Hochzeitstrend
Wer Ja sagt, tut es mit viel Aufwand

Nie wurde so aufwendig geheiratet. Das Mantra der Pärchen heisst: Individualität für fast jeden Preis. Und ja nicht so wie alle anderen.
Publiziert: 11.05.2016 um 14:14 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:15 Uhr
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Burcu & Sebastian: Die Zeit anhalten, mit den Liebsten ein Fest der Liebe feiern.
Foto: Caroline Dyer-Smith
Jonas Dreyfus

Es sei der schönste Tag ihres Lebens gewesen, sagt die fünfjährige Tochter von Burcu und Sebastian Angst. Die beiden, sie 36, er 31 Jahre, lachen. Vergangenen Sommer gaben sie sich in Cham ZG das Jawort auf dem Standesamt und feierten später ein luxuriöses Hippie-Fest auf Ibiza – acht Jahre, nachdem sie sich kennengelernt hatten. «Eigentlich waren wir immer strikt gegen eine Heirat», sagen sie. «Doch dann ist der Wunsch gewachsen, unsere Liebe mit Angehörigen und Freunden zu verewigen und die Freude mit ihnen zu teilen.»

Burcu und Sebastian sind ein normales Schweizer Paar. Sie hat türkische Wurzeln, er kommt ursprünglich aus dem Kanton Schwyz. Die beiden wohnen in Adliswil ZH, beide sind erfolgreich im Beruf, sie als Key-Account-Manager an einer Wirtschaftsschule, er als Mitinhaber einer Beratungsfirma.

Mit dem Wunsch, ihre Beziehung in eine Ehe umzuwandeln, stehen Burcu und Sebastian nicht alleine da. Wie das Bundesamt für Statistik Ende März kommunizierte, sind vier Fünftel aller Personen, die in der Schweiz mit einem Partner in einem Haushalt leben, verheiratet. Im vergangenen Jahr sagten insgesamt 40'701 Schweizer Paare Ja zueinander. Männer sind bei der Erstheirat durchschnittlich 31,8 Jahre alt, Frauen 29,6. 

Weil man nicht mehr aus gesellschaftlichen Zwängen heiratet, sondern sich aus eigener Überzeugung dafür entscheidet, steigt auch die Bedeutung des Fests. Einschlägige Messen und die zahlreichen Wedding-Blogs im Internet zeigen: Noch nie wurde der schönste Tag so aufwendig gefeiert wie in diesen Tagen. 

Gemäss Hochzeitsplanern geben Schweizer durchschnittlich rund 30'000 Franken für Hochzeit, Kleid und Ringe aus und beginnen in der Regel schon ein Jahr vorher mit den Vorbereitungen. Individuell muss es sein. Und vor allem: Ja nicht so wie bei den anderen.

Candy Bar statt Dessertbuffet

«Eine Hochzeit soll heute die Persönlichkeit des Brautpaars spiegeln», sagt Chris Libuda (46). Die Hamburgerin ist freie Journalistin und betreibt in Basel mit einer Kollegin Hochzeitsblog.ch, eine Webseite «für moderne und kreative Hochzeitsideen». Libuda: «Heute feiert man nicht mehr nach altgedienten Abläufen und Riten, sondern macht einfach ein grosses Fest der Liebe. Das bietet so viele Möglichkeiten.»

Dauerbrenner unter den vielen Mottos sind derzeit Boho (Blumenkränze, Peace-Zeichen), Vintage (Spitze, Packpapier) und DIY («Do it yourself»). Oder sogenannte Barn Weddings, die rustikale Elemente einer Scheune aufnehmen: «Strohballen dienen als Sitzkissen, Baumwollzweige werden zu Blumendekor. In der Ecke steht eine Whisky-Bar, überall hängen Traumfänger.»

Wie viele Trends kommt auch der Sinn für Megahochzeiten aus den USA – darauf verweisen alleine die vielen englischen Begriffe, die Libuda in ihrer Welt verwendet. Das absolute Wedding-Must-have heisst bei ihr nicht Dessertbuffet, sondern Candy Bar. Darauf stehen Cupcakes und Cakepops, aber auch Gummiherzchen. Gäste dürfen sie mit einer kleinen Zange in ein Zellophan-Tütchen packen und mit nach Hause nehmen.

Libuda zeigt in ihrem Blog auch reale Hochzeitsfotos. Wer ihre kritischen Augen überzeugt, darf sich geehrt fühlen. Daniela und Aurel Witzig gehören zu den Auserwählten. An ihrer maritim inspirierten Vintage-Hochzeit im industriellen Ambiente des Basler Rheinhafens gabs zwar keine Candy Bar, dafür eine Photo Booth und Marshmallows auf Spiesschen zum Grillieren.

Daniela und Aurel feiern den schönsten Tag im Sommer 2015 mit 50 Gästen in einer ehemaligen Industriehalle am Basler Rheinhafen mit einer maritimen Vintage-Hochzeit.
Foto: Annie Rohse

Auch die katholische Verwandtschaft war begeistert

Schon ein Jahr vor dem festgesetzten Hochzeitsdatum im Sommer 2015 suchte Daniela – sie stammt aus Süddeutschland und besitzt in Basel eine Boutique für Wohnaccessoires – auf Social-Media-Plattformen wie Instagram nach Ideen. Oder sie kaufte in Online-Shops bei ambitionierten Bastlern Pompons aus Seidenpapier. «Mein Dekokonzept war am Schluss zwölf Seiten lang», sagt die 34-Jährige und muss über sich selbst lachen.

Er habe sich in der Planung höflich zurückgehalten, fügt ihr Mann Aurel (37) an, Schweizer und Prozessentwickler bei Ikea. «Sie ist die Stil-Fachfrau.» Dafür durfte er kurze Hosen tragen. Aurel: «Wer mich kennt, weiss: Ich habe immer heiss.» Natürlich hätte er seiner Frau zuliebe auf Shorts verzichtet, sagt er. «Aber, dass sie mich sogar noch dazu ermuntert hat, sie zu tragen, passt zu uns. In unserer Beziehung darf jeder sein, wie er ist.»

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