Hohe Schuhe machen grösser, zaubern längere Beine und tragen viel zu einem eleganten Outfit bei. Allerdings gilt bei High Heels auch: Wer schön sein will, muss leiden. Denn Absätze sind für unseren Körper mit viel Schmerz verbunden.
Georg Klammer (44) ist als Oberarzt und leitender Arzt des Fussinstituts Zürich seit vielen Jahren im Fachbereich der Fuss- und Sprunggelenkchirurgie tätig. Mit Blick teilt er sein Wissen über die durch High Heels verursachten Schäden und gibt Tipps, wie Ihre Füsse trotz hoher Hacken fit bleiben.
Veränderte Körperhaltung
Der Körperschwerpunkt liegt beim Tragen von High Heels höher und weiter vorne, was mit verstärkter Biegung der Knie kompensiert wird. Mit jedem zusätzlichen Zentimeter beim Absatz verschiebt sich etwa zehn Prozent des Gewichts auf den vorderen Teil des Fusses. Die sogenannte Spitzfussposition führt zu einem Streckmoment, der auf den Knien und Hüften lastet. Dem sollte unbedingt entgegengewirkt werden. Das geht, indem das Becken nach vorne gekippt und so mit der Wirbelsäule kompensiert wird.
Durch die unnatürliche Körperhaltung, welche beim Tragen von High Heels entsteht, werden Knie, Hüften und Rücken überbelastet und gereizt. Dies könne zu starken Schmerzen, bis hin zu Arthrose, führen.
Deformierte Zehen und eingewachsene Nägel
«Da bei High Heels viel Gewicht auf den Vorfuss ausgeübt wird, werden die Zehen in der Fussbox nach vorne gedrückt», erklärt Klammer. Dabei könnten die Zehen Verletzungen wie Hühneraugen und offene Stellen davontragen. Auch ernstere Zehenfehlstellungen wie Hammer- und Krallenzehen oder ein Hallux valgus seien eine Gefahr. «Die anfänglich flexiblen Zehen versteifen sich mit der Zeit und verharren in der deformierten Position», warnt der Arzt. Manche dieser Folgen können sogar nur chirurgisch korrigiert werden.
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Eingewachsene Zehennägel sind ebenfalls eine häufige Folge. «Durch den Druck in eine unnatürliche Zehenposition drückt der Nagel in die Haut und wächst schief in den Zeh hinein», informiert Klammer. Das verursache nicht nur Schmerzen, sondern könne auch zu schlimmen Infektionen führen.
Stressfrakturen an Gelenken und Knochen
Ein weiteres Risiko sind Schmerzen unter dem Vorfussballen. Der Arzt führt aus: «Die Druckbelastung auf den Vorfuss kann zum Riss der plantaren Platten führen. Das ist ein starkes Band, das die Grundgelenke stabilisiert.» Dies könne schlimmstenfalls zur Instabilität der Gelenke führen.
Zusätzlich könne der chronische Druck zur Vernarbung der Nerven zwischen den Mittelfussknochen führen. «Diese Nervenverdickung führt oft zu sehr unangenehmen Nervenschmerzen», so Klammer.
Verkürzte Achillessehne
Beim häufigen Tragen von High Heels läuft man ausserdem Gefahr, dass eine Verkürzung der Achillessehne eintritt. «Die Wadenmuskulatur verkürzt sich stark. Das kann so weit gehen, dass das Tragen flacher Schuhe nicht mehr komfortabel ist», warnt Klammer.
Die schlimmste Art von High Heels
Die schlimmsten High Heels sind Modelle mit hohen und dünnen Absätzen und einer schmalen Fussbox. Der Experte nennt als Beispiel Stilettos: «Diese erhöhen neben den anderen möglichen Schäden die Wahrscheinlichkeit von Verletzungen der Seitenbänder.» Bei Stilettos sei die Standfläche viel kleiner, was bedeutet, dass das Risiko viel grösser ist, umzuknicken und sich dadurch die Seitenbänder zu reissen oder durch die ständige Überbeanspruchung der muskulären Stabilisierung die Sehnen zu überlasten. «Das kann zu Sehnenschäden und Entzündungen führen», weiss der Experte.
So kann man das Risiko für Schäden vermindern
Schuhe mit grossflächigen Absätzen und limitierter Absatzhöhe sind weniger schädliche High Heels. «Sie erhöhen die Stabilität und vermindern die Notwendigkeit der Balancierung durch die Zehen», erklärt Klammer. Auch High Heels mit einer weiten Vorfussbox und guter Fersenfassung werden von den Füssen bevorzugt. «Die Breite des Schuhs hat relevanten Einfluss darauf, ob jemand an Fussschmerzen leidet.»
Um das Risiko von Verletzungen zu vermindern, kann das Trainieren der muskulären Stabilität und regelmässiges Dehnen helfen. «Dadurch verbessert sich die Muskelkontrolle. Das regelmässige Dehnen wirkt der Verkürzung der Muskulatur entgegen», empfiehlt Klammer.
Zudem lohnt es sich, auf gute Fusspflege zu setzen. Durch das Pflegen trockener Füsse, gerades Schneiden der Zehennägel und regelmässiges Massieren der Füsse lassen sich einige der oben erwähnten Risiken vermindern. Klammer empfiehlt bei gröberen Problemen, wie bei einer Infektion, einen Arzt zu konsultieren.
Der Experte rät, High Heels nicht zu lange am Stück zu tragen. Es lohnt sich, flache Schuhe für einen Wechsel dabei zu haben. Vor allem, wenn längeres Gehen nötig ist.