Das Naturwein-Phänomen gibt weiterhin zu reden. Während die einen auf die hippen Weine schwören, sehen andere darin lediglich einen Marketing-Trick, um mehr Geld für eine Flasche Wein zu verlangen. Fakt ist aber, dass es in Schweizer Städten wie Bern, Genf oder Zürich mittlerweile Restaurants und Weinbars gibt, die nur noch sogenannte Naturweine ausschenken.
Dabei ist der Begriff des Naturweins mit einem Problem behaftet: Er ist nicht klar definiert. Viele Winzerinnen und Winzer, die ihre Weine als Naturweine deklarieren, lehnen moderne Eingriffe wie das Schwefeln oder eine temperaturkontrollierte Gärung zugunsten handwerklicher Praktiken aus der Vergangenheit ab. Wein, so die Idee, soll mit möglichst wenigen Eingriffen hergestellt werden.
Naturweine im Fokus
Für Naturweine werden häufig biologisch oder biodynamisch angebaute Trauben verwendet. Weiter verwenden viele Weingüter von sogenannten Naturweinen nur natürliche Umgebungshefen und unterlassen jegliche Zugabe von Schwefel oder anderen Zusatzstoffen. Die Gärung und Reifung findet oftmals in altertümlichen Gefässen wie Amphoren statt und die Abfüllung erfolgt ungefiltert.
Mehr zum Thema Wein
Der Verzicht auf zugesetzten Schwefel erhöht jedoch das Risiko für fehlerhafte Flaschen. Ohne beigefügten Schwefel steigt im Wein die Gefahr für unerwünschte Keime, die Schwefel abgetötet hätte. Da rote Weine von Natur aus mehr Antioxidantien haben als weisse, ist das Risiko von fehlerhaften Flaschen bei weissen Naturweinen deshalb höher.
Führende Weinanbauländer wie Frankreich oder Italien haben mittlerweile nationale Zertifizierungen für Naturweine ins Leben gerufen, um die Herstellungsmethoden genauer einzugrenzen. Weingüter mit Naturweinen im Sortiment bleibt es aber selbst überlassen, ob sie sich diesen Regeln anschliessen möchten, oder den Begriff des Naturweins weiterhin eigenständig interpretieren.
Oftmals nur kleine Mengen
Verfechterinnen und Verfechter von Naturweinen behaupten oft, dass der bestmögliche Ausdruck eines Terroirs nur mit ihren Methoden erreicht werden kann. Diese Behauptung ist allerdings gewagt, da ein solcher Ausdruck Ansichtssache ist. Was die Trinkqualität anbelangt, so ist die Bandbreite bei Naturweinen ähnlich wie diejenige von konventionell hergestellten Weinen, also von miserabel bis sensationell.
Weisse Naturweine sollten nach der Lancierung relativ rasch getrunken werden, während bei manchen roten Naturweinen ein gewisses Lagerpotenzial bestehen kann. Ebenso wichtig ist das Einhalten der Kühlkette vom Kauf bis nach Hause, um einem frühzeitigen Verderb entgegenzuwirken. Da viele Naturweine nur in kleinen Mengen abgefüllt werden, bewegen sie sich preislich oft im mittleren oder oberen Segment.