Die Plazenta erfreut sich schon seit jeher einem besonderen Stellenwert in den Kulturen. Im antiken Ägypten waren rituelle Nachgeburtsbestattungen genauseo verbreitet wie in Australien oder Mitteleuropa. Auch heutzutage vergraben viele Menschen den Mutterkuchen und pflanzen darauf einen «Lebensbaum».
Nährstoffe im Mutterkuchen?
Im Internet finden sich allerhand Rezepte rund um die Plazenta. Von Gulasch über Lasagne bis zum Plazenta-Braten findet sich für jeden Geschmack etwas. Wem das Zubereiten des Mutterkuchens doch etwas zu viel des Guten ist, dem stehen Alternativen zur Verfügung. Oft wird die Plazenta zu Pulver gemahlen oder gefriergetrocknet und dann in Form von Kapseln, Pillen oder Globuli eingenommen.
Wegen ihres hohen Nährstoff- und Hormongehalts werden dem Verzehr der Plazenta einige positive Effekte nachgesagt. So soll sie für eine bessere Milchbildung der stillenden Mutter sorgen oder präventiv gegen Wochenbettdepression wirken. Insgesamt soll sie neue Energie und ein raschere Rückbildung begünstigen. Wissenschaftlich erwiesen ist jedoch keine der angeblichen Wirkungen.
Experte warnt vor dem Trend
«Medizinisch gesehen ist die Plazenta ein Abfallprodukt», so der Gynäkologe Alex Farr von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien. Er sieht demnach auch keinerlei Hinweise auf medizinische Vorteile durch den Verzehr des Mutterkuchens. Ganz im Gegenteil. Ihm zufolge befinden sich sich die vermuteten Nährstoffe wie Eisen, Selen und Zink in keiner ausreichenden Konzentration in der Plazenta. Festgestellt wurden jedoch hohe Konzentrationen von Schwermetallen.
Der Verzehr des angeblichen «Superfoods» bringt also nicht nur nichts, sondern ist sogar potenziell gefährlich. Das Essen der meist in Pillen- oder Kapselform verarbeiteten Plazenta birgt aber noch weitere Gefahren: Laut Farr warnte erst im Juni 2017 die Bundesbehörde des amerikanischen Gesundheitsministeriums offiziell vor dem Trend. Grund: Das Baby einer Mutter, die Plazentakapseln gegessen hatte, erlitt mehrmals eine lebensbedrohliche Blutvergiftung durch Streptokokken. «Diese Bakterien konnten in den Plazentakapseln der Mutter nachgewiesen werden und wurden wohl von ihr auf das Kind übertragen», so der Gynäkologe.
Dass die Plazenta neuerdings als «Superfood» bezeichnet wird entspringt einem weltweiten Hype um ultragesunde Lebensmittel die beispielsweise den Alterungsprozess aufhalten oder uns vor möglichen Krankheiten schützen sollen. Mehr darüber erfahren Sie hier. (aponet)