Frauen und Männer von Hautkrankheit betroffen
Juckreiz im Intimbereich kann gefährlich sein

Lichen sclerosus schädigt die Vulva und die Vorhaut. Oft wird die Hauterkrankung erst erkannt, wenn sie bereits weit fortgeschritten ist. Es falle teils sogar Ärzten schwer, die korrekte Diagnose zu stellen, sagt Dermatologin Gudula Kirtschig. Das können Betroffene tun.
Publiziert: 10.04.2024 um 12:39 Uhr
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Aktualisiert: 10.04.2024 um 13:45 Uhr
Frauen leiden häufiger unter der Hauterkrankung als Männer.
Foto: Getty Images
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Jana GigerRedaktorin Service

Betroffene leiden teilweise jahrelang, bevor sie eine Diagnose erhalten. Brennen, Juckreiz und Schmerzen im Intimbereich können das Selbstwertgefühl und die Sexualität beeinträchtigen. Ursache kann die Hauterkrankung Lichen sclerosus sein. «Schätzungen nach tritt sie bei einer von 100 Frauen auf», sagt Dermatologin Gudula Kirtschig (63). Etwas weniger häufig seien Männer und Kinder betroffen. Eine späte Diagnose kann fatale Folgen haben.

Welche Anzeichen deuten auf die Erkrankung hin?

«Bei 80 bis 90 Prozent der betroffenen Frauen ist Juckreiz an der Vulva das erste Symptom», sagt Kirtschig. Teilweise würden Hautveränderungen wie weissliche Flecken und kleine Einrisse hinzukommen, die wiederum Schmerzen verursachen könnten. Betroffene Männer leiden gemäss Expertin meist unter schmerzenden Rötungen an der Eichel und einer Verengung der Vorhaut. Unabhängig vom Geschlecht treten die Beschwerden manchmal nicht nur am Genital auf, sondern auch beim Harnröhrenausgang, am Damm, am Anus und in der Gesässfalte. Eine trockene und rissige Haut sowie wiederkehrende Blasenprobleme können weitere Symptome der nicht ansteckenden Hauterkrankung sein.

Wie unterscheidet sich Lichen Sclerosus von einer Pilzinfektion?

Im frühen Stadium kann Lichen sclerosus einer Infektion gleichen, vor allem einer Pilzinfektion, da die Haut im Genitalbereich in beiden Fällen gerötet ist und juckt. Kirtschig sagt: «Selbst für Fachpersonen ist es am Anfang manchmal schwierig, den Unterschied zu erkennen.» Eine Pilzinfektion habe allerdings eher kleine rote Punkte zur Folge, während flächige rote und weissliche Veränderungen eher auf Lichen sclerosus hindeuten. Wer an Beschwerden im Genitalbereich leidet, wendet sich meist an eine Gynäkologin oder an einen Urologen. Das sei natürlich nicht falsch, sagt die Expertin. Aber falls sich die Symptome nicht bessern würden, mache es Sinn, beim Verdacht auf Lichen sclerosus auch eine Hautärztin oder einen Hautarzt aufzusuchen.

Frauen erkranken besonders oft an Lichen sclerosus, wenn die Hormone verrückt spielen.
Foto: Shutterstock

Was sind die Ursachen?

«Wir wissen, dass die genetische Veranlagung eine grosse Rolle spielt», sagt Kirtschig. Inwiefern hormonelle Faktoren Lichen sclerosus auslösen können, sei noch nicht geklärt. Auffallend ist gemäss Expertin aber, dass Frauen vor ihrer ersten Menstruation und nach der Menopause – also während hormonelle Veränderungen stattfinden – häufiger an Lichen sclerosus erkranken. Ausserdem haben Forscher beobachtet, dass möglicherweise Infektionen wie beispielsweise eine Borreliose als Trigger wirken können. Das heisst, Infektionen können bei Personen, bei denen Lichen sclerosus in der Familie vorkommt, die Krankheit auslösen. Die Ernährung sowie die Einnahme von Medikamenten seien nach bisherigen Erkenntnissen keine Auslöser für die Krankheit, sagt Kirtschig.

Spezialistin für entzündliche Hautkrankheiten

Gudula Kirtschig (63) arbeitet als Fachärztin für Dermatologie und Venerologie im Ärztezentrum Medbase in Frauenfeld TG. Sie hat in Deutschland Medizin studiert und sich unter anderem auf entzündliche Hautkrankheiten im Genitalbereich spezialisiert. Als Expertin für Lichen sclerosus schreibt sie an den offiziellen europäischen Leitlinien zur Therapie der chronischen Hauterkrankung mit. Von ihr sind ausserdem zahlreiche Bücher und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen.

zVg

Gudula Kirtschig (63) arbeitet als Fachärztin für Dermatologie und Venerologie im Ärztezentrum Medbase in Frauenfeld TG. Sie hat in Deutschland Medizin studiert und sich unter anderem auf entzündliche Hautkrankheiten im Genitalbereich spezialisiert. Als Expertin für Lichen sclerosus schreibt sie an den offiziellen europäischen Leitlinien zur Therapie der chronischen Hauterkrankung mit. Von ihr sind ausserdem zahlreiche Bücher und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen.

Wie können Betroffene die Beschwerden lindern?

Da Lichen sclerosus nicht heilbar ist, können nur die Symptome behandelt und die Entzündung unterdrückt werden. Gemäss Kirtschig ist eine gegen die Entzündung wirkende Kortisonsalbe das beste Mittel, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und den Juckreiz, das Einreissen der Haut sowie die Schmerzen beim Sex zu lindern. Die Expertin sagt: «Viele Betroffene können die Schmerzen ausserdem besser ertragen, wenn sie die juckenden Stellen mit einer Fettsalbe einreiben, wenig Seife benutzen und den Intimbereich nicht mechanisch reizen.» Also zum Beispiel keine Unterwäsche tragen, die sehr eng ist oder harte Nähte hat. Textilien wie Baumwolle oder Seide seien oft besser verträglich als synthetische Stoffe wie Polyamid, sagt Kirtschig. Betroffenen Frauen helfe es, auf reibende Slipeinlagen zu verzichten.

Eine frühe Behandlung von Lichen sclerosus ist massgebend, damit das Sexleben nicht darunter leidet.
Foto: Shutterstock

Was passiert, wenn man Lichen sclerosus nicht behandelt?

«Bei Frauen können heftige Vernarbungen entstehen», sagt die Expertin. Diese könnten wiederum dazu führen, dass die Schamlippen kleiner werden oder zusammenwachsen. Bei Männern werde die Vorhautverengung ohne medizinische Behandlung schlimmer und es könne zu einer Verengung des Harnröhrenausgangs bis zum vollständigen Verschluss kommen, sodass kein Wasserlassen mehr möglich sei. Zudem besteht ein leicht erhöhtes Risiko für Vulvakrebs und Peniskrebs.

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