Auf einen Blick
- Professionell Weine verkosten braucht Übung und viel Disziplin
- Gesetzte Verkostungen bieten Ruhe und Konzentration
- Eine gute Planung ermöglicht schnelles Arbeiten
- Ab und zu verzichten Verkoster aufs Zähenputzen
Wer in der Weinbranche arbeitet, verkostet viel. Wir Weinprofis verkosten darum so viel, damit die Regale in den Läden und die Keller der Gastronomie mit Weinen bestückt sind, die schmecken und ein gutes Preis-Genuss-Verhältnis haben.
Manche meinen, unser Job sei ein Zuckerschlecken oder eher ein Hobby. Ist es nicht! Für professionelles Degustieren brauchen Verkoster Planung und Disziplin. Sprüche wie «Morgens um zehn schon einen in der Krone?» oder «Wie steht es denn um deine Leber?», nerven. Fragt lieber nach dem Befinden unseres Zahnschmelzes.
Was auf die Ohren
Publikumsverkostungen sind keine Profiverkostungen. Es sind gesellschaftliche Anlässe. Das Gedränge an den Tischen erschwert konzentriertes Verkosten. Aber zum Netzwerken sind solche Anlässe prima.
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Für Profis gibt es «Gesetzte Verkostungen». Alle haben ihren nummerierten Arbeitsplatz. Die Weine werden in der Reihenfolge ausgeschenkt, die man haben möchte.
In der Regel herrscht Ruhe im Saal. Zu mehr Konzentration verhelfen geräuschunterdrückende Kopfhörer mit passendem Sound, falls der Tischnachbar eine Quasselstrippe ist.
Speed Tasting mit Assistent
Ohne saubere Excellisten auf dem Laptop mit allen Informationen, wie Weinname, Jahrgang, Rebsorte, Lage und Produzent geht es nicht. Nur so können wir im Vorfeld planen, unsere Verkostungsserien zusammenstellen oder Weine markieren, die nochmals getestet werden sollen.
«Ich verkoste pro Tag 280 Weine», sagte mir ein Verkoster stolz. Er arbeitet mit einer Hilfskraft, die seine Bestellzettel organisiert. Zudem verzichtet er auf Verkostungsnotizen und verteilt nur Punkte. Kann man machen, ist aber sinn- und reizlos. Ich möchte wissen, weshalb ich einen Wein besser oder schlechter bewerte, darum gibt es zu jedem verkosteten Wein eine Notiz. Oder eine Fehlermeldung, wie «oxidiert» oder «flüchtige Säure».
Strenge Disziplin
Nach sieben Stunden Verkostung ist der Arbeitstag noch nicht zu Ende. Jetzt wird gemeinsam gegessen oder es werden Weinberge besichtigt. Weitere Produzenten präsentieren weitere Weine, erzählen von ihrer Arbeit und beantworten Fragen. Manche Verkoster arbeiten verbissen weiter: Jeder Wein wird degustiert und jede Flasche fotografiert.
Trinken geht gar nicht
Andere nehmen es lockerer und tauschen sich mit den Kollegen aus aller Welt aus. Wieder andere tun das, was man auf keinen Fall tun sollte: Sie schauen zu tief ins Glas. Wer sich in diesem Umfeld betrunken zum Deppen macht, hat verloren, denn das bleibt nicht unbemerkt. Besonders wenn am nächsten Morgen um 9 Uhr der Platz leer bleibt, obwohl man für dieses Zeitfenster angemeldet ist.
Schutz für den Zahnschmelz
Nach über hundert Weinen pro Tag abends die Zähne zu putzen, ist eine schmerzhafte Prozedur. Alle haben ihr Rezept gegen schmerzenden Zahnschmelz. Extrem weiche Zahnbürsten, Mundspülungen oder eine spezielle Zahnpasta. Es hilft auch, abends auf die Mundhygiene zu verzichten.