Mit einer vielsprechenden Jungkünstlerin in die Kunsthauptstadt Basel
Stellas Täschchen

Nächste Woche pilgert die Kunstwelt nach Basel: Dort findet nicht nur die Messe Art Basel, sondern auch ihre Parallelveranstaltung Liste statt. Die Schweizer Künstlerin Stella (25) wird mit dabei sein – sie bringt viel Talent und Chanel-Taschen mit.
Publiziert: 13.06.2016 um 16:33 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:55 Uhr
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Hat seit heute Montag ihre erste grosse Ausstellung: Stella, Trägerin des Helvetia Kunstpreises.
Foto: Miriam Künzli
Christian Maurer

Stella steht im Atelier im Zürcher Stadtkreis 4. Sie ist gerade mal 25 und fürchterlich nervös. Es sind nur noch wenige Tage, bis sie ihre erste eigene Ausstellung im internationalen Umfeld eröffnen darf. Schrecklich unausstehlich sei sie manchmal in den letzten Wochen mit ihrem Umfeld gewesen, sagt sie. Ihr Freund Jack nickt.

Stella, die wirklich so heisst, hat den Bachelor-Studiengang Bildende Kunst an der Zürcher Hochschule der Künste absolviert und 2016 den Helvetia Kunstpreis gewonnen. Die Auszeichnung der Versicherungsgesellschaft gehört zu den renommierten Preisen im Land und ist beliebt. Denn nebst einem Preisgeld von 15'000 Franken gehört eine ­Soloschau an der Ausstellung Liste dazu, diese wird jeweils parallel zur Art Basel abgehalten.

Hierher kommen Kunsthändler und -sammler, um neue Talente zu entdecken. Viele Preisträger können ihr Werk zum ersten Mal in internationalem Umfeld zeigen. So auch Stella. Darum ist sie auch so nervös. «Was ich zeige, muss gut sein», sagt die junge Frau, die sich Perfektionistin nennt. «Ich will mich nicht schämen für das, was ich zeige. Und ich will nicht, dass sich die Helvetia dafür schämt, mir den Preis gegeben und diese Ausstellung ermöglicht zu haben.»

Stella treibt ein listiges Spiel mit unseren Erwartungen

Ernsthaftigkeit ist ein Markenzeichen der jungen Künstlerin. So spielerisch ihre Werke wirken, so hintergründig durchdacht sind sie. «Stella treibt ein listiges Spiel mit den Erwartungen an die Authentizität einer Künstlerin. Ihre Arbeit überzeugt als gekonnter Grenzgang zwischen kindlicher Verspieltheit und strategischer Subversion», schrieb die Helvetia-Jury zu ihrem preisgekrönten Werk «American Dreams». In dieser In­stallation präsentierte sie die Traumfabriken von Hollywood und Las Vegas als grossformatige Seidenmalerei – und als Projektionsflächen für Träume und Sehnsüchte. Davor platzierte sie selbstgefertigte Lampen mit gezeichneten Emblemen der US-Alltagskultur.

Alles erfunden. Stella war noch nie in Amerika. Umso doppelbödiger wirkte «American Dreams» – ein erträumter Traum vom amerikanischen Traum, wie er denn sein könnte. Es ist ein in doppelter ­Helix verschraubtes Vexierbild.

Für ihre unbedingt sehenswerte Soloschau in Basel dockt Stella nun wieder an einer Traumwelt an, jener des Luxuskonsums, den sie schon mehrfach persifliert und ironisch kommentiert hat. Das ist witzig und verstörend. Versace, Calvin Klein, Louboutin kommen darin vor. Und immer wieder Chanel. «Das Label fasziniert mich.» Die Aura, die Ausstrahlung, die Inszenierung. Und erst Karl Lagerfeld, der Chanel-Designer. Vielleicht auch nur noch eine Figur – von ­lateinisch «figura», die Gestalt als erfundenes Wesen.

