Weltmeister-Winzer Martin Donatsch
«Ich arbeite sieben Tage die Woche»

Thomas Donatsch wurde von «Gault Millau» als Ikone des Schweizer Weins betitelt. Sohn Martin trat im Familienbetrieb in grosse Fusstapfen – und füllt sie elegant aus. Blick hat mit dem zweifachen Pinot-Noir-Weltmeister gesprochen.
Publiziert: 04.03.2022 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2022 um 21:17 Uhr
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Die Reben sind im Winterschlaf – Winzer Martin Donatsch nicht.
Foto: Nicola Pitaro
Shirley Amberg

Seit über 125 Jahren sind das Weingut und die Winzerstube «Zum Ochsen» in Malans GR schon im Besitz der Familie Donatsch. Seit fünf Generationen lebt die Familie für den Wein.

Die Philosophie des Familienbetriebes ist es, lagetypische und ehrliche Weine zu produzieren. Den Trends immer einen Schritt voraus, sind sie der Kultur und der Tradition aber stets treu geblieben.

Am Rande der Legalität

Im Jahre 1897 erwarb Urgrossvater Peter Donatsch das Wirtshaus «Zum Ochsen», zusammen mit dem dazugehörigen Landwirtschafts-Betrieb. Sein Urenkel Thomas Donatsch hat in den frühen 70er-Jahren im Schweizer Weinbau viel Pionierarbeit geleistet: Vom Burgund inspiriert, pflanzte er bereits 1975 Chardonnay und Weissburgunder – was damals gesetzlich noch gar nicht erlaubt war.

1983 brachte er die ersten Cabernet Sauvignon Stöcke aus dem Bordelais nach Malans. Er war auch der Erste, der einen «Crémant» nach der Champagnermethode kelterte. Ebenso war er der erste ausserhalb von Frankreich, der mit Barriques experimentierte.

André Noblet, der verstorbene Kellermeister der Domaine de la Romanée-Conti, schenkte seinem Freund Thomas im Jahr 1973 drei gebrauchte «La Tâche»-Fässer – in denen dann der erste «Herrschäftler» nach der klassischen Burgundermethode ausgebaut wurde.

Innovation und Widerstand

Die Bündner hatten zuerst gar keine Freude an den revolutionären Methoden von Thomas Donatsch, wollten ihm gar verbieten, die Ortschaft «Malans» auf die Etikette zu schreiben. Doch liess sich Thomas Donatsch davon nicht beeindrucken – und viele folgten dann seiner innovativen Idee.

Für all dies brauchte es zweifellos Mut – aber natürlich auch önologische Kompetenz und den Erfahrungsaustausch mit befreundeten Weinmachern aus der ganzen Welt.

Heute führt Sohn Martin das Weingut. «Das Schöne ist, dass meine Eltern immer gerne taten, was sie taten. Sie lebten uns Kindern vor, was Leidenschaft für den Beruf bedeutet. Für mich war es darum eigentlich schon sehr früh klar, dass ich in Vaters Fussstapfen treten möchte», erklärt der Winzer seine Berufswahl im Gespräch mit Blick.

Von den Gummistiefeln in den Smoking

Auch Martin Donatsch tut gerne, was er tut: «Winzer zu sein, ist wohl der abwechslungsreichste Job, den es gibt! Ich habe einen landwirtschaftlichen Beruf, stelle aber ein Luxusprodukt her», schwärmt er.

Am einen Tag ist er draussen, schneidet die Reben und kommt mit schwarzen Fingernägeln nach Hause, am nächsten Tag stellt er im Smoking an einem Gala-Dinner seine Weine vor. «Ich arbeite sieben Tage die Woche – weil ich liebe, was ich tue, merke ich das aber gar nicht.»

Nur eine Sache gefält Donatsch an seinem Job nicht: «Traktor fahren! Das mag ich gar nicht! Einen Ölwechsel machen zu müssen, wäre mein absoluter Alptraum!»

Lange kein Export ins Ausland

Das Weingut Donatsch unterhält nach wie vor keinen grossen Marketing-Apparat, sondern setzt auf den persönlichen Kontakt mit den Kunden. Fast 80 Prozent der Weinproduktion geht in die besten Schweizer Restaurants und Hotels.

So kommen die grossen Köche regelmässig persönlich nach Malans, um den Wein abzuholen – geliefert wird nämlich nicht.

Lange Zeit wurden alle Anfragen aus dem Ausland abgelehnt. Donatsch erinnert sich: «Es hat mir jeweils schon etwas weh getan, weltberühmten Häusern wie dem «Burj Al Arab» in Dubai oder dem «Noma» in Kopenhagen abzusagen.»

Nach langem Kampf mit seinen Eltern habe er sie dann aber davon überzeugen können, dem Export ins Ausland eine Chance zu geben.

Mittlerweile sind seine Weine in den besten Restaurants von New York und Boston platziert. Immer wieder sind sie auch in Kalifornien, Hongkong, Singapur und Tokio auf den Weinkarten zu finden.

Internationales Weinwissen und Weltmeister

Das Herz von Martin Donatsch gehört der Bündner Herrschaft – sein Wissen hat er sich aber in der ganzen Welt erarbeitet: Weingüter in Frankreich, Spanien, Südafrika und Australien sind in seinem Lebenslauf aufgelistet.

Der von ihm gekelterte Pinot Noir wurde gleich zweimal Weltmeister. Der Unterschied zwischen einem guten und einem grossen Wein? Auch diese Antwort kommt schnell: «Gute Weine können im Keller vinifiziert werden – wirklich grosse Weine hingegen entstehen im Rebberg.»

Wer ihn live erleben will: Am 3. April 2022 stellt Donatsch im Rahmen des «Matter of Taste» im Zürcher Dolder seine Pinot Noirs aus den letzten 20 Jahren vor.

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