Es gibt Weine, die surfen ewig auf der Welle ihres guten Rufs: Bordeaux, Burgund, Barolo, Brunello, die grossen Bs der Weinwelt.
Es gibt Weine, die ihren fragwürdigen Ruf hinter sich lassen und auf Premium setzen. Prosecco und Südtiroler Vernatsch zum Beispiel. Und es gibt jene, die an ihrem schlechten Ruf kleben wie Motten an der Leimfalle. Das ist Lambrusco.
Bitte mehr trockenen Lambrusco
«Klebrig-süsser Sprudel» ist noch die freundlichste Umschreibung derjenigen, die sich hauptsächlich an höllische Kater erinnern.
Heute, nach ein paar Gläsern Lambrusco secco oder brut, in den Varianten Hellrot oder Dunkelpurpur, mit Noten von reifen Himbeeren, roten Johannisbeeren und Cranberries, mit einer den Gaumen klärenden Säure und leicht salzigem Abgang, lechzen die Klebrig-süsser-Sprudel-Menschen auf einmal nach mehr.
Massenwein zu tiefen Preisen
Dass Lambrusco sein mieses Image nicht so recht loswird, hat verschiedene Gründe. 200 Millionen Flaschen sollen jährlich produziert werden. Er ist der Wein mit dem tiefsten Preis in den Exportmärkten. Vielleicht sind es auch die Rebsorten, die Lambrusco di Sorbara oder Lambrusco Grasparossa heissen und von gezähmten Wildreben (vitis labrusca) abstammen sollen.
Auch die Gegend, wo er wächst, ist flach, ländlich, unspektakulär. Nur der Herbst macht aus den Weingärten ein Farbenmeer. Aber: Lambrusco wird auf der Genuss-Achse Bologna, Modena, Parma produziert, dort, wo Italien am verfressensten ist.
Pasta, Prosciutto crudo und Mortadella
Hier ist die Heimat von Wurstspezialitäten wie Mortadella und Cotechino, hier reifen riesige Laibe Parmigiano Reggiano und es hängen sorgfältig gesalzene Schinken in den luftigen Speichern von Parma. Man schwelgt in Teigwaren und gönnt sich als Snack ein dick mit Mortadella belegtes Gnocco fritto, ausgebacken in Schmalz, nicht in Olivenöl.
Zu all diesen Spezialitäten passt nichts besser als Lambrusco. Klassischer Lambrusco wird als Frizzante ausgebaut. Der Zucker für die zweite Gärung stammt aus der Traube, der Druck liegt bei maximal 2,5 bar. Ideal für die Sorte Grasparossa, die mehr Tannin hat. Je höher der Druck, desto mehr dominiert das Tannin.
Ideale Säure für Spumante
Die säurereiche Sorte Sorbara ist gut für die Produktion von Spumante geeignet. Die zweite Gärung erfolgt im Tank, doch immer mehr Produzenten arbeiten mit klassischer Flaschengärung.
Egal ob Lambrusco di Grasparossa secco oder Lambrusco di Sorbara brut: Der Alkoholgehalt der fröhlichen Schäumer liegt bei maximal 11,5 Volumenprozent.
Jetzt weisst du Bescheid. Und es stellt sich die Frage, was du an diesen letzten lauen Abenden trinken möchtest? Wieder einen Spritz aus süssem Alkohol mit Orangenscheibe und schwarzem Trinkhalm oder einen gespritzten Weissen mit Zitrone? Oder verlierst du wie ich das Herz an Lambrusco?