margareta Neff Seitz, Leiterin der Fachstelle kindsverlust.ch.

Anders als Erwachsene zeigen Kinder ihre Gefühle oft sprunghaft. Wenn ein Kind kurz nach der Todesnachricht wieder fröhlich spielt, sollte das die Erwachsenen nicht verunsichern. «Kinder realisieren mit etwa acht Jahren, dass der Tod nicht umkehrbar ist», sagt Neff, «aber sie merken auch vorher, dass sich etwas verändert hat.»

Entscheidend ist vor allem, das Thema nicht zu tabuisieren, sondern dem Kind altersgerecht die Bedeutung zu vermitteln, und es so in seinem Trauerprozess unterstützen und Abschied nehmen lassen. «Dazu gehört auch, die Geschwister an die Beerdigung mitzunehmen, mit ihnen einen Blumenstrauss aufs Grab zu legen, ein Bild für das verstorbene Kind zu malen und Fragen so wahrheitsgemäss wie möglich zu beantworten und zugleich zu akzeptieren, wenn es vielleicht nicht darüber reden will», sagt Neff.

Gedenktage beibehalten

Für Eltern ist die Trauer nie abgeschlossen. Gerade wenn der Tod des Kindes überraschend kommt, etwa durch Suizid oder eine kurze Krankheit, dauert die Verarbeitung Jahre. «Verliert man sein Kind wegen Suizid, dann funktioniert man das erste Jahr einfach. Im zweiten Jahr realisiert man dann, dass das Kind tot ist. Das ist wie ein zweiter Schock», sagt Zürcher. 

Für das Umfeld empfiehlt es sich, besonders in der Weihnachtszeit und zu Gedenktagen wie Geburtstag und Todestag Anteil zu nehmen und nicht auszuweichen. «Immer wieder Verständnis zeigen», rät Zürcher. Kleine Gesten, etwa Blumen auf dem Grab, eine Kerze oder ein Stein sind besonders schön. Auch Jahre später noch. 

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