Glaubensfrage Superfood
Wahn oder Wirklichkeit?

Der weltweite Hype um bestimmte, ultragesunde Lebensmittel, die den Alterungsprozess aufhalten und vor freien Radikalen schützen sollen, nimmt nicht ab. Grund genug, die exotisch klingenden Komponenten der Ernährungskultur genauer zu beleuchten.
Publiziert: 07.02.2024 um 14:50 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2024 um 14:53 Uhr
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Kokos-Chia-Creme mit Erdbeer-Sauce – gesund und lecker.
Foto: Getty Images
Martina Bortolani

Goji-Beeren, Açaí-Bowls, Hanfsamen, Matcha: Das sind die Superhelden der Superfoodliga. Knackig kommen sie in Form von Salaten, Green-Smoothies oder Müesli daher, bunt und super frisch. Auch bestimmte Fisch- und Fleischsorten gehören dazu. Und sie sind plötzlich omnipräsent: An jeder Ecke schiessen Salatbars und Smoothietheken aus dem Boden. Ihr Siegeszug passt perfekt zum aktuellen Lifestyle: Das Mantra «Du bist, was du isst!» hat in unserer wohlstandsverwöhnten, Ersten Welt rituellen Kultstatus erreicht. Der Speiseplan ist für viele zum Statement eines Lebensstils geworden. Vegetarisch oder vegan, kohlehydratfrei oder nur bio – Essen wird zur Glaubensfrage. Und nun eben Superfoods!

Was ist Superfood?

Der Begriff «Superfood» ist zu einem Modewort geworden. Hinter diesem neudeutsch-modischen Begriff verstecken sich Lebensmittel, die über eine besonders hohe Nährstoffdichte verfügen. Sie enthalten viele Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente oder sekundäre Pflanzenwirkstoffe. Daneben sollten sie möglichst naturbelassen sein. Wer es genau wissen will, kann sich im Internet schlaumachen, dort sind ellenlange Listen zu finden, auf denen die Qualitäten von Chia-Samen, Randen, Heidelbeeren oder Grünkohl detailliert angepriesen werden.

Die Liste mit den bekanntesten Superfood-Lebensmitteln

  1. Leinsamen: In nur 100 Gramm der kleinen Samen stecken ganze 35 Gramm an Ballaststoffen.
  2. Quinoa: Das Inka-Korn, ein Mix aus Eiweiss und Kohlenhydraten, liefert dem Körper Brennstoff, der ihn über viele Stunden leistungsfähig hält.
  3. Hanfsamen: Sie enthalten viele Proteine und Aminosäuren, die den Körper bei der Verbrennung von Fett unterstützen.
  4. Bambussalz: Hat buddhistischen Mönchen zufolge reinigende Wirkung.
  5. Weizengrassaft: Durch den hohen Chlorophyllgehalt wird der Entgiftungsprozess der Leber angeregt.
  6. Goji-Beeren: Enthalten Antioxidantien und das Eisen.
  7. Mandelmus: Enthält besonders viel Vitamin E, das die Körperzellen vor dem Angriff freier Radikale schützt.
  8. Moringa: Die aus dem «Baum des Lebens» hergestellten Softwürfel verleihen dem Körper dank einer hohen Nährstoffdichte viel Energie.
  9. Matcha-Tee: Das enthaltene Epigallocatechingallat aus dem grünen Tee hemmt die Speicherung von Fett im Körper.
  10. Kokoswasser: Die klare Flüssigkeit ist fettfrei und enthält einen Mineralstoff-Mix aus Kalium, Natrium und Mangan.
  11. Camu-Camu: Die Früchte aus dem Amazonas enthalten 60 Mal mehr Vitamin C als Orangen.
  12. Chlorella: Die Süsswasser-Mikroalge enthält mehr Eiweiss als Fleisch und ist damit ideal für schöne Haare.
  13. Ashwagandha: Das als «Indian Ginseng» bekannte Pulver minimiert stressbedingte Hautunreinheiten.
  14. Kakaobohnen: Kakaosamen regen die Produktion körpereigener Glückshormone an.
  15. Chia-Samen: Der hohe Kalziumgehalt von Chia-Samen bringt das Fett am Bauch zum Schmelzen.
  16. Agaven-Sirup: Er ist süsser als Zucker, hat aber ein Viertel weniger Kalorien.
  17. Kokosblütenzucker: Das ist ein besonders niedrig-glykämisches Süssungsmittel.
  18. Avocado: Ihr grünes Fleisch hält eine Fülle an Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren und in erster Linie ungesättigten Fettsäuren bereit.
  19. Shiitake-Pilz: Neben den Vitaminen B2, B3 und B6 enthält diese Köstlichkeit auch eine grosse Menge an Vitamin B5, der sog. Pantothensäure.
  20. Acerola: Diese Frucht hat kaum Kalorien, ist reich an Vitamin C und zudem sind auch hohe Anteile an Kalium, Magnesium, Folsäure, Kalzium und Vitamin B enthalten.
  21. Açai: Die Beere wird seit Jahrhunderten für ihre antioxidativen, energiesteigernden Eigenschaften verehrt.
  22. Aktivkohle: Das feine, schwarze Pulver wird aus Kokosnussschalen gewonnen und ist das Beste für ein reines Hautbild.
  23. Aloe vera: Es wirkt hauterfrischend, immunstimulierend, reinigend und steigert das natürliche Strahlen der Haut.
  24. Grünkohl: Das Gemüse liefert viel Eisen und Kalium, soll den Blutdruck senken und enthält das Spurenelement Mangan, das für die Stärkung der Knochen wichtig ist.

