Sie hatten doch bestimmt auch schon mal so einen Chef: einen, der ständig überall dreinreden muss. Der glaubt, er sei der Einzige, der drauskommt. Der bis ins letzte Detail alles selbst entscheiden will.
Pfadi-Basiskurs, denke ich in solchen Momenten, und rolle innerlich mit den Augen. Ich denke an den ersten Leiterkurs, den ein Pfadi in seiner Leiter-Laufbahn besucht. Und an elementare Führungsskills, die jeder 17-jährige Pfadileiter (und natürlich jede Pfadileiterin) dabei lernt.
Schon der Pfadigründer Robert Baden-Powell, kurz BiPi genannt und strammer Offizier der britischen Armee, wusste: Nichts motiviert Menschen mehr, als wenn sie Verantwortung übernehmen dürfen. Wenn du einem jungen Leiter die vollständige Verantwortung gibst, dann kann nichts mehr schiefgehen, schrieb er vor über 100 Jahren in seinem Pfadi-Leitfaden «Scouting for Boys». Er meinte damit nicht diese halbbatzige «Verantwortung», mit der Ihr Chef seinen Trick tarnt, Ihnen hauptsächlich viel Arbeit aufzubürden, aber kaum eigene Entscheidungskompetenzen zu gönnen. Wenn BiPi von Verantwortung sprach, meinte er nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte. Kurz: «Die volle Verantwortung und das volle Vertrauen.» (Ziemlich modern für einen älteren Herrn!)
Wer neben der Pflicht, seinen Job gut zu machen, auch das Recht hat, selbst Entscheidungen zu treffen, Ideen umzusetzen und seine Kreativität einzubringen, ist ein motivierter Mitarbeiter. Das wusste BiPi schon vor über 100 Jahren. Eine simple Idee, die die Grundlage für den Erfolg der Pfadibewegung auf der ganzen Welt bildete.
Wenn Ihr Chef das nächste Mal von erfolgreichem Teamwork spricht, dabei aber hauptsächlich seine kleinlichen Entscheidungen und Ihre reichlichen Überstunden meint: Wollen Sie ihm vielleicht vorschlagen, mal einen Pfadileiter-Kurs zu besuchen? Er könnte davon profitieren.
«Scouting for Boys» von Robert Baden-Powell erschien 1908 und bildete die Grundlage für die weltweite Verbreitung der Pfadi-Idee. 1923 erschien die deutsche Übersetzung «Pfadfinder».