Nicht erst im Schulalter
Ab wann muss mein Kind zum Zahnarzt?

Viele Eltern warten mit dem ersten Zahnarztbesuch der Kinder, bis diese in der Schule sind. Das sei viel zu spät, sagt eine Expertin. Wann und warum eine frühere Untersuchung nötig ist, erklärt sie im Interview.
Publiziert: 12:31 Uhr
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Aktualisiert: 12:32 Uhr
Wer mit dem ersten Zahnarztbesuch bis zum Schuleintritt wartet, ist viel zu spät dran, sagt Zahnärztin Cornelia Filippi.
Foto: Shutterstock

Auf einen Blick

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Wenn Cornelia Filippi ein Kind zum ersten Mal bei sich in der Zahnklinik empfängt, läuft das etwas anders ab als bei Erwachsenen. Denn sie stellt nicht nur sich selbst vor, sondern erklärt auch ihren Mundschutz und die Handschuhe, zeigt, wofür sie das Licht braucht und was sie mit dem Zahnspiegel macht. Schritt für Schritt, alles in kindgerechter Sprache. Bei der Untersuchung müssen die Kinder dann auch nicht unbedingt allein auf dem Behandlungsstuhl sitzen. Wenn es auf dem Schoss von Mama oder Papa einfacher geht, ist das in Ordnung. Wenn das Lieblingsplüschtier dabei ist, ebenfalls. Denn die erste Zahnuntersuchung soll in guter Erinnerung bleiben. Und auf keinen Fall Angst machen.

Dr. med. dent. Cornelia Filippi ist Kinderzahnärztin beim Universitären Zentrum für Zahnmedizin Basel und leitet dort die Abteilung für Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen. Daneben ist sie Präsidentin der Stiftung «Gesundes Znüni», fachliche Leiterin des Projektes Zaza-Care (Zahnmedizin für alle Kinder – mit und ohne Behinderung) sowie Mitglied der Fachkommission Schweizer Vereinigung Kinderzahnmedizin.
Foto: zVg

Blick: Sollten Eltern beim ersten Zahnarztbesuch auf eine spezielle Kinderzahnärztin oder einen Kinderzahnarzt setzen?
Cornelia Filippi: Es darf natürlich auch der Familienzahnarzt sein. Wichtig aber ist, dass die Person mit Kindern umgehen kann und diese nicht gleich wie Erwachsene behandelt. Kinderzahnärzte haben nicht nur die entsprechende Erfahrung, sondern auch spezifische Ausbildungen. Dabei geht es neben fachlichen Aspekten auch darum, mit Kindern einfacher zu sprechen und sie aktiv einzubeziehen. Wir haben zum Beispiel Kinderwörter für die einzelnen Instrumente: anstatt vom Zahnsteinkratzer sprechen wir vom Klangstäbchen oder statt von der Luft-Wasser-Spritze von der Wasserdusche und der Luftdusche, weil unbekannte Begriffe Kindern Angst machen können. Die Ursachen für spätere Zahnarztphobien liegen fast immer in der frühen Kindheit, wenn beim Zahnarztbesuch Fehler gemacht wurden.

Wie finde ich denn eine Kinderzahnärztin oder einen Kinderzahnarzt?
Die Schweizerische Vereinigung für Kinderzahnmedizin führt eine Liste mit qualifizierten Fachpersonen, die über eine entsprechende Weiterbildung verfügen. Dort kann auch nach Kanton oder Ort gesucht werden. Alternativ wendet man sich direkt an die Schulzahnklinik in der eigenen Region. Wichtig ist, dass man sich frühzeitig auf die Suche macht. Leider gibt es nicht in jedem Kanton eine flächendeckende Versorgung.

Reicht es nicht, wenn Eltern den Zahnarztbesuch mit der Schule abwarten?
Auf keinen Fall. Zum einen ist das kantonal sehr unterschiedlich geregelt, wie oft und wann der Besuch in einer Schulzahnklinik stattfindet. Zum anderen sollte die erste Untersuchung schon vor dem Eintritt in den Kindergarten stattfinden, wir empfehlen im Alter von zwei Jahren.

Ist das nicht sehr früh?
Es geht ja vor allem um ein erstes Kennenlernen, und dass sich Kinder schon früh an den Besuch bei der Zahnärztin gewöhnen, also positiv geprägt werden. Dadurch entsteht mit den Jahren ein Vertrauensverhältnis zwischen Kind, Zahnarzt und Erziehungspersonen. Ausserdem muss eine wirksame Prophylaxe früh beginnen. Bei Kindern, die mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zur Welt kamen oder auch bei Kindern mit einem angeborenen Herzfehler empfehle ich den ersten Zahnarztbesuch noch früher. Bei ihnen kann unentdecktes Karies besonders fatale Folgen haben.

Wie erkenne ich frühzeitig, wenn ein Besuch schon vor dem zweiten Geburtstag angebracht wäre?
Grundsätzlich ist zuvor die Kinderärztin auch für die zahnmedizinische Betreuung zuständig. Trotzdem sollte man auch selber die Augen offenhalten. Kleinkinderkaries zum Beispiel erkennt man an den weissen Flecken schon früh. Später entwickeln sich diese zu braunen Flecken, und dann wird die Zerstörung im Mund immer grösser. 

Hilft es, wenn ich mein Kind speziell auf den ersten Besuch bei der Kinderzahnärztin vorbereite?
Unbedingt. Am besten übernimmt dies ein Elternteil, der selbst keine panische Angst vor dem Zahnarztbesuch hat. Denn Kinder merken schnell, wenn man selber der Thematik nicht offen gegenübersteht. Bei der Vorbereitung geht es darum, dem Kind eine ehrliche, aber positive Vorstellung davon zu vermitteln, was in der Zahnarztpraxis passiert. Im besten Fall wird eine Neugierde geweckt. Wichtig ist auch, dass die Bezugsperson bei der ersten Untersuchung dabei ist und das Kind zuversichtlich begleitet. Das gebe auch die Möglichkeit, allfällige Themen wie die richtige Zahnpflege, Ernährungsfragen oder auch das Abgewöhnen von Schoppen und Nuggi ab einem gewissen Alter zusammen zu thematisieren. Und natürlich die Ergebnisse der Untersuchung zu besprechen.


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