Den Nachwuchs im Blick
So funktionieren GPS-Tracker für Kinder

Die einen Eltern halten sie für wichtig, andere sind strikt dagegen: GPS-Geräte für Kinder ermöglichen es, jederzeit zu wissen, wo sich der Sprössling gerade aufhält. Ein Experte zeigt, welche Vorteil, aber auch welche Probleme die Geräte mit sich bringen.
Publiziert: 10.11.2020 um 08:59 Uhr
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Tracking-Geräte für Kinder sind in Form von Smartwatches oder als kleine Anhänger für den Schulthek erhältlich.
Foto: Getty Images
Anne Grimshaw

Kleine GPS-Tracker, mit denen Eltern immer wissen, wo sich ihr Kind gerade befindet sind bei besorgten Eltern zunehmend beliebt, weiss Daniel Betschart (32), Verantwortlicher für Medienkompetenz bei Pro Juventute: «Es gibt Eltern, die ein starkes Bedürfnis danach haben, immer zu wissen, wo das Kind ist.» Mit neuen Möglichkeiten, wie Trackern oder Familien-Apps festige sich dieses Sicherheitsbedürfnis noch mehr.

Nicht alle Eltern sind begeistert von den Geräten, einige aber froh darum. GPS-Tracker haben oftmals eine Anruffunktion, womit Kinder ihre Eltern mit einem Knopfdruck erreichen können. So kann es Papi schnell mal anrufen, wenn es später wird, weil man zu lange mit dem Freund geredet und die Zeit vergessen hat. Die Kehrseite der Medaille: Unter Umständen startet das Kind jedes Mal eine Telefondiskussion, wenn es noch länger draussen bleiben möchte.

So funktionierts

Die Grösse der Geräte variiert zwischen «nicht grösser als ein Cookie» bis zu gut sichtbaren Smartwatches für Kinder. Die meisten Tracker beinhalten eine SIM-Karte, damit die Live-Standortdaten via Internet an das Handy der Eltern gesendet werden können. So ist eine Standortüberwachung ohne das Zutun des Kindes möglich, wenn sich das Kind weiter weg befindet. Daneben können die Eltern eine Benachrichtigung erhalten, wenn ihr Nachwuchs ein bestimmtes Gebiet verlässt, oder im Fall von Armbandtrackern, wenn es den Tracker vom Handgelenk entfernt.

Viele Tracker bieten etliche Zusatzfunktionen. So enthalten einige GPS-Uhren eine Anruffunktion, mit der Kinder auf Knopfdruck die Eltern sowie Notrufnummern anrufen können, oder auch eine eingebaute Kamera. Warum schenken Eltern ihren Kindern nicht gleich ein Handy statt einer Multifunktionsuhr? «Da die Uhren im Gegensatz zu Smartphones nur sehr eingeschränkte Funktionen haben, bieten sie Eltern mehr Kontrolle darüber, was ihr Kind damit macht. Den Umgang mit einem richtigen Handy muss man dem Kind zuerst beibringen», erklärt Betschart.

Ist Kontrolle immer besser?

Einige Geräte haben eine Geräuschaufzeichnungsfunktion. Interessierte Eltern können damit hören, was in der Umgebung ihres Kindes gesprochen oder getan wird. Für Rechtsanwalt Martin Steiger (42) beginnt das Problem solcher Geräte schon beim Verkauf: «Aus meiner Sicht dürften solche Geräte gar nicht in den Verkehr gebracht werden, da sie vor allem dem illegalen Abhören dienen.»

Ohne die Einwilligung der betroffenen Person darf in der Schweiz grundsätzlich nämlich niemand belauscht werden. Auch Betschart von Pro Juventute ist entschieden gegen diese Funktion: «Kinder haben eine Privatsphäre und dürfen Geheimnisse haben. Das Abhören privater Gespräche verstösst ganz klar dagegen».

Die restlichen Funktionen der Tracker solle man ebenfalls nur mit Bedacht einsetzen: «Hat das Kind einen sehr langen Schulweg, oder ist es oft alleine, haben die Geräte sicher ihre Berechtigung. In vielen Fällen helfen GPS-Tracker aber hauptsächlich dabei, den Eltern ein Kontrollgefühl zu vermitteln», so Betschart. «Dieses Gefühl kann aber täuschen. Kinder, die ständig überwacht werden, erhalten den Eindruck, dass die Eltern ihnen nicht trauen. Diese fehlende Vertrauensbasis kann sie dazu ermutigen, Kontrollmassnahmen absichtlich zu umgehen, oder zu Hause einfach nichts mehr zu erzählen», erklärt er weiter.

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Anstatt blind auf ein Trackinggerät zu vertrauen, empfiehlt er deshalb, mit dem eigenen Kind immer wieder über mögliche Gefahren zu sprechen und ihm aufzuzeigen, was die Eltern warum wichtig finden. Laut Betschart ebenfalls wichtig: «Das Kind muss vom Alltag erzählen können, ohne dass ihm negative Konsequenzen drohen, damit eine vertraute Beziehung entstehen kann».

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