«No Money No Original» nennt Stella ihre Installation, die sie derzeit in der ehemaligen Warteck-Brauerei in Basel einrichtet: eine Art Pop-up-Store, eine Persiflage auf einen Chanel-Showroom. Stellas Objekte sind Handtäschchen im Chanel-Stil, gehäkelt aus Packschnur, aufgehängt über bunten Bildern von zerquetschten Taschen, die wie verfremdete Wer­beplakate wirken.

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Der Verkauf der Kunstobjekte ist Teil der Kunst selber

«Shop & Studio buy directly from STELLA» – der Untertitel der Listenschau ist Programm. «Klar, die Täschchen sind verkäuflich», sagt Stella, die in Basel jeden Tag präsent sein wird – und sich so nebenbei ganz bewusst der Reaktion des Publikums aussetzt. Das ist unverzichtbarer Teil der Installation. Die Preise variieren von 300 Franken für ein kleines A4-Bild bis 3000 Franken für grössere Objekte.

Stella macht mit ihren Objekten keine platte Konsumkritik. Im ­Gegenteil. Sie ist bekennende ­Fashionista und auch ein bisschen Markenfetischistin. Sie hat ein ähnlich lockeres Verhältnis zur Kon­sumwelt wie die berühmte Genfer Künstlerin Sylvie Fleury (54), die – eine Generation älter als Stella – ebenfalls gerne mit glitzernden Labels arbeitet. Doch während Fleury noch nah an den Originalen blieb – in einer Zeit, in der die grossen, ­teuren Labels nur für ganz wenige erreichbar waren –, geht Stella in der Verfremdung weiter: Heute, wo sich selbst Durchschnittsverdienerinnen ein Stück von Chanel oder Louis Vuitton leisten können, haben Originalobjekte der Designerelite an Aura und Strahlkraft verloren.

Wo das Echte beliebig ist, muss die Kunst ihre Intervention neu überdenken – Stella tuts, indem sie die Originale so weit herunterbricht, bis sie nur noch als Behauptung eines Labels bestehen. Und trotzdem als nummerierte Einzelstücke originaler (und origineller) sind als die zitierten Edelstücke: «This is an original No Money No Original Bag. Handmade by STELLA in Spring 2016 Zurich» steht auf dem eingenähten Etikett geschrieben. Stellas Objekte werden also Unikate – auch wenn sie diese Alleinstellung durch serielle Herstellung und Präsentation gleich wieder relativiert.

Stella hat, wie viele Frauen ihres Alters, ein komplett unverkrampftes Verhältnis zu Mode, Labels und Design. Sie zitiert frei, sie imitiert nicht – ihre Stücke sind keine Plagiate, die etwas vorgeben, was sie nicht sind. Sie sind vielmehr eine Hommage an das Genie, das durchaus in jeder funktionierenden Marke steckt. Dieses Verwirrspiel gefällt der Künstlerin. Falls sie mit ihrer Ausstellung Geld verdient, mit dem Verkauf ihrer Chanel-Taschen, will sie sich wieder einmal ein Labelteil leisten. «Die Ballerinas von Chanel», schwärmt sie.

Wer ein Kunstwerk kauft, wird selber Teil davon

Kunst, sinniert sie, sei ja letztlich auch bloss zielgerichtet – in dem Sinn, als sie zu Geld werden soll. Wer ein Kunstwerk kaufe, sagt sie, zeige damit auch Wertschätzung für die Arbeit, die dahintersteckt. Und vor der Arbeit, die in jedem Ding steckt, hat Stella selber grosse Hochachtung.