Welche heimischen Lebensmittel sind Superfood?

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Randen: Die Rote Beete besitzt einen hohen Eisengehalt und ist daher besonders geeignet, um die roten Blutkörperchen zu vermehren. Die Vielfalt am sekundären Pflanzenstoff Betain schützt ausserdem das Herz sowie die Blutgefässe. Schwangeren helfen Randen zudem, dank ihrer enthaltenen Folsäure, neue Zellen zu bilden.
Foto: shutterstock

Goji-Beeren und Co. sind hierzulande eventuell noch eher Exoten, doch unter den Superfoods taucht auch durchaus Altvertrautes auf: Gemüse wie Randen, oder auch Broccoli und Rüebli zum Beispiel. Granatapfelkerne gehören genauso dazu wie Avocados oder Datteln. Was also ist dran am Hype um das Neue am Altbekannten? Sind Superfoods tatsächlich so super? Oder vielmehr nur ein weiterer Trend in einer übersättigten Welt?

«Der Begriff ‹Superfood› tönt für die meisten schon mal per se gut», sagt Tommaso Cimeli. Der Zürcher Ernährungsberater bestätigt das, was die Wissenschaft längst belegt hat: «Es gibt Bestandteile in gewissen Lebensmitteln und Getränken, die besonders gesund sind. Und diese sind in den Superfoods zuhauf enthalten.

Das Fruchtfleisch von AçaÍ- und Granatapfel-Beeren hat nachweislich antioxidative Eigenschaften und kann dank seines hohen Nitratgehalts angeblich im Körper in Stickstoffmonoxide umgewandelt werden, die den Blutdruck und die Blutgerinnung positiv beeinflussen. Lachs wiederum enthält überproportional viel Omega-3-Fettsäuren, die Menschen mit Herzproblemen helfen. Baumnüsse und viele weitere Nusssorten enthalten so viel natürliches Eiweiss und Ballaststoffe, dass sie besonders von Vegetariern geschätzt werden, die damit einen Ausgleich zur fleischlosen Nahrung schaffen.

Gesund und verjüngend mit Superfood

Superfood macht demnach nicht nur gesund, sondern soll auch den Alterungsprozess in Schach halten können oder uns gar vor möglichen Krankheiten bewahren. Schade nur, dass es laut dem europäischen Informationszentrum für Lebensmittel (EUFIC) bis dato keine verbindliche Definition von Superfoods existiert. Auch die Tatsache, dass ein ausgewogener, gesunder Speiseplan positive Effekte hat, ist nicht wirklich neu. «Die Ernährung», sagt Cimeli, «reguliert nicht nur unser Verdauungssystem, sie ist auch zu fünfzig Prozent dafür verantwortlich, ob man im Alter immer noch auf ein solides Immunsystem zurückgreifen kann.»

Ob das der tatsächliche Grund ist, warum sich Gesundheits- und Figurbewusste über Mittag noch rasch mit einem Smoothie oder einem knackigen Salat mit Lachsstreifen eindecken? Oder ist es eher die Tatsache, dass die Idee dahinter perfekt in die heutige Zeit passt? Wir Alltagshechler, die aus Zeitgründen nicht jedes vollwertige Mahl zu Hause am Herd zubereiten können, beruhigen unser Gewissen damit, dass wir den supergesunden Smoothie-to-go mit pürierten Açaí-Beeren und Granatapfelkernen schlürfen, den Salat in der Kantine mit frischen Lachsscheibchen aufrüsten oder zum Zvieri-Snack auf heimischen Baumnüssen herumkauen. Schliesslich, so wollen wir glauben, dass sich damit Kantinenfood aufwerten lässt und wir gesünder leben.

So gesund sind frische Beeren

Beeren versüssen uns nicht nur den Sommer, sondern sind auch optimale Zwischenmahlzeiten, hübsche Farbtupfer und beste Vitamin-C-Lieferanten. Was diese Früchtchen sonst noch auf Lager haben und was man aus ihnen feines zaubern kann.

Beeren sind eine gesunde Zwischenmahlzeit mit wenig Kalorien.
Beeren sind eine gesunde Zwischenmahlzeit mit wenig Kalorien.
Thinkstock

Beeren versüssen uns nicht nur den Sommer, sondern sind auch optimale Zwischenmahlzeiten, hübsche Farbtupfer und beste Vitamin-C-Lieferanten. Was diese Früchtchen sonst noch auf Lager haben und was man aus ihnen feines zaubern kann.

Wie funktioniert das gesündeste Superfood?

Doch leider ist auch das nicht ganz so einfach. Denn der Smoothie-to-go ist noch lange kein Allheilmittel. Wer seine Gesundheit via Ernährung massgeblich beeinflussen will, muss mehr tun. «Wichtig ist eine ausreichende Menge der wichtigen Vitamine und Spurenelemente und natürlich eine absolut konsequente Einnahme» sagt Cimeli. Will heissen – die Superfoods sind nur dann so richtig super, wenn sie konsequent und in ausreichender Menge verzehrt werden.

Ein abwechslungsreicher Speiseplan, bestehend aus viel Obst, Gemüse, «gesunden Proteinen» sowie einer sinnvoll eingesetzten Menge an Kohlehydraten, sei eben «immer noch die bestmögliche Art, sich vollwertig und gesund zu ernähren», meint der Profi. Weiss man obendrauf noch Bescheid darüber, welche «Superfoods» wirklich «Superwirkung» haben, und werden diese selbstverständlich und ohne grosses Aufsehen in den täglichen Speiseplan eingebaut, ist das natürlich umso besser! Und wer das Ganze dann auch noch mit einem gezielten Sport- und Bewegungsprogramm anreichert, kommt ganz bestimmt in Superform.

Das neue Superfood: Abnehmen mit Sauerkraut

«Gegorenes Essen» klingt für die meisten nicht besonders appetitanregend. Dabei kann es nicht nur lecker, sondern auch gesund sein. Ausserdem ist das neue Superfood ideal, um ein paar Pfunde loszuwerden.

«Gegorenes Essen» klingt für die meisten nicht besonders appetitanregend. Dabei kann es nicht nur lecker, sondern auch gesund sein. Ausserdem ist das neue Superfood ideal, um ein paar Pfunde loszuwerden.

Ist die Kokosnuss ein Superfood?

Die Kokosnuss ist ein hochgelobtes Superfood. Doch was ist dran an dem Hype? Vor einigen Tagen sorgte Prof. Dr. Karin Michels mit dem Vortrag zum Thema «Ernährungsirrtümer» im Netz für Aufsehen. Sie behauptet: «Kokosöl ist das reine Gift».

Getty Images/Blend Images

Die Kokosnuss ist ein hochgelobtes Superfood. Doch was ist dran an dem Hype? Vor einigen Tagen sorgte Prof. Dr. Karin Michels mit dem Vortrag zum Thema «Ernährungsirrtümer» im Netz für Aufsehen. Sie behauptet: «Kokosöl ist das reine Gift».


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