Direkt nach dem Aufstehen den Mund mit pflanzlichem Öl spülen, soll nicht nur die Zähne und das Zahnfleisch stärken, sondern auch Karies vorbeugen und Mundgeruch bekämpfen. Der Begriff Ölziehen kommt daher, dass man das Öl während einiger Minuten im Mund hin und her bewegt und durch die Zahnzwischenräume zieht.
In der ayurvedischen Medizin, einer über 5000 Jahre alten Heilkunst aus Indien, gilt diese natürliche Mundspülung als alte Tradition. Seit ein paar Jahren wird sie auch in der westlichen Welt immer bekannter, vor allem im Wellness- und Naturheilkundebereich.
Ergänzendes Ritual zum Zähneputzen
Wissenschaftliche Belege für die gesundheitlichen Vorteile von Ölziehen gibt es erst wenige. «Bisher existieren nur elf anerkannte Studien im Zeitraum von 2019 bis 2023», sagt die deutsche Zahnärztin Anne Heinz (34). Eine davon kam zum Ergebnis, dass Ölziehen Mundgeruch reduziert, weil es einen Teil der dafür zuständigen Bakterien bindet. Eine andere Studie besagt, dass Ölziehen Zahnfleischentzündungen und die Bildung von Plaque verringern kann.
Es braucht gemäss Expertin noch weitere Untersuchungen, um die genaue Wirksamkeit von Ölziehen zu belegen. Aber sie sagt: «Als Ergänzung zum Zähneputzen und der Benutzung von Zahnseide ist es nach aktuellem Forschungsstand durchaus sinnvoll.» Ausserdem habe man festgestellt, dass ein Ritual wie Ölziehen dazu führen könne, dass sich die Mundhygiene im Allgemeinen verbessere, weil man sich intensiver mit der täglichen Mundgesundheitsroutine auseinandersetze.
Dr. Anne Heinz (34) ist Kinderzahnärztin mit eigener Praxis in Wandlitz (D) und Mitglied der deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde. In ihrem Buch «Brush Hour: Warum Gesundheit im Mund beginnt» (Piper, 2023) erklärt sie alle wichtigen Themen rund um Zahn- und Mundgesundheit, unter anderem auch die ayurvedische Praxis des Ölziehens. Auf der Videoplattform Tiktok zeigt Heinz ihren Alltag als Zahnärztin und klärt über Krankheiten und Probleme im Mund auf.
Dr. Anne Heinz (34) ist Kinderzahnärztin mit eigener Praxis in Wandlitz (D) und Mitglied der deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde. In ihrem Buch «Brush Hour: Warum Gesundheit im Mund beginnt» (Piper, 2023) erklärt sie alle wichtigen Themen rund um Zahn- und Mundgesundheit, unter anderem auch die ayurvedische Praxis des Ölziehens. Auf der Videoplattform Tiktok zeigt Heinz ihren Alltag als Zahnärztin und klärt über Krankheiten und Probleme im Mund auf.
Richtige Vorgehensweise ist zentral
Laut der ayurvedischen Medizin reinigt man sich am Morgen – noch vor dem Zähneputzen – mit einem Zungenreiniger die Zunge, um den Belag zu entfernen. Danach nimmt man einen Esslöffel hochwertiges Pflanzenöl in den Mund und zieht dieses kräftig durch die Zahnzwischenräume. Man sollte sich dafür etwa zehn bis 20 Minuten Zeit nehmen und das Öl zwischendurch einfach mal im Mund ruhen lassen. Die Kombination von Öl und Speichel bindet gemäss der ayurvedischen Medizin Bakterien, die sich in der Schleimhaut, auf der Zunge und zwischen den Zähnen abgelagert haben.
Bis die Zeit abgelaufen ist, kann man Duschen oder das Frühstück vorbereiten. Dann spuckt man das Öl in ein Papiertuch und entsorgt es im Abfall. Im Waschbecken könnte das Öl auf Dauer zu Verstopfungen in der Leitung führen. Der ayurvedische Lehre nach wäre es ausserdem fatal, die Bakterien im Öl herunterzuschlucken. Nach dem Ölziehen kann man wie gewohnt die Zähne putzen und Zahnseide benutzen.
Ein geeignetes Öl finden
In Indien wird zum Ölziehen traditionell Sesamöl verwendet. Heinz rät aber eher davon ab: «Laut einem wissenschaftlichen Bericht von 2015 kann Ölziehen mit Sesamöl die seltene Lungenkrankheit Lipidpneumonie auslösen». Diese kann durch das Einatmen von Öl entstehen, das sich in der Lunge ablagert und Entzündungsreaktionen auslöst.
Auch wenn diese Nebenwirkung sehr selten auftrete, empfiehlt Heinz kaltgepresstes, biologisches Kokosöl. Es sei nicht nur günstig, sondern auch im Geschmack sehr angenehm und habe keine möglichen Nebenwirkungen.