Ab und zu die Hausschlüssel verlegen, vergessen, was man eigentlich im Wohnzimmer wollte oder sich das neue Netflix-Passwort nicht mehr merken können: Kleine Lücken im Kurzzeitgedächtnis kommen, je älter man wird, immer öfter vor. Eigentlich kein Grund zur Sorge, oder?
Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) der Universität Heidelberg und dem Krebsregister des Saarlands widerspricht der Annahme, wie das «Deutsche Gesundheitsportal» berichtet. Denn bei Problemen mit dem Kurzzeitgedächtnis im mittleren Lebensalter könnte es sich um frühe Vorboten einer späteren Demenz handeln.
Bei älteren Menschen ist schon länger bewiesen, dass das subjektiv wahrgenommene Nachlassen des Kurz- oder Langzeitgedächtnisses (Subjectiv cognitive decline; SCD) einen Hinweis für eine Demenzerkrankung darstellt. Die Forschenden sind nun mithilfe von statistischen Verfahren der Frage nachgegangen, ob dies auch für jüngere Personen ab 50 Jahren zutrifft.
Schon ab 50 erhöhtes Demenz-Risiko feststellbar
Für ihre Analysen nutzten die Forschenden die Daten von insgesamt 6190 Teilnehmenden, die zwischen den Jahren 2000 und 2002 im Alter von 50 bis 75 Jahren an einer anderen Studie teilnahmen. Dabei mussten die Teilnehmer mithilfe eines Fragebogens Angaben zu den subjektiv wahrgenommenen Fähigkeiten des Kurz- und des Langzeitgedächtnisses machen.
Schnell stand fest: Studienteilnehmer, die Probleme mit ihrem Kurzzeitgedächtnis angaben, hatten im Gegensatz zum Rest der Gruppe ein bis zu doppelt so hohes Risiko, später an einer Demenz zu erkranken. «Subjektiv wahrgenommene Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis können schon bei Menschen ab einem Alter von 50 Jahren auf ein erhöhtes Risiko einer Demenz hinweisen – und das bereits viele Jahre vor der Diagnosestellung», fasst Hermann Brenner, der Leiter der Studie, die Ergebnisse zusammen.
Und der Experte führt aus: «Unsere Beobachtungen unterstreichen die Bedeutung frühzeitiger präventiver Massnahmen zur Vermeidung von Gefässerkrankungen, die zumindest für einen Teil der Demenzerkrankungen mitverantwortlich sind». Am deutlichsten waren Unterschiede im Zusammenhang mit einem Risiko für die vaskuläre Demenz zu sehen, die aufgrund von Durchblutungsstörungen im Hirn auftritt. Auch für den bekannten Morbus Alzheimer, die häufigste Form der Demenz, konnten die Wissenschaftler in den ersten Jahren nach der Untersuchung eine Assoziation mit Lücken im Kurzzeitgedächtnis erkennen.
Noch viel höher lag das Risiko bei Probanden, bei denen nicht nur Kurzzeitgedächtnisstörungen, sondern auch eine Depression aufgetreten war. «Depression und SCD sind unabhängig voneinander mit Demenz assoziiert. Treten beide Faktoren zusammen auf, erhöht sich das Risiko der Betroffenen, später an einer Demenz zu erkranken, noch einmal deutlich», so Brenner. «Gerade für diese Personen wären deshalb frühzeitige, präventive Massnahmen besonders wichtig.» (chs)