Schliesslich ist sie gelernte Grafikerin und lebt auch von Aufträgen aus der Werbung. Bei ihr brechen die Grenzen auf. «Der kreative Prozess ist nicht komplett unterschiedlich, ob ich nun Kunst oder Kommerz mache», sagt sie. Damit stellt sie sich ausserhalb des Mainstreams. «In der Schule galt ich als spiessig, weil ich verkaufbare Kunst machte.» Und mit dem Verkauf ihrer Kunst den Käufer gleichzeitig zum Komplizen und Teil ihrer Subversion macht.
Stella, die Künstlerin und Werbegrafikerin, ist mit ihren Werken eins. Sie verschmilzt aber nicht mit ihnen, sondern inszeniert sich bloss als zentraler Bestandteil ihrer Installation. Sie kreiert ihr ureigenes Universum, in das sich einzulassen sie das Publikum einlädt. Sie nimmt Pop-Art auf, thematisiert sie neu und lässt die Grenzen zwischen Leben und Kunst verschwimmen.
Darauf muss man sich einlassen. Es lohnt sich!

Stars und Newcomer

Die Kunstmesse Art Basel und die Parallelmesse Liste sind die weltweit wichtigsten Veranstaltungen für moderne Kunst. Werke für Milliarden werden für knapp eine Woche nach Basel gebracht, wo millionenschwere Sammler zum Einkauf anreisen.

Für das breite Publikum bietet die Art Basel die Möglichkeit, nebst museumstauglichen Spitzenwerken der klassischen Moderne auch Werke in einer tieferen, aber noch immer unerschwinglichen Preiskategorie zu sehen. An der Liste hingegen lassen sich durchaus bezahlbare Trouvaillen junger Künstlerinnen und Künstler finden.Ihr internationales ­Renommee beziehen die beiden Messen daraus, dass nicht jeder Kunsthändler dabei sein darf. Sowohl die Art Basel, seit 1970 für den etablierten Kunsthandel, wie auch die Liste, seit 1996 für junge aufstrebende Kunsthändler, laden nach Belieben Galerien ein, die sich für die Messeteilnahme bewerben müssen. Oder auchwieder aus.Dieses Jahr dürfen an der Art Basel 286 Galerien aus 33 Ländern ausstellen, sie zeigen Werke von rund 4000 Künstlern. An der Liste sind es 79 Galerien, elf davon zum ersten Mal, getreu demAnspruch, jedes Jahr neue Entdeckungen zu ermöglichen.

Art Basel
Im ­Messezentrum Basel
16. bis 19. Juni
www.artbasel.com

Liste
In der ehemaligen Brauerei Warteck in Basel
14. bis 19. Juni
www.liste.ch

Stella
Täglich an der Liste am Stand 2/1/4.
www.stellastellastella.com

Die Kunstmesse Art Basel und die Parallelmesse Liste sind die weltweit wichtigsten Veranstaltungen für moderne Kunst. Werke für Milliarden werden für knapp eine Woche nach Basel gebracht, wo millionenschwere Sammler zum Einkauf anreisen.

Für das breite Publikum bietet die Art Basel die Möglichkeit, nebst museumstauglichen Spitzenwerken der klassischen Moderne auch Werke in einer tieferen, aber noch immer unerschwinglichen Preiskategorie zu sehen. An der Liste hingegen lassen sich durchaus bezahlbare Trouvaillen junger Künstlerinnen und Künstler finden.Ihr internationales ­Renommee beziehen die beiden Messen daraus, dass nicht jeder Kunsthändler dabei sein darf. Sowohl die Art Basel, seit 1970 für den etablierten Kunsthandel, wie auch die Liste, seit 1996 für junge aufstrebende Kunsthändler, laden nach Belieben Galerien ein, die sich für die Messeteilnahme bewerben müssen. Oder auchwieder aus.Dieses Jahr dürfen an der Art Basel 286 Galerien aus 33 Ländern ausstellen, sie zeigen Werke von rund 4000 Künstlern. An der Liste sind es 79 Galerien, elf davon zum ersten Mal, getreu demAnspruch, jedes Jahr neue Entdeckungen zu ermöglichen.

Art Basel
Im ­Messezentrum Basel
16. bis 19. Juni
www.artbasel.com

Liste
In der ehemaligen Brauerei Warteck in Basel
14. bis 19. Juni
www.liste.ch

Stella
Täglich an der Liste am Stand 2/1/4.
www.stellastellastella.com

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