Fluch und Segen zugleich
Soll ich meinem Kind einen Nuggi geben?

Ein Nuggi beruhigt Säuglinge. Gleichzeitig kann er deren Spracherwerb beeinträchtigen. Worauf es beim Nuggi ankommt, erklären Kinderarzt Oskar Jenni und Logopädin Myriam Schnider.
Publiziert: 01.02.2024 um 14:53 Uhr
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Aktualisiert: 01.02.2024 um 15:02 Uhr
Sobald Kinder den Nuggi nur noch aus Gewohnheit verwenden, kann das negative Folgen haben.
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Valentin RubinRedaktor Service

Das Baby schreit, kommt nicht zur Ruhe, oder hat Schmerzen. Für Eltern kann das anstrengend und nervenaufreibend sein. Vor allem, wenn es noch nicht sprechen kann. Um das Kleinkind zu beruhigen, greifen viele Eltern zum Nuggi. Oskar Jenni (56), Professor für Entwicklungspädiatrie am Kinderspital Zürich sagt dazu: «Säuglinge können ihre Emotionen noch nicht gut kontrollieren.» Der Nuggi helfe ihnen, ihre Gefühle und ihr Verhalten zu regulieren. Denn: «Saugen hat eine beruhigende Wirkung und trägt zur Stabilisierung der Atmung sowie der Herz- und Hirnfunktion bei.» Daher sei ein Nuggi – oder alternativ ein Nuscheli, an dem das Kleinkind saugen kann – nicht schlecht. 

Wirkt beruhigend und regulierend: Ein Nuggi hat viele Vorteile. Für das Kind und für die Eltern.
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Eltern sollen dem Kind durchaus einen Nuggi anbieten, aber nicht insistieren, wenn es ihn nicht wolle, sagt Jenni. Neben Vorteilen wie einer schützenden Wirkung vor dem plötzlichen Kindstod und einer gewissen Vorbeugung vor Nahrungsmittelallergien könne der Nuggi bei übermässigem Gebrauch auch zu Verzögerungen in der Sprachentwicklung und zu einer fehlerhaften Zahnstellung führen. 

Oskar Jenni (56) ist Professor für Entwicklungspädiatrie am Kinderspital Zürich und weist darauf hin, dass Eltern auf die Bedürfnisse ihrer Kinder achten müssen – auch wenn diese gerade im frühkindlichen Alter teils schwierig zu lesen sind.
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Das bestätigt auch Myriam Schnider (37), leitende Logopädin am Kinderspital Zürich: «Wenn Kinder den Nuggi exzessiv und zu lange verwenden, kann sich ihre Kiefer- und Zahnstellung verändern.» Im Extremfall könne das Kind im Alter von drei bis vier Jahren eine offene Mundhaltung entwickeln, wodurch sie vermehrt durch den Mund statt durch die Nase atmen würden. Schnider: «Das macht die Kinder anfälliger für Infekte, da bei der Atmung durch den Mund die Luft kalt und ungefiltert in die Atemwege gelange.» Bei der Atmung durch die Nase werde die Luft erwärmt und von Keimen gereinigt.

Je kleiner, desto besser

Die veränderte Kiefer- und Zahnstellung bei zu häufigem Gebrauch des Nuggis könne ausserdem zu Fehlern in der Aussprache von gewissen Lauten führen, sagt Schnider. Im Alter zwischen zwei und drei Jahren verändere sich normalerweise der Schluckvorgang bei Kindern. «Wenn das Kind in dieser Zeit weiterhin übermässig nuckelt, kann diese Schluckentwicklung behindert werden.» Der Abbau eines solchen falschen Schluckmusters oder das Neulernen von jahrelang falsch gebildeten Lauten könne viel Zeit in Anspruch nehmen.

Myriam Schnider (37) leitet die Abteilung Logopädie am Kinderspital Zürich: Sie betont, dass exzessives nuckeln am Schnuller negative Folgen für den Sprachererwerb haben kann.

Im regulierten Ausmass sei ein Nuggi aber kein Problem, sagt Schnider. «Zum Einschlafen, zur Beruhigung oder falls das Baby Schmerzen hat, kann ein Nuggi viel bewirken.» Die negativen Auswirkungen des Nuggis seien beim gezielten Einsatz zu vernachlässigen. «Wenn der Nuggi aber nur noch aus Gewohnheit verwendet wird, sollte man ihm dem Kind abgewöhnen.» Sie empfiehlt zudem, lieber einen zu kleinen als einen zu grossen Nuggi zu verwenden. So sei das Risiko einer späteren fehlerhaften Zahn- oder Kieferstellung kleiner.

Ist der Nuggi zu gross, sind Fehlstellungen an Zähnen und am Gebiss wahrscheinlicher.
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Oskar Jenni rät allen Eltern, primär auf die Bedürfnisse der Kinder zu achten. Es sei nicht ratsam, eine allzu strenge Haltung einzunehmen und die Verwendung eines Nuggis komplett zu verbieten. «Der Saugreflex der Kleinkinder, und damit deren Bedürfnis nach einem Nuggi oder Nuscheli, nimmt in der Regel im zweiten Lebensjahr von alleine ab.» 

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