Der Kana-Effekt
Ist die Zugabe von Wasser bei der Weinherstellung erlaubt?

Heisse Sommer und zu wenig Wasser konzentrieren den Zuckergehalt in den Trauben dermassen, dass die Weinqualität darunter leidet. Darum wird in den USA und in Australien das praktiziert, was in Europa verboten ist: Dem Most wird Wasser zugesetzt.
Publiziert: 09.09.2024 um 13:59 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2024 um 07:24 Uhr
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Im Herbst wird der Zuckergehalt der Trauben regelmässig gemessen. Mit dem Klimawandel hat sich auch das Qualitätsbild gewandelt. Heute können zu viele Oechsle-Grade Probleme bei der Gärung machen.
Foto: Shutterstock

Auf einen Blick

  • Heisse, trockