Jedes fünfte Kind ist betroffen
«Neurodermitis ist eine unberechenbare Krankheit»

Juckreiz, trockene und gerötete Haut: Die Rede ist von Neurodermitis, die fast jedes fünfte Kind in der Schweiz betrifft. Doch woher kommt sie eigentlich und was kann man dagegen tun?
Publiziert: 14.07.2020 um 08:30 Uhr
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Aktualisiert: 14.07.2020 um 09:30 Uhr
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In 85 Prozent der Fälle treten die Symptome der Neurodermitis vor dem fünften Lebensjahr auf.
Foto: Getty Images
Moritz Lüchinger

Die meisten von uns hatten im Kindesalter vermutlich mindestens einen Klassenkameraden, der sichtbare Rötungen der Haut und beissende Verkrustungen aufwies – sofern wir nicht sogar selbst betroffen waren.

Das ist wenig verwunderlich, ist doch etwa jedes fünfte Kind in der Schweiz von einer Neurodermitis betroffen. Beim allergrössten Teil, nämlich 85 Prozent, treten die Symptome in den ersten fünf Lebensjahren auf. Bei den Erwachsenen sind es immerhin noch etwa ein bis zwei Prozent, die an der Hautkrankheit leiden.

Eine der häufigsten Hautkrankheiten

«Die Neurodermitis ist eine der am häufigsten auftretenden Hautkrankheiten und sie ist erblich bedingt», erklärt Marianne Meli BLICK. Meli ist Hautärztin und ärztliche Leiterin der Dermanence in Zürich.

Oft entwickeln Betroffene schon im Kindesalter die ersten Symptome. Typischerweise sind das juckende, gerötete Ekzeme, die in Schüben auftreten. Bei frischen Ekzemen kann es auch sein, dass sie nässen.

«Man kann nie sagen, wann sie ausbrechen»

Bei Babys treten die Ekzeme häufiger am Kopf auf, später auch in den Ell- und Kniebeugen und bei Erwachsenen sind oft auch die Hände betroffen.

In vielen Fällen wächst sich eine Neurodermitis allerdings aus, bei Erwachsenen kommt sie deutlich seltener vor. «Das heisst aber nicht, dass sie nicht auch noch mit 40 auftreten könnte», stellt die Expertin klar. «Das ist das frustrierende an erblich bedingten Erkrankungen: Man kann nie sagen, wann und ob sie überhaupt ausbrechen.»

Es trifft häufig Menschen, die zu Allergien neigen

Aufgrund der genetischen Disposition tritt die Neurodermitis oft gehäuft in einer Familie auf. In vielen Fällen betrifft sie Menschen, die zu Allergien neigen. Sie tritt gerne dann auf, wenn betroffene Menschen bereits einen Allergieschub haben – beispielsweise verursacht durch Pollen. «Das kann sehr unangenehm sein, wenn zusätzlich zur Allergie noch ein juckendes Ekzem kommt», sagt Meli.

«Aber sie kann auch einfach so auftreten», ergänzt die Hautärztin. «Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die Haut bei Menschen mit Neurodermitis zu viel Feuchtigkeit verliert. Sie ist durchlässiger, als es bei Menschen ohne Neurodermitis der Fall ist.»

«Juckreiz kann sehr belastend sein»

Die Haut trocknet aus und bildet juckende, teilweise schuppende oder nässende Ekzeme. «Vor allem der Juckreiz kann sehr belastend sein. Es gibt Leute, die können nachts deswegen nicht mehr schlafen», führt die Expertin aus.

Das A und O bei der Behandlung einer Neurodermitis ist der Expertin zufolge die Rückfettung der Haut, um den Schutz wieder aufzubauen. Dazu werden rückfettende Salben eingesetzt. Ausserdem sollten Betroffene alles meiden, was die Haut zusätzlich reizen könnte, wie beispielsweise starke Putz- oder Waschmittel.

Verschiedene Therapieformen

In schlimmeren Fällen kann auch kurzzeitig auf ein Cortisonpräparat zurückgegriffen werden. Für längerfristige Behandlungen gibt es inzwischen auch entzündungshemmende Medikamente ohne Cortison, bei denen beim Langzeitgebrauch weniger Nebenwirkungen auftreten.

In gravierenden Fällen kann es sein, dass Immunsuppressiva eingesetzt werden – das allerdings wirklich nur, wenn keine Alternativen vorhanden sind. Auch eine Lichttherapie oder eine Spritzentherapie kann in schweren Fällen helfen.

Eine unberechenbare Krankheit

Einer Neurodermitis kann bei bestehender genetischer Disposition nicht vorgebeugt werden. «Sie ist eine unberechenbare Erkrankung, weil sie im Erbgut schlummert und deswegen kann man sie nicht beeinflussen und weiss auch nicht, wann sie ausbricht», konstatiert Meli.

Konsequentes Rückfetten und Eincremen der Haut ist das einzige, was dazu beiträgt, dass weniger Ekzeme auftreten. Und auch wenn sich eine Neurodermitis verwachsen hat, haben Betroffene oft den Rest ihres Lebens mit trockener Haut zu kämpfen.

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