Überraschendes Resultat
Schweigen oder viel reden – so diskutierst du richtig

Ein Gespräch richtig zu führen und dabei einen guten Eindruck beim Gegenüber zu hinterlassen, ist eine hohe Kunst. Viele Menschen sind deswegen verunsichert. Dabei zeigt die Forschung: Das muss nicht sein.
Publiziert: 09.03.2024 um 12:10 Uhr
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Aktualisiert: 14.03.2024 um 14:36 Uhr
Reden ohne Ende kann ein Anzeichen auf eine psychische Erkrankung sein.
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Valentin RubinRedaktor Service

Reden ist Silber, schweigen ist Gold. Schon in der Primarschule wird Kindern mit diesem Motto beigebracht, im Zweifelsfall aufs Maul zu sitzen, anstatt wild darauf loszureden. Tatsächlich kann ein übermässiger Rededrang ein Anzeichen auf eine ernsthafte psychische Erkrankung sein. Experten sprechen von einer Logorrhö – frei übersetzt: mündlicher Durchfall – bei der Betroffene nicht aufhören können zu reden. Ursachen dafür können ADHS, Schizophrenie oder gar Demenz sein.

Eine solche Logorrhö kommt selten vor. Eine Studie der Universität Virginia (USA) kam 2022 unter der Leitung der Psychologin Quinn Hirschi allerdings zum Schluss: Ein Grossteil aller Menschen hat wenig Vertrauen in ihre Konversationsfähigkeiten. Viele scheinen sich zu fragen: Rede ich zu viel? Wirke ich deswegen unsympathisch? Andere hingegen plagt die Frage: Rede ich zu wenig? Finden mich meine Mitmenschen deswegen langweilig? Die Studie liefert dazu überraschende Erkenntnisse.

Falsche Zurückhaltung

Die Unsicherheit begründen Hirschi und ihre Forschungskollegen damit, dass wir selten wüssten, was unsere Gesprächspartner wirklich von uns denken. Daher liege es für viele nahe, in Gesprächen eher zurückhaltend zu agieren – um nichts falsch zu machen. Die 116 Befragten gaben im Durchschnitt an, in einem Gespräch maximal 45 Prozent der Zeit selbst reden zu wollen, um in der restlichen Zeit dem Gegenüber zuzuhören.

Hirschis Team stellte während des Studienverlaufs allerdings fest: Menschen bewerteten ihr Gegenüber nicht unsympathischer, sondern viel eher sympathischer, wenn diese mehr sprachen. Die Vorliebe zur Zurückhaltung (die Wissenschaftler sprechen von einem «reticence bias») erwies sich als häufiger Denkfehler.

Gut zu diskutieren will gelernt sein.
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Denn: Je mehr ein Gesprächsteilnehmer erzählt, desto mehr lernt das Gegenüber über ihn. Und je mehr man über das Gegenüber wisse, schreibt Hirschi, desto eher könne man das Gefühl entwickeln, mit ihm einiges gemeinsam zu haben. Das schafft Sympathien.

Zuhören bleibt zentral

Der Schluss, der das Forscherteam aus der Studie zieht, ist ermutigend für all jene, die sich stets Sorgen machen, zu viel zu reden: Mit neuen Gesprächspartnern kann es sich lohnen, eher etwas zu viel als zu wenig zu reden, um einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen.

Zuhören bleibt eine hohe Tugend. Weniger reden müssen wir deswegen aber nicht zwingend.
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Allerdings gibt es in der Studie ein grosses Aber, auf das Hirschi und ihre Kollegen hinweisen. Selbst, wer mehr spricht, sollte stets Wert darauf legen, dem Gegenüber aufmerksam zuzuhören und sich um ein tiefes Gespräch mit Substanz zu bemühen. Unbegrenzt mehr zu sprechen und den Gesprächspartner damit verbal zu überrollen, führt nicht zu mehr Sympathiepunkten.

Die nützliche Botschaft aus Hirschis Forschung bleibt aber: Eine übertriebene Zurückhaltung im Gespräch mit unseren Mitmenschen kann ebenso kontraproduktiv sein.

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