Zum Welt-Alzheimertag
Alzheimer: Das schleichende Vergessen

Es beginnt mit Gedächtnislücken und Sprachproblemen und endet meist mit dem Vergessen. Am Donnerstag ist Welt-Alzheimertag. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund ums Thema.
Publiziert: 21.09.2017 um 16:17 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2022 um 14:48 Uhr
Am 21. September ist der Welt-Alzheimertag. (Symbol)
Foto: GAETAN BALLY

Was ist Alzheimer?

Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz. Die Erkrankung des Gehirns führt zum Verlust von geistigen Funktionen wie Denken, Sprache, Urteilsfähigkeit und Orientierung sowie zum Absterben oder einer starken Schädigung von Gehirnzellen vor allem in der Hirnrinde.

Die Kranken werden orientierungslos und können sich nicht mehr erinnern. Schliesslich verlieren sie ihre Selbstständigkeit und erkennen ihre Angehörigen nicht mehr. Jahr für Jahr erhalten beispielsweise in Deutschland rund 300'000 Menschen die Diagnose Demenz oder Alzheimer. Die Krankheit wurde im Jahr 1906 von Nervenarzt Alois Alzheimer zum ersten Mal beschrieben.

Mit der alternden Gesellschaft werden auch Demenzerkrankungen häufiger. Neuste Schätzungen von Alzheimer Schweiz gehen von 144'000 Betroffenen in der Schweiz aus. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/PHOTOPRESS/OBS/DEMENZ ZÜRICH

Welche Symptome gibt es?

Die Entwicklung einer Demenz ist schleichend. Veränderungen von Fähigkeiten und Verhaltensweisen müssen immer im Vergleich zu früher gesehen werden. Alzheimer beginnt mit Vergesslichkeit und mangelndem Antrieb. Im weiteren Verlauf werden die gewohnten Handlungen immer schwieriger. Der Patient vergisst häufiger Worte, wird orientierungslos und kann sich nicht mehr erinnern. Einfache Handgriffe wie das Öffnen und Schliessen von Knöpfen werden unmöglich. Schliesslich verliert der Patient seine Selbstständigkeit und erkennt seine Angehörigen nicht mehr. Die Störungen des Denk- und Urteilsvermögens lassen ein normales Alltagslebens immer schwieriger werden. Viele Betroffene werden misstrauisch, aggressiv oder depressiv.

Warnzeichen sind:

  • Gedächtnisprobleme (Merken von Namen oder Daten)
  • Wiedererkennen von Personen, Gegenständen oder Orten
  • Schwierigkeiten beim Planen und Durchführen alltäglicher Dinge
  • Probleme mit Planung, abstraktem Denken und Einschätzung von Situationen
  • Stimmungsschwankungen und Veränderungen der Persönlichkeit
  • Antriebslosigkeit bis hin zu sozialem Rückzug
Der grösste Risikofaktor für eine Demenz ist das Alter - da die Lebenserwartung in der Schweiz weiter steigt, rechnet die Schweizerische Alzheimervereinigung mit steigenden Fallzahlen. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Diagnose von Alzheimer

Nach einer Hochrechnung von AlzheimerSchweiz leben aktuell ca. 144'000 Menschen mit einer Demenz in der Schweiz. Geschätzt die Hälfte dieser Menschen verfügt über keine formelle Diagnose. Dabei ist diese äusserst wichtig, um Hilfeleistungen in Anspruch zu nehmen und eine adäquate Therapie zu erhalten. Gerade am Anfang können die richtigen Medikamente den Verlauf der Krankheit verlangsamen sowie die Begleitsymptome mildern.

Eine rechtzeitige Diagnose erleichtert zudem auch die Lebensplanung. Sie erlaubt Menschen mit Demenz, ihre administrativen und finanziellen Angelegenheiten noch selbst zu regeln (Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag, letzter Wille). Betroffene haben so auch die Möglichkeit, Strategien zu entwickeln, um den Alltag mit einer Demenz einfacher zu gestalten und auch noch den einen oder anderen Traum zu verwirklichen.

