Das Jahr 2021 geht zu Ende. Ob ein neuer Job, ungewöhnliche Wohnformen oder ein neues Verhältnis zum eigenen Körper – für viele war es ein Jahr der persönlichen Umbrüche. In der Altjahrswoche blicken wir jeden Tag zurück auf ein Thema, das uns im vergangenen Jahr beschäftigt hat. Und auf Menschen, die trotz Pandemie einen Neustart gewagt haben.
Zum Beginn widmen wir uns der Liebe. Dazu haben wir die Psychologieprofessorin Pasqualina Perrig-Chiello (69) gefragt, was 2021 mit unseren Beziehungen gemacht hat und weshalb das Jahr eines der privaten Umbrüche und des Neustarts war.
Der Aufbruch nach dem Stillstand
Vor zwei Jahren stand die Welt still. «Nicht nur auf gesellschaftlicher, sondern auch auf privater Ebene ist es zu einer kompletten Verunsicherung gekommen», sagt Perrig-Chiello. Der Ausbruch der Pandemie habe das Privatleben vieler Menschen kurzfristig eingefroren.
2021 – das Jahr zwei der Pandemie. Nach der ersten grossen Verunsicherung im Jahr zuvor, als wir alle versuchten, das Beste aus der schlechten Situation zu machen, begannen 2021 die Umbrüche. Viele veränderten ihr Leben, wurden Eltern, verliessen den langjährigen Job, zogen in eine neue Wohnung.
Blick zeigt zum Jahresende Menschen, für die 2021 einen Neustart bedeutete. Fünf Tage, fünf Themen: Liebe, Arbeit, Wohnen, Gesundheit und Haustiere.
2021 – das Jahr zwei der Pandemie. Nach der ersten grossen Verunsicherung im Jahr zuvor, als wir alle versuchten, das Beste aus der schlechten Situation zu machen, begannen 2021 die Umbrüche. Viele veränderten ihr Leben, wurden Eltern, verliessen den langjährigen Job, zogen in eine neue Wohnung.
Blick zeigt zum Jahresende Menschen, für die 2021 einen Neustart bedeutete. Fünf Tage, fünf Themen: Liebe, Arbeit, Wohnen, Gesundheit und Haustiere.
Denn wer fängt schon Neues an, verlässt seine Partnerin, den Partner oder zieht um, wenn die Welt aus den Fugen gerät? Der Reflex innezuhalten, sei in solchen Situationen komplett normal, so Perrig-Chiello. «Die meisten haben alle grösseren Entscheidungen aufgeschoben und sich an das geklammert, was sie um sich hatten.»
Doch dann kam 2021. Und mit ihm der Aufschwung. «Im auslaufenden Jahr haben wir endlich wieder losgelegt», so Perrig-Chiello. «Und uns wieder entschieden. Zum Beispiel dazu, zusammenzuziehen, wieder mit dem Ex zusammenzukommen, diese Weiterbildung zu starten, eine Familie zu gründen oder auch dazu, uns endlich zu trennen.» Ob es tatsächlich zur befürchteten Scheidungswelle komme, werde sich wohl erst in ein paar Jahren zeigen. Hingegen deutlich sichtbar: der Babyboom im Jahr 2021.
Mehrheit durch Pandemie zusammengeschweisst
Lockdown und Homeoffice haben sich viel besser auf Liebe und Beziehungen ausgewirkt als befürchtet. Die Mehrheit der Paare ist gemäss Perrig-Chiello sogar froh darüber gewesen, mehr Zeit füreinander zu haben. «Die vielen neuen Aktivitäten und die gemeinsam durchgestandene Notsituation haben viele Paare zusammengeschweisst und ihre Beziehung gestärkt.»
Nur bei etwa 20 Prozent der Paare sei das Gegenteil eingetreten. «Für Beziehungen, in denen schon vor Ausbruch der Pandemie negative Tendenzen vorhanden gewesen waren, war der Lockdown fatal», so Perrig-Chiello. Die Belastungen durch die Pandemie hätten ausserdem die Fälle häuslicher Gewalt in die Höhe schnellen lassen.
Vor allem für jüngere Paare sei die Corona-Krise ein Brandbeschleuniger für Konflikte und Zweifel gewesen. Besonders Paare unter 30 habe es getroffen und solche, die drei bis fünf Jahre zusammen gewesen sind. Langzeitbeziehungen scheint die Krise gemäss Perrig-Chiello hingegen deutlich weniger stark zugesetzt zu haben.
Stellenwert der Beziehung gestiegen
Eindeutig sei: «Corona hat den Stellenwert einer Beziehung stark verändert.» Getrennte und Alleinstehende hätten sich in der Corona-Zeit extrem häufig über grosse Einsamkeit beklagt, sagt Perrig-Chiello. «Viele wünschten sich in Zeiten der Isolation einen Gesprächspartner.» Und suchten im Internet danach – auf boomenden Datingplattformen.
«Plötzlich war man im Lockdown auf Unterstützung angewiesen. Man hatte zwar viel Zeit für Aktivitäten, doch keine Möglichkeit, Leute zu treffen», so Perrig-Chiello. Individualismus, Selbstbestimmung und persönliche Freiheit seien in der Pandemie an ihre Grenzen gestossen. Stattdessen habe man Erfahrungen der eigenen Verletzbarkeit und mit geringer Selbstwirksamkeit gemacht.
Viele Paare waren deshalb dankbar, in diesen schwierigen Zeiten eine Beziehung zu haben. Der Wunsch nach einer Partnerschaft sei durch Corona bei vielen erst wirklich sichtbar geworden, sagt Perrig-Chiello. «Ob single oder vergeben: Die Pandemie war ein echter Stresstest. Und das Jahr 2021 wahrlich ein Jahr der privaten Umbrüche.»