Haben Sie eine Grippe oder eine Erkältung?
0:55
Dr. Twerenbold klärt auf:Haben Sie eine Grippe oder eine Erkältung?

Grippewelle in der Schweiz
Viele Schweizer schleppen sich trotz Grippe zur Arbeit

Immer mehr Leute fehlen krankheitsbedingt bei der Arbeit. Die Grippewelle hat die Schweiz dieses Jahr spät erreicht - doch nun ist sie da. Aus Angst vor dem Chef schleppen sich einige Angestellte allerdings trotz Krankheitssymptomen ins Büro.
Publiziert: 20.01.2020 um 15:06 Uhr
|
Aktualisiert: 20.11.2020 um 11:00 Uhr
Erst die Nase schneuzen, dann Hände waschen und desinfizieren. Denn am häufigsten werden Grippeviren über die Hände an andere Personen weitergegeben.
Foto: Getty Images

Gerade bei Personalmangel oder wenn sie das Gefühl haben, dass die Mitarbeiter nur leicht krank seien, machen viele Vorgesetzte Druck. Die Konsequenz: Wie mehrere Studien aufzeigen erscheint mindestens die Hälfte der Schweizer Angestellten einmal pro Jahr krank zur Arbeit.

Laut Ärzten ist dies problematisch. Einerseits könnten die Betroffenen dort ihre Kolleginnen und Kollegen anstecken, andererseits könnten sie so ihrer eigenen Gesundheit Schaden zufügen.

Bei den Gewerkschaften ist die Problematik bekannt. Es gebe die Tendenz, dass sich Angestellte vom Arbeitgeber unter Druck gesetzt fühlten, unter allen Umständen zur Arbeit zu erscheinen, sagt Leena Schmitter, Sprecherin der Gewerkschaft Unia.

Drei Fakten zur saisonalen Grippe

1. 69 Grippefälle pro 100 000 Einwohner

Ist dieser Wert erreicht, kann von einer schweizweiten Grippewelle geredet werden. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) wurde er in dieser Saison am 14. Januar überschritten. Und zwar deutlich: 95 Fälle pro 100 000 Einwohner waren gemeldet.

2. 300 Mio. Franken kostet uns die Grippe jährlich

Die Gesundheitskosten belaufen sich laut BAG dabei jährlich auf gut 100 Mio. Franken. Hinzu kommen die volkswirtschaftlichen Kosten von 200 Mio. Franken. Sie fallen an, wenn unzählige Schweizerinnen und Schweizer tagelang ans Bett gebunden sind und nicht arbeiten können.

3. Bis 90% schützt eine Grippeimpfung

Der Nutzen einer Grippeimpfung ist gross: Bis zu zehnmal kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, mit den lästigen Symptomen zu kämpfen. Und dennoch lässt sich weniger als die Hälfte der Risikogruppe (ältere Menschen, Kranke, Schwangere) jährlich gegen die Influenza-Viren impfen.

1. 69 Grippefälle pro 100 000 Einwohner

Ist dieser Wert erreicht, kann von einer schweizweiten Grippewelle geredet werden. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) wurde er in dieser Saison am 14. Januar überschritten. Und zwar deutlich: 95 Fälle pro 100 000 Einwohner waren gemeldet.

2. 300 Mio. Franken kostet uns die Grippe jährlich

Die Gesundheitskosten belaufen sich laut BAG dabei jährlich auf gut 100 Mio. Franken. Hinzu kommen die volkswirtschaftlichen Kosten von 200 Mio. Franken. Sie fallen an, wenn unzählige Schweizerinnen und Schweizer tagelang ans Bett gebunden sind und nicht arbeiten können.

3. Bis 90% schützt eine Grippeimpfung

Der Nutzen einer Grippeimpfung ist gross: Bis zu zehnmal kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, mit den lästigen Symptomen zu kämpfen. Und dennoch lässt sich weniger als die Hälfte der Risikogruppe (ältere Menschen, Kranke, Schwangere) jährlich gegen die Influenza-Viren impfen.

Krank arbeiten bedeutet Verletzung der Treuepflicht

Dabei ist die Situation aus juristischer Sicht eigentlich klar. «Arbeitnehmer, die trotz Krankheit arbeiten, verletzen ihre Treuepflicht», sagt Rechtsanwalt Martin Steiger zur Nachrichtenagentur AWP. Angestellte müssten ihre Arbeitgeber informieren, dass sie krank seien.

Rechtlich gesehen dürften Arbeitnehmer, die sich krank fühlen, dann nicht arbeiten, wenn ihre Krankheit ansteckend ist. Auch wenn die Arbeit den Heilungsprozess verlangsamt, beziehungsweise die Krankheit gar verschlimmert, müssen sie zu Hause bleiben.

Eine Arbeitsunfähigkeit würde dabei normalerweise durch ein Arztzeugnis bestätigt. Doch nicht bei jeder Krankheit sei man komplett arbeitsunfähig. «Im Zweifelsfall entscheidet der Arzt», sagt Steiger.

Arbeitgeber in der Pflicht, kranke Person nach Hause zu schicken

Auch die Arbeitgeber stehen in der Pflicht. Wenn sie wüssten, dass ein Arbeitnehmer krank sei, müssten sie ihn heimschicken, sagt der Anwalt weiter. Das sei zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer selbst sage, dass er trotz Krankheit arbeite oder wenn er offensichtlich krank sei.

Dabei spiele das richtige Verhalten im Krankheitsfall auch versicherungstechnisch eine Rolle. Die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber sei bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung grundsätzlich geschuldet, erklärt Steiger. Wer krank zur Arbeit gehe, riskiere, dass die Lohnfortzahlung verweigert werde.

Dass trotzdem manchmal Druck auf Angestellte ausgeübt wird, krank zur Arbeit zu erscheinen, dafür hat Unia-Sprecherin Schmitter kein Verständnis. «Der Betrieb sollte für Krankheitsfälle und Ferienabwesenheiten Stellvertretungsregelungen im Voraus regeln», sagt sie.

Wenn Angestellte trotz Krankheit arbeiteten, sei das nicht nur für sie problematisch, sondern dies könne mittelfristig auch zu Mehrkosten für das Unternehmen führen, vor allem wenn die Betroffenen dadurch am Schluss noch länger ausfielen, sagt Schmitter weiter.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Kranke müssen zu Hause bleiben

Das sieht man allerdings auch von Seiten der Arbeitgeber so. «Gemäss Studien entstehen rund zwei Drittel der durch Krankheit verursachten Kosten nicht durch Absenzen, sondern durch das Weiterarbeiten trotz Krankheit», erklärt Fredy Greuter vom Arbeitgeberverband.

«Weil kränkelnde Mitarbeiter nicht die volle Leistung bringen, kommt es zu einem Produktivitätsverlust», betont er. Wenn ein Arbeitnehmer trotz offensichtlicher Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz erscheine, müsse der Vorgesetzte den Kranken daher unbedingt nach Hause schicken.

Auch eine Erledigung der Aufgaben im Home Office komme grundsätzlich nicht in Frage. «Eine Verzögerung der Genesung als Folge von Home Office gilt es zu vermeiden», sagt Greuter.

Auch Home Office ist nicht gestattet

Dezidiert gegen Heimarbeit bei Krankheit äussert sich auch die Gewerkschaft. «Home Office ist Arbeit. Deshalb ist Home Office, wenn man selber krank ist oder kranke Kinder betreuen muss, die falsche Lösung», erklärt Unia-Sprecherin Schmitter. Auch für die Betreuung kranker Familienmitglieder bestehe ein Anspruch auf eine Arbeitsbefreiung von bis zu drei Tagen pro Krankheitsfall.

Influenzaviren zirkulieren vor allem in der kalten Jahreszeit und verursachen praktisch jeden Winter eine Grippewelle. Die Intensität und der Schweregrad der Grippewelle sind allerdings von Jahr zu Jahr unterschiedlich.

Vor allem Risikogruppen betroffen

In der Schweiz führt die Grippe laut BAG jedes Jahr zu 112'000 bis 275'000 Arztkonsultationen (gemäss Überwachungssystem Sentinella). Aufgrund von Krankheitskomplikationen kommt es ausserdem zu mehreren tausend Hospitalisationen und zu mehreren hundert Todesfällen. (SDA)

Getty Images
Fragen und Antworten zur Grippeimpfung

Mit dem Winterbeginn kommt auch die Grippesaison zurück. Den zuverlässigsten Schutz gegen eine Ansteckung bietet die alljährliche Impfung.

Getty Images

Mit dem Winterbeginn kommt auch die Grippesaison zurück. Den zuverlässigsten Schutz gegen eine Ansteckung bietet die alljährliche Impfung.

14 Mythen über Erkältungen und Grippe: Was stimmt wirklich?

Gestern kalt, heute warm – echtes Erkältungswetter. Hilft jetzt Ingwertee? Artur Summerfield (56), Professor am Institut für Virologie und Immunologie an der Uni Bern, klärt auf.

Lesen Sie hier weiter.

Gestern kalt, heute warm – echtes Erkältungswetter. Hilft jetzt Ingwertee? Artur Summerfield (56), Professor am Institut für Virologie und Immunologie an der Uni Bern, klärt auf.

Lesen Sie hier weiter.

Grippe vs Erkältung

Die Grippe greift gerade wieder um sich. Doch was sind eigentlich die Unterschiede zu einer normalen Erkältung? Und wie kann man sich am besten schützen? Mehr Informationen gibt es hier.

Einen Nieser zu unterdrücken kann böse enden, wie bei einem Patienten in England, über den Ärzte im «British Medical Journal» berichteten. (Symbolbild)
Taschentücher werden in der Grippezeit zum notwenigen Begleiter. (Symbolbild)
KEYSTONE/AP/ROBERTO PFEIL

Die Grippe greift gerade wieder um sich. Doch was sind eigentlich die Unterschiede zu einer normalen Erkältung? Und wie kann man sich am besten schützen? Mehr Informationen gibt es hier.


Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?