Champagner und Säbel: Zwei Dinge, die man eigentlich nicht miteinander kombinieren sollte. Ausser, einem fehlt es an Kraft in den Händen.
«Champagner! Beim Sieg verdiene ich ihn, bei Niederlagen brauche ich ihn!» Dieses Zitat von Napoleon stammt vermutlich von 1815, als seine Armeen ihre letzte Schlacht bei Waterloo verloren. Vielleicht war es aber auch irgendwo in einer eiskalten Ruine ausserhalb von Moskau, als dieses Zitat geboren wurde. Mit Hunderttausenden Soldaten, die getötet oder gefangen genommen wurden, wäre dies sicherlich die Art von Niederlage gewesen, bei der ein Mann Champagner «brauchte». Und Champagner war – trotz all der verbrannten Erde – reichlich verfügbar.
Wir werden nicht weiter in die Politik der Französischen Revolution eintauchen, aber eines ist sicher: Das Leben und die Trinkgewohnheiten der Aristokraten hat sich ziemlich verändert, als unter Louis XVI und Marie Antoinette die Köpfe rollten. Die Schreckensherrschaft wich schliesslich dem neuen französischen Kaiserreich Napoleons.
Prickelnde Verbindungen
In dieser gefährlichen Umgebung finden wir Mademoiselle Barbe-Nicole Ponsardin. Die Tochter einer wohlhabenden aristokratischen Familie, die Verbindungen zu Napoleon hatte, heiratete Monsiuer François Clicquot, als sie 21 Jahre alt war.
Die Familie von François Clicquot war an einer Reihe von Unternehmen beteiligt, darunter auch an der Herstellung von Champagner. Als er sechs Jahre nach der Hochzeit verstarb, übernahm Madame Clicquot, heute bekannt unter dem Namen Veuve (Witwe) Clicquot, die Kontrolle über das Unternehmen. Nach vielen Diskussionen mit ihrem Schwiegervater erlaubte er es ihr, sich ausschliesslich auf die Produktion von Champagner zu konzentrieren. Diese Entscheidung erwies sich als Glücksfall, denn Barbe-Nicole entpuppte sich als begnadete Winzerin – auch wenn es einige Jahre dauerte, bis sie wirklichen Erfolg hatte.
Als Napoleons Soldaten durch die Champagne ritten, fanden sie also diese wohlhabende junge Witwe, die ihr eigenes Champagnergeschäft führte. Die Offiziere, die hofften, der reichen jungen Witwe aufzufallen, zückten also ihre Säbel und schlugen die Verschlüsse der Flaschen hoch zu Ross mit einem kräftigen Hieb ab. Madame Clicquot war dadurch allerdings nicht zu beeindrucken.
Bruderschaft zelebriert das Sabrieren von Champagner
Doch gibt es Menschen, die von der Kunst des Säbelns durchaus fasziniert sind: Die Bruderschaft «Confrérie du Sabre d’Or» wurde 1986 gegründet und zählt über 200'000 Mitglieder aus der ganzen Welt. Sie treffen sich in regelmässigen Abständen auf internationalen Veranstaltungen, um das Sabrieren des Champagners zu zelebrieren.
Zum Glück ist die Freude am Entkorken einer Flasche Champagner nicht nur dieser Bruderschaft oder dem französischen Militär vorbehalten. Das Beste: Es braucht nicht einmal einen Säbel dazu, ein grosses Küchenmesser reicht allemal. Und es ist viel einfacher, als es aussieht!
Sabrage: Schritt für Schritt erklärt
Als Erstes ist es wichtig, darauf zu achten, dass keine Personen in der Flugrichtung des Korkens stehen. Die Champagnerflasche steht unter Druck – er kann darum mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h aus dem Flaschenhals schiessen und bis zu 20 Meter weit fliegen.
Ausserdem sollte der Champagner gut gekühlt sein: Zum einen natürlich, damit er gleich getrunken werden kann, aber auch, damit der Champagner nicht zu sehr schäumt. Zu kalt darf er allerdings auch nicht sein, da sonst die Gefahr besteht, dass die ganze Flasche zersplittert (ja, es ist nicht ganz ungefährlich). Eine Temperatur von 7 Grad Celsius gilt als ideal. Obacht! Oft ist eine gekühlte Flasche wegen des Kondenswassers ein bisschen glitschig und lässt sich deswegen nicht so gut halten. Trocknen Sie die Flasche vor dem Säbeln unbedingt ab.
Die Flasche sollte immer so gehalten werden, dass der Flaschenhals vom «Sabreur» weg zeigt und auf niemanden direkt zielt. Die Champagnerflasche sollte dabei mit weit ausgestrecktem Arm gehalten werden und der Flaschenhals zeigt dabei leicht nach oben.
Nun wird die Messerklinge in einem Winkel von ungefähr 20 Grad oberhalb des Etiketts, also dort, wo sich die Flasche verschmälert, auf die Flasche gelegt (angeblich bringt es Unglück, wenn das Etikett beim Sabrieren beschädigt wird).
Jetzt wird das Messer schwungvoll und mit einer einzigen fliessenden Bewegung entlang der Flasche Richtung Flaschenhals geführt. Wichtig ist, den Flaschenhals an der Stelle zu treffen, wo die Längsnaht der Flasche in die «Wulst» übergeht, denn dort befindet sich der schwächste Punkt der Flasche. Die Kraft der Kohlensäure in der Flasche erzeugt einen so starken Druck, dass das Säbeln einen sauberen Bruch bewirkt, den Korken von der Flasche wegschleudert und keine Glasscherben im Champagner zurücklässt. Der Champagner kann also bedenkenlos getrunken werden.
Die Sabrage sollte vielleicht eine Erinnerung daran sein, dass Wein nicht verklemmt, stickig oder kostbar sein muss. Wein – insbesondere Schaumwein – ist eine Freude, und das Säbeln bringt zusätzlichen Spass und eine gewisse Leichtigkeit hinein. Behalten Sie das für den Silvesterabend im Hinterkopf. Aber bitte probieren Sie das Säbeln mit Ihrer ersten Flasche aus – nicht mit der letzten!
In Frankreich ist es üblich, den abgesäbelten Flaschenkopf mit dem Datum der Öffnung zu beschriften und als Glücksbringer aufzuheben. Bonne chance!