Segen und Fluch
Das Wirrwarr von Weinbewertungen

Launen, Moden, Zufälle: das sind immer wieder einige der Ursachen für gute oder schlechte Noten bei Bewertungen. Im Fall von Restaurants und Wein kann ein Urteil oder eine Zahl grosses Glück bringen – oder aber das Todesurteil bedeuten.
Publiziert: 10.05.2022 um 15:52 Uhr
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Aktualisiert: 10.05.2022 um 16:11 Uhr
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Nur weil ein Wein 99 von 100 Punkten erhalten hat, heisst das nicht, dass wir ihn alle lieben werden.
Foto: Shutterstock
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Nur weil ein Wein 99 von 100 Punkten erhalten hat, heisst das nicht, dass wir ihn alle lieben werden.
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Weinbewertungen sind meist eine mehr oder weniger subjektive Zahl. Es bedeutet lediglich, dass jemand, von dem andere behaupten, er kenne sich mit Wein aus, den Wein probiert und nach Aroma, Geschmack und allenfalls Lagerfähigkeit bewertet hat. Die Punkte erzählen aber nicht die Geschichte des Weins.

Nur weil ein Wein 99 von 100 Punkten erhalten hat, heisst das nicht, dass wir ihn alle lieben werden. Darüber hinaus ist es einfach nicht fair, einen Wein auf eine Nummer zu reduzieren.

In einer Flasche Wein stecken viele kleinen Geschichten: Die zu kühlen Frühlingstage, die Eichenfässer, welche ausnahmsweise von einem anderen Lieferanten stammen, der Sohn, der zum ersten Mal im Weinkeller mithalf – all diese Geschichten sind Teil des Weins.

Chaos bei den Weinexperten

Viele Weinkritiken sollte man eigentlich nur unter Vorbehalt zur Veröffentlichung freigeben. Bei einer der wichtigsten Weinpublikation der USA zeigt die «Top 100-Beste-Weine-Liste» nicht die Besten der Besten, sondern die Besten der Billigen an. Das ist im Prinzip total in Ordnung – aber in Anbetracht des Titels doch etwas verwirrend. Es bekommt ja auch nicht das Restaurant mit dem billigsten, sondern das mit dem besten Menü die Punkte und Häubchen.

In Europa hingegen sind die Übereinstimmungen der Weinkritiker fast schon verdächtig. Und es fehlen, zumindest für meinen Geschmack, verständliche und nachvollziehbare Begründungen.

Ein kleines Geheimnis

Unter uns: In den letzten zwölf Jahren habe ich an einigen Blind-Verkostungen teilgenommen und Weine bewertet. Es kam mehr als nur einmal vor, dass Kollegen ihre bereits abgegebenen Bewertungen zurückverlangten, als die Weine aufgedeckt wurden und sie merkten, dass sie die teuren, berühmten Weine schlechter als die unbekannten, günstigeren bewertet haben. Dies dürfte einer der Gründe dafür sein, warum die Weinkritiken oftmals übereinstimmen.

Niemand kann besser wissen, was einem schmeckt, als man selber. Die Bewertungen von Wein sind offen für individuelle Interpretationen und können in dem Sinne gut als Richtlinie oder Wegweiser für den Vergleich ähnlicher Weine verwendet werden. Obacht! Es werden bei Weitem nicht alle Weine bewertet. Eine fehlende Punktzahl bedeutet also keineswegs einen Mangel an Qualität.

Über Blick-Wein-Redaktorin Shirley Amberg

Shirley Amberg schreibt seit September 2021 für den Wein-Channel von Blick.ch. Ihre Karriere begann auf der Bank. Weil es ihr da zu eintönig wurde, machte sie ihre Leidenschaft für Wein zum Beruf und liess sich zur Sommelière ausbilden. Die Mutter von zwei Kindern ist nun seit rund 15 Jahren in der Welt der Weine zu Hause und beantwortet hier im Blick eure Fragen rund um das Thema Wein – von Assemblage bis Zapfen.

Shirley Amberg schreibt seit September 2021 für den Wein-Channel von Blick.ch. Ihre Karriere begann auf der Bank. Weil es ihr da zu eintönig wurde, machte sie ihre Leidenschaft für Wein zum Beruf und liess sich zur Sommelière ausbilden. Die Mutter von zwei Kindern ist nun seit rund 15 Jahren in der Welt der Weine zu Hause und beantwortet hier im Blick eure Fragen rund um das Thema Wein – von Assemblage bis Zapfen.

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