Ja, wir brauchen Zoos dringend
Zoos geben uns die Gelegenheit, sich von der Vielfalt des Lebens entzücken und verzaubern zu lassen und – wenn ein Zoo gut geführt ist – etwas über die Lebensgewohnheiten und -Bedingungen diverser Tiere zu erfahren. Wer etwa direkt erleben will, weshalb man auf Tropenhölzer und Palmöl verzichten sollte, gehe in die paradiesische Masoalahalle im Zürcher Zoo oder ins Papiliorama in Kerzers FR. Dort wird jedem direkt ersichtlich, weshalb die Natur nicht für kurzfristigen Profit zerstört werden sollte.
Diverse Spezies sterben in Rekordtempo aus. Übrig gebliebene Populationen gefährdeter Tiere leben oft in isolierten Gebieten – wie gerade die Luchse im Jura, die vermutlich wegen Inzucht immer öfter ohne Ohren geboren werden. Zoos sind oft die letzten Refugien dieser Tiere und wirken als genetische Reservoirs, um Hunderte von Arten erhalten zu können. Zudem sammeln Zoos Gelder, um lokale Auswilderungs- und Biodiversitätsprojekte zu unterstützen. Jährlich kommen in der Schweiz so Millionen von Franken zusammen.
Zoos leisten also mehrfach einen direkten Beitrag zur Erhaltung unserer Biodiversität: Wissensvermittlung, Artenschutz, Artenerhaltung. Und Spass machen sie auch!
Silvia Tschui (50), Blick-Journalistin
Nein, die Zoos von heute müssen sich radikal wandeln
Es ergibt keinen Sinn, Wildtiere einzusperren – während ihre natürlichen Lebensräume zerstört werden. Zoos haben zwar ein paar Arten vor dem Aussterben bewahrt; das Przewalski-Pferd, das Goldene Löwenäffchen und den Europäischen Wisent. Doch das darf keine Rechtfertigung dafür sein, eine ganze Zoomaschinerie mit Tausenden Arten zu unterhalten und die Besucher zu überzeugen versuchen, Wildtiere einfach einsperren zu dürfen.
Weltweit halten Zehntausende von Zoos Millionen von Wildtieren in Gefangenschaft. Viele davon wurden in freier Wildbahn gefangen und ihren natürlichen Lebensräumen brutal entrissen. Der Zoo-«Lebensraum» (das Gehege) wird den Tieren «auferzwungen», so dass die Tiere anormale, «stereotype» Verhaltensweisen entwickeln und an Krankheiten leiden. Einige müssen ihr ganzes Leben lang mit Medikamenten behandelt werden. Ein Beispiel: Viele Elefanten leiden oft an Fettleibigkeit.
Fazit: Zoos sind vielleicht «schöne Orte» für Menschen, aber nicht für die Tiere! Es ist deshalb notwendig, die Zoos in neue Institutionen umzuwandeln: Zu Zoos, in denen die Erhaltung der einheimischen Arten und das Wissen darüber im Mittelpunkt stehen. Weiter müssen sie an Erhaltungs- und Aussiedlungsprogrammen beteiligt sein, die wirklich und namhaft in den Schutz von Lebensräumen vor Ort investieren.
Vera Weber (49), Tier- und Naturschützerin sowie Präsidentin der Fondation Franz Weber