Ein transparenter Umgang mit der Diagnose trägt auch zu mehr Verständnis seitens der Angehörigen und des sozialen Umfeldes bei. Gerade bei seltenen Demenzformen, wie der Frontotemporalen Demenz, die sich durch starke Verhaltensveränderungen, wie beispielsweise Aggressivität oder Enthemmtheit äussert, ist dies besonders wichtig.

Treten die oben genannten Warnzeichen auf, bedeutet dies nicht automatisch eine Demenzerkrankung. Auch andere Krankheiten können für den Rückgang der geistigen Leistung verantwortlich sein. Es ist daher empfehlenswert, den Hausarzt aufzusuchen. Bestätigt dieser den Verdacht auf Demenz, folgt idealerweise eine Abklärung beim Spezialisten.

Alzheimer und Demenz: Schleichender Abbau

Alzheimer ist etwa für 60 Prozent aller Demenz-Erkrankungen verantwortlich. Die Krankheit tritt am häufigsten bei Personen über 65 auf. Betroffene sind immer weniger in der Lage, den Alltag selbst zu meistern. Einmal erkrankt, nimmt die Leistung des Hirns stetig ab. Das ist auch für die Angehörigen eine grosse Belastung. So schrecklich die Diagnose Alzheimer für Betroffene auch ist: Dank richtiger Behandlung und Pflege ist weiterhin eine hohe Lebensqualität möglich.

Alzheimer ist etwa für 60 Prozent aller Demenz-Erkrankungen verantwortlich. Die Krankheit tritt am häufigsten bei Personen über 65 auf. Betroffene sind immer weniger in der Lage, den Alltag selbst zu meistern. Einmal erkrankt, nimmt die Leistung des Hirns stetig ab. Das ist auch für die Angehörigen eine grosse Belastung. So schrecklich die Diagnose Alzheimer für Betroffene auch ist: Dank richtiger Behandlung und Pflege ist weiterhin eine hohe Lebensqualität möglich.

Wie wird die Krankheit ausgelöst?

Die genauen Ursachen sind noch nicht endgültig geklärt. Das Gehirn von Alzheimerkranken weist typische Eiweissablagerungen auf. Fehlgeleitete Stoffwechselvorgänge schädigen die Nervenzellen. Die für das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit wichtigen Übertragungsstoffe im Gehirn können dann nicht mehr gebildet werden. In 90 Prozent der Fälle wirken genetische Faktoren, Alterungsprozesse und Vorerkrankungen des Gehirns und Umwelteinflüsse zusammen. In sehr wenigen Fällen gibt es eine rein erbliche Veranlagung.

Ein Drittel der Demenzfälle könnte verhindert werden.
Foto: Thinkstock

Wer ist betroffen?

Zwar kann die Krankheit auch schon vor dem 50. Lebensjahr auftreten, das Alter ist aber unbestritten der grösste Risikofaktor für Alzheimer. Etwa zwei Drittel der Betroffenen sind älter als 80 Jahre, fast 70 Prozent sind zudem Frauen.

Gibt es eine Heilung?

Eine Heilung ist bislang nicht möglich. Durch eine rechtzeitige Therapie mit Medikamenten kann der Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit aber um etwa ein Jahr hinausgezögert werden. Auch Verhaltens-, Musik- oder Erinnerungstherapien können die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Die Forschung konzentriert sich nicht nur auf Therapien, sondern auch auf die Früherkennung. Denn die Krankheit wird meist erst erkannt, wenn die geschädigten Hirnzellen unwiederbringlich verloren sind. Eine verlässliche Methode zur Früherkennung würde die Chance erhöhen, den Krankheitsverlauf zumindest zu verzögern.

Kann etwas zur Vorbeugung getan werden?

Experten empfehlen geistige, körperliche und soziale Aktivitäten zur Verringerung des Risikos, an Alzheimer zu erkranken. Empfohlen wird auch eine ausgewogene sowie fett- und cholesterinarme Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie die Behandlung von Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Diabetes. Untersuchungen zeigten, dass die Zunahme der Erkrankungen in manchen Ländern nicht mehr so gross ist wie erwartet. Als Grund dafür werden eine gesündere Lebensweise und rege Hirnaktivität vermutet.

Wie sehen die Prognosen aus?

Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der Demenzkranken Schätzungen zufolge auf etwa drei Millionen nahezu verdoppeln, sofern kein Durchbruch in der Prävention und Therapie gelingt. (SDA)

Neuer Demenztest ermöglicht Diagnose in 15 Minuten

Ein nur 15-minütiges Telefongespräch reicht aus, mental gesunde Menschen zuverlässig von Patienten mit leichten kognitiven Störungen zu unterscheiden und leichte Demenzformen von einer manifesten Alzheimer-Erkrankung zu differenzieren. Das ist das Ergebnis einer vergleichenden Studie aus Indien.

Nachuntersuchungen bei Demenz besonders wichtig

Solche laufenden Nachuntersuchungen sind gerade bei neurologischen Defiziten - egal ob es sich dabei um milde Formen von kognitiven Störungen oder eine ausgeprägte Alzheimer-Erkrankung handelt - besonders wichtig. Zwar verfügen Experten bereits jetzt über ein breites Spektrum an Testinstrumenten, mit denen sich die diversen Krankheitsformen nicht nur unterscheiden sondern auch das Fortschreiten der Erkrankung zuverlässig feststellen lassen. Allerdings sind derartige Tests aufwendig und können die Gesundheitssysteme insbesondere in bevölkerungsreichen und weniger entwickelten Weltregionen leicht überfordern.

Test über Telefongespräch

Um das Spektrum solcher Evaluierungsinstrumente zu erweitern, haben die indischen Experten einen neuartigen Test entwickelt, der sich auch in einem kurzen Telefongespräch durchführen lässt. Der sogenannte FACT-Test (FACT= fifteen-minute assessment of cognition over the telephone) besteht aus 27 Items, mit denen sich Aufmerksamkeit, Orientierung, Gedächtnisleistung, sprachliche Fähigkeiten sowie die Handlungsfähigkeit der befragten Personen ermitteln lassen sollen. «Unser Ziel war es herauszufinden, ob wir in nur 15 Minuten auch bei Menschen, die von sich aus nicht ins Krankenhaus kommen können, das Vorliegen einer Demenz feststellen können», erklärt Studienautorin Dr. Ratnavalli Ellajosyula vom Manipal Hospital in Bangalore.

Um festzustellen, ob FACT ähnlich zuverlässig ist wie etablierte Testverfahren, haben die indischen Wissenschaftler den Fragebogen unter Studienbedingungen getestet. Dafür wurden 22 Patienten mit milden kognitiven Störungen, 20 weitere mit Alzheimer-Diagnose sowie 23, nach Alter und Bildungsgrad dazu passende gesunde Teilnehmer am Telefon interviewt. Die teilnehmenden Patienten waren eine Woche davor im Krankenhaus einem bewährten Testverfahren (Addenbrookes Cognitive Examination, ACE III) unterzogen worden.

FACT bringt Alzheimer-Studien voran

Die vorgelegten Resultate stimmen die Entwickler optimistisch: «Wir konnten zeigen, dass FACT ein mit ACE III vergleichbares und effizientes Instrument zur Feststellung leichter kognitiver Störungen und zum Monitoring von Alzheimer-Patienten ist», so Dr. Ellajosyula. «Das eröffnet neue Möglichkeiten für den klinischen Alltag und die Forschung im Bereich der frühen Intervention und beim Monitoring des fortschreitenden Verfalls kognitiver Fähigkeiten.»

Die Forscher gehen davon aus, dass FACT in Zukunft in epidemiologischen Studien als Screening-Instrument eingesetzt werden könnte. «Damit könnte man das Problem vermeiden, dass Menschen bei persönlichen Befragungen unkooperativ oder nicht anzutreffen sind. In Indien sind Mobiltelefone in allen Bevölkerungsgruppen weit verbreitet», so Dr. Ellajosyula. «FACT kann außerdem vielfältig verwendet werden: Zur Diagnose milder kognitiver Beeinträchtigungen, zur Beobachtung, ob diese sich zu einer Alzheimer-Erkrankungen weiterentwickeln, um das Fortschreiten der Krankheit zu messen und sogar um zu evaluieren, wie Patienten auf eine Medikation, zum Beispiel im Rahmen einer Studie, ansprechen. Weitere Studien sind erforderlich und wir hoffen, dass der Test auch in anderen Ländern eingesetzt wird, insbesondere in Regionen mit wenig Ressourcen.»

