Büffeln mit dem Handy
Lern-Apps wecken bei Eltern falsche Hoffnungen

Mehr als heisse Luft, aber mit Vorsicht zu geniessen! Denn nicht alle Lern-Apps sind gleich sinnvoll. Der Experte warnt vor zu viel Bildschirmzeit für Kinder.
Publiziert: 13.08.2018 um 15:48 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2018 um 23:06 Uhr
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Wenn Lehrpersonen die Individualisierung des Unterricht an die Technik delegieren können, bleibt mehr Zeit für den direkten Austausch und Kontakt mit den Kindern.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER
Florentina Walser

Seien es Zahlen, Buchstaben oder auch Koreanisch – mit der passenden App lernt das Kind scheinbar ganz von selbst. Nicht alle der sogenannten Lern-Apps sind aber gleich sinnvoll – wenn nicht schlicht Zeitverschwendung. 

«Man muss genau hinschauen», sagt Psychologe und Lerncoach Fabian Grolimund (39). Zwar sind die gängigen auf dem Markt angebotenen Lern-Spiele grafisch oft sehr schön und liebevoll gestaltet, der wirkliche Lerneffekt hält sich aber in Grenzen. «Wirkliches Lernen ist immer verbunden mit Konzentration und Anstrengung», so Grolimund.

So kann auch die anregendste App die Mühsal des Lernens nicht verstecken. «Der Spass soll zum Lernen dazukommen, das Lernen aber nicht primär Spass machen», meint der Lerncoach. Sogenannte Lern-Apps, die zu bunt und spielerisch sind, lenken vor allem ab und die Kinder verlernen, sich zu konzentrieren. Zudem sei die Annahme vieler Eltern falsch, je mehr Spass, desto mehr lerne das Kind. Lernen mit spassigen Apps führe oft nur dazu, dass das Kind noch mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringt.

Schwierigkeitsgrad dem Kind anpassen

Statt selber nach Apps zu suchen, rät Grolimund, in der Schule nachzufragen, welche Apps am besten zum Schulstoff passen. Besonders sinnvoll seien Apps für die Mathematik oder zum Voci-Lernen, weil da auch gleichaltrige Kinder stark unterschiedlich weit fortgeschritten sein können. So können Kinder zuhause ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen entsprechend üben. Dabei hat die App unendliche Geduld! Sie ist nie genervt, auch wenn fünfmal der gleiche Fehler passiert, es kommt nie ein negativer Kommentar. Dadurch, dass wichtige Gedächtnisprinzien gleich in die App integriert sind, kann sie den Schwierigkeitsgrad dem Kind anpassen, oft falsch Gelöstes wiederholen und so den Lernfortschritt unterstützen.

Zwar können solche Apps den Unterricht ergänzen, die Lehrerinnen und Lehrer ganz ersetzen aber nicht – und das wird auch in Zukunft so bleiben. «Die Lehrperson bleibt das wichtigste. Sie ist die Bezugsperson, die die Kinder inspiriert und zum Lernen anleitet – das kann Technik nicht ersetzen», davon ist Grolimund überzeugt. Wenn die Lehrpersonen die Individualisierung des Unterricht an die Technik delegieren können, bleibt mehr Zeit für Persönliches: den direkten Austausch und Kontakt mit den Kindern.

Für Eltern, die ihre Kinder mit Spielen auf Smartphone oder Tablet auf den Schulstart einstimmen wollen, hat BLICK mit dem Elternmagazin Fritz+Fränzi untenstehende Liste zusammengestellt.

1. Montessori Numberland

Mit der App Numberland können Kinder Zahlen lernen und schreiben üben. Basierend auf der Montessori-Pädagogik werden die Kinder interaktiv in die Zahlenwelt von 0 bis 9 eingeführt.

3 bis 5 Jahre, 5 Franken

2. Peterssons Erfindungen

Bei diesem kniffligen Spiel müssen die Kinder den beliebten Kinderbuchfiguren Petersson und Findus dabei helfen, ihre kuriosen Maschinen zusammenzubauen. Werden die noch unvollständigen Erfindungen mit dem richtigen Gegenstand ergänzt, beginnt die Maschine zu laufen. Das Kind wird so spielerisch zum logischen Denken angeregt und macht erste Erfahrungen mit den Gesetzen der Physik.

6 bis 8 Jahre, 5 Franken, Bundle mit vier Apps für 14 Franken

3. Drawnimal

In der App Drawnimal wird analog und digital kombiniert: Durch das fertig malen von einfachen Tierbildern mit Tieren von A bis Z üben die Kinder gleichzeitig den Umgang mit dem Stift und das ABC.

bis 5 Jahre, 2 Franken 

4. Kami 2

In dieser digitalen Version des chinesischen Gedulds- und Logikpuzzles Tangram müssen Puzzleteile in so wenigen Zügen wie möglich richtig eingefärbt werden. Neben einer beruhigenden Wirkung fördert das Spiel auch die Kreativität, indem eigene Puzzle-Kreationen entworfen udn geteilt werden können.

ab 9 Jahren, gratis

5. Stell die Uhr - Uhr lesen lernen

Mit Stell die Uhr lernen Kinder die Uhr richtig zu stellen, sie zu lesen und digitale Ziffern in Worte zu fassen. Für ältere Kinder besteht die Möglichkeit, auch auf andere Sprachen – zum Beispiel Chinesisch! – die Uhrzeit zu lernen.

6 bis 8 Jahre, 1 Franken

6. Barefoot Weltatlas

Mit dem interaktiven 3D-Globus von Barefoot Weltatlas können die Kinder mit hunderten animierten Elementen die Länder, Kulturen und religionen der Welt entdecken. die Informationen zu den Ländern sind ergänzt mit Fotografien, Illustrationen und Quizfragen.

9 bis 11 Jahre, 5 Franken

7. Schweizer Kantone - Quiz

In drei wählbaren Spielmodi lassen sich alle 26 Kantone der Schweiz lernen, indem Karte, Wappen, Kantonsname und -hauptort verknüpft und einander zugeordnet werden müssen.

ab 9 Jahren, gratis

8. Quizlet

Mit Quizlet können Kinder eigene Karteikarten und Lernsets erstellen oder aus solchen auswählen, die entweder gleich vom Lehrer oder von anderen Schülern hochgeladen wurden. Im Lernen- und Zuordnen-Modus können nicht nur Fremdsprachen-Vokabular, sondern auch Tabellen, Karten, Bilder und Grafiken anderer Schulfächer gelernt und getestet werden.

ab 9 Jahren, gratis

9. FinanceMission Heroes

Im actiongeladenen Lern-Spiel FinanceMission Heroes wird eine Stadt von geldgierigen Robotern belagert. Ziel ist es, durch geschicktes Investieren und clevere Finanzentscheide die Stadt zu befreien und sie vor dem finanziellen Ruin zu retten. Basierend auf dem Lehrplan der Sekundarstufe I üben die Jugendliche spielend den Umgang mit Geld und ihren eigenen Konsumbedürfnissen.

ab 9 Jahren, gratis

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KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

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