Spotify Wrapped ist da!
Warum Menschen ihre Lieblingsmusik teilen

Jeweils zum Jahresende erstellt der Musikstreamingdienst Spotify für seine Nutzer eine personalisierte Übersicht ihrer Hörgewohnheiten. Das wird auf Social Media millionenfach geteilt. Ein Medienpsychologe erklärt, warum wir uns mit unserer Lieblingsmusik gerne brüsten.
Publiziert: 04.12.2024 um 18:16 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2024 um 16:39 Uhr
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Zum Jahresende zeigt die Musikplattform Spotify seinen Nutzerinnen und Nutzer eine Übersicht ihrer Hörgewohnheiten.
Foto: Shutterstock

Auf einen Blick

  • Spotify Wrapped ist endlich da
  • Jährlicher Musikrückblick weckt Emotionen und Erinnerungen
  • Personalisierte Übersicht ermöglicht Austausch und Vergleich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Dennis BaumannRedaktor Gesellschaft

Endlich ist er da, der musikalische Jahesrückblick «Spotify Wrapped» (zu Deutsch: verpackt). Seit 2016 jeweils zum Jahresende zeigt der Musikstreamingdienst in einer personalisierten Übersicht, welche Songs, Künstler und Genres die Nutzerinnen und Nutzer durch das Jahr begleitet haben, und erstellt eine Playlist mit den 100 meistgehörten Songs.

Wer wurde dieses Jahr in der Schweiz am meisten gehört? Taylor Swift. Auch weltweit war sie das Jahr über die Nummer eins und erhält von Spotify dafür den neu eingeführten «Wrapped Badge», der den meistgehörten Künstler des Jahres auszeichnet.

«Ich freue mich jedes Jahr aufs Neue auf den Jahresrückblick», sagt Selina Oliveira (25). So wie ihr geht es Millionen von Menschen auf der Welt. Was einst als Marketingstrategie begann, entwickelte sich zu einem kulturellen Phänomen. Medienpsychologe Stefan Caduff (44) erklärt gegenüber Blick, warum.

Momente wieder erleben

Musik habe die besondere Fähigkeit, Emotionen und Erinnerungen zu wecken, sagt Stefan Caduff: «Die Lieblingslieder eines Jahres sind oft eng mit bestimmten Erlebnissen verknüpft.»

Ein Sommerhit kann an warme Partynächte erinnern, ein ruhiger Song an eine schwierige oder prägende Lebensphase. Der Jahresrückblick lässt Menschen diese Momente wieder erleben und in die damit verbundenen Gefühle eintauchen.

Möglich wird das durch die Personalisierung. Nicht die Charts, sondern die eigenen Lieblingssongs werden präsentiert. Laut dem Medienpsychologen vermittelt das ein Gefühl von Wertschätzung: «Es fühlt sich gut an, etwas zu bekommen, das exakt auf einen zugeschnitten ist.»

Sich auf Social Media vergleichen

Die Übersicht der Hörgewohnheiten bedient auch ein kulturelles Bedürfnis. Gegen Ende des Jahres neigen Menschen dazu, Vergangenes zu ordnen und sich auf Neues vorzubereiten. «Ob in den Nachrichten, in der Astrologie oder im persönlichen Leben – Rückblicke sind tief in unserer Kultur verankert», erklärt Caduff.

Und warum teilt man seine musikalische Jahresreise auf Social Media? Man identifiziere sich mit seinen Lieblingsliedern und -künstlern, sagt Caduff. Das diene nicht nur der Selbstdarstellung, sondern ermögliche auch Austausch. Welche Songs haben Freunde gehört? Wo gibt es Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede? «Menschen vergleichen sich gerne und wollen wissen, wo sie dazugehören», so der Medienpsychologe.

Zwischen Stolz und Scham

Spotify Wrapped löst nicht immer nur Freude aus, wie einige Leute auf Social Media in der Vergangenheit mitgeteilt haben. Manche Nutzer sind enttäuscht, wenn ihr musikalisches Jahr nicht den eigenen Erwartungen entspricht.

Scham kann aufkommen, wenn ein unerwartetes Lied in der Liste auftaucht, das nicht zum eigenen Image passt. Spotify-Hörerin Selina Oliveira erinnert sich an letztes Jahr: «In meiner Übersicht waren auch schon Lieder drin, die ich gar nicht wirklich mochte.»

Caduff kennt dieses Phänomen. Menschen enttäuschen sich selbst immer wieder. Wir haben alle Erwartungen an uns. Weicht die Realität davon ab, kann das frustrieren.

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