Ein nur 15-minütiges Telefongespräch reicht aus, mental gesunde Menschen zuverlässig von Patienten mit leichten kognitiven Störungen zu unterscheiden und leichte Demenzformen von einer manifesten Alzheimer-Erkrankung zu differenzieren. Das ist das Ergebnis einer vergleichenden Studie aus Indien.

Nachuntersuchungen bei Demenz besonders wichtig

Solche laufenden Nachuntersuchungen sind gerade bei neurologischen Defiziten - egal ob es sich dabei um milde Formen von kognitiven Störungen oder eine ausgeprägte Alzheimer-Erkrankung handelt - besonders wichtig. Zwar verfügen Experten bereits jetzt über ein breites Spektrum an Testinstrumenten, mit denen sich die diversen Krankheitsformen nicht nur unterscheiden sondern auch das Fortschreiten der Erkrankung zuverlässig feststellen lassen. Allerdings sind derartige Tests aufwendig und können die Gesundheitssysteme insbesondere in bevölkerungsreichen und weniger entwickelten Weltregionen leicht überfordern.

Test über Telefongespräch

Um das Spektrum solcher Evaluierungsinstrumente zu erweitern, haben die indischen Experten einen neuartigen Test entwickelt, der sich auch in einem kurzen Telefongespräch durchführen lässt. Der sogenannte FACT-Test (FACT= fifteen-minute assessment of cognition over the telephone) besteht aus 27 Items, mit denen sich Aufmerksamkeit, Orientierung, Gedächtnisleistung, sprachliche Fähigkeiten sowie die Handlungsfähigkeit der befragten Personen ermitteln lassen sollen. «Unser Ziel war es herauszufinden, ob wir in nur 15 Minuten auch bei Menschen, die von sich aus nicht ins Krankenhaus kommen können, das Vorliegen einer Demenz feststellen können», erklärt Studienautorin Dr. Ratnavalli Ellajosyula vom Manipal Hospital in Bangalore.

Um festzustellen, ob FACT ähnlich zuverlässig ist wie etablierte Testverfahren, haben die indischen Wissenschaftler den Fragebogen unter Studienbedingungen getestet. Dafür wurden 22 Patienten mit milden kognitiven Störungen, 20 weitere mit Alzheimer-Diagnose sowie 23, nach Alter und Bildungsgrad dazu passende gesunde Teilnehmer am Telefon interviewt. Die teilnehmenden Patienten waren eine Woche davor im Krankenhaus einem bewährten Testverfahren (Addenbrookes Cognitive Examination, ACE III) unterzogen worden.

FACT bringt Alzheimer-Studien voran

Die vorgelegten Resultate stimmen die Entwickler optimistisch: «Wir konnten zeigen, dass FACT ein mit ACE III vergleichbares und effizientes Instrument zur Feststellung leichter kognitiver Störungen und zum Monitoring von Alzheimer-Patienten ist», so Dr. Ellajosyula. «Das eröffnet neue Möglichkeiten für den klinischen Alltag und die Forschung im Bereich der frühen Intervention und beim Monitoring des fortschreitenden Verfalls kognitiver Fähigkeiten.»

Die Forscher gehen davon aus, dass FACT in Zukunft in epidemiologischen Studien als Screening-Instrument eingesetzt werden könnte. «Damit könnte man das Problem vermeiden, dass Menschen bei persönlichen Befragungen unkooperativ oder nicht anzutreffen sind. In Indien sind Mobiltelefone in allen Bevölkerungsgruppen weit verbreitet», so Dr. Ellajosyula. «FACT kann außerdem vielfältig verwendet werden: Zur Diagnose milder kognitiver Beeinträchtigungen, zur Beobachtung, ob diese sich zu einer Alzheimer-Erkrankungen weiterentwickeln, um das Fortschreiten der Krankheit zu messen und sogar um zu evaluieren, wie Patienten auf eine Medikation, zum Beispiel im Rahmen einer Studie, ansprechen. Weitere Studien sind erforderlich und wir hoffen, dass der Test auch in anderen Ländern eingesetzt wird, insbesondere in Regionen mit wenig Ressourcen.»

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