Therapie für Mensch und Tier
«Es braucht keine Worte, um Schmerz zu verstehen»

In der Praxis von Mike Baumgartner (55) kommen nicht nur Menschen zur Behandlung – auch Hunden renkt er die Wirbel wieder sanft ein.
Publiziert: 13.11.2024 um 14:05 Uhr
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Aktualisiert: 13.11.2024 um 14:07 Uhr
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Therapeut für Hund und Mensch: Mike Baumgartner mit seinem Labrador Duke in seiner SMT-Praxis in Adliswil.
Foto: Siggi Bucher

Egal ob Vier- oder Zweibeiner: Wer die Praxis von Mike Baumgartner (56) betritt, wird zuerst schwanzwedelnd von Duke begrüsst. Dann rollt sich der Labrador des Therapeuten unter dem Tisch zusammen und schaut zu.

Denn jetzt ist Pumba (7) dran: Die französische Bulldogge hat Probleme im unteren Rücken, das sei typisch für die Rasse, erklärt Baumgartner: «Es sind überzüchtete Modehunde, oft kommt es zu Blockaden in der Wirbelsäule.» Eigentlich wären die Hinterbeine der Motor des Hundes. Um dem Schmerz auszuweichen, läuft Pumba fast nur noch auf den Vorderbeinen. «Das schwächt den Rücken zusätzlich», erklärt Baumgartner, während er Pumba vorsichtig abtastet und im Nu die unteren vier Wirbel sanft wieder einrenkt.

Pumba, die vorher noch aufgedreht durch die Praxis stürmte, hält dabei ganz still – sie scheint die Hände auf ihrem Rücken sogar zu geniessen. Baumgartner arbeitet mit der SMT-Therapie, es ist eine sanfte Methode, bei der auf ruckartige Drehungen oder Dehnungen verzichtet wird. Mit gezieltem Druck werden Blockaden gelöst und die Wirbelsäule repositioniert.

Methode für Mensch und Tier

Eigentlich ist die Methode für Menschen. Warum also landen beim Baumgartner auch Hunde auf der Liege? Angefangen hat es vor sieben Jahren. Damals wurde sein vorheriger Hund von einem Auto angefahren. «Er hinkte leicht, aber auch beim Tierarzt konnten wir nicht herausfinden, was los war.» Zu der Zeit war Baumgartner in der SMT-Ausbildung: «Warum sollte das bei einem Hund nicht auch funktionieren?» Er besorgte sich ein Buch über Hundeanatomie und probierte es einfach aus. Es hat funktioniert und inzwischen sind ein Drittel von Baumgartners Patienten Vierbeiner, meistens kommen die Halter auch zur Behandlung.

So wie die Besitzerin von Pumba. Jenny Ilg kam ursprünglich wegen den eigenen Rückenschmerzen: «Dadurch weiss ich, wie sich das anfühlt und habe Vertrauen, dass es für Pumba auch gut ist.» Die Bulldogge liegt inzwischen platt auf dem Boden, alle Viere von sich gestreckt. «Sie ist müde, das ist nachher normal.» Denn jetzt komme alles wieder ins Fliessen, so Baumgartner. Er vergleicht es mit einem Stein, der im Bach liegt. «Da muss das Wasser rundum. Nimmt man den Stein weg, geht es wieder leichter.»

Katzen heilen sich selber

Neben Hunden behandelt Baumgartner auch Pferde, viel seltener Katzen: «Sie haben eine viel flexiblere Wirbelsäule und können sich mit ihrem Schnurren selber heilen. Die sanfte Vibration entspannt ihre Muskulatur.»

Nach wie vor kommen hauptsächlich zweibeinige Patienten zu Baumgartner. Ida Saurer wurde dank des Königspudels einer Bekannten auf den Therapeuten aufmerksam. «Ich hatte so höllische Schmerzen, dass ich nicht mehr sitzen konnte», erzählt die ältere Dame. Schon nach einer Behandlung ging es ihr wieder besser. «Für mich war das wie ein Wunder.» Ein Wort, mit dem Baumgartner vorsichtig umgeht. «Ich bahne nur den Weg, der Körper heilt sich selber.» Und egal, ob er Mensch oder ein Tier behandelt: «Es braucht keine Worte, um Schmerz zu verstehen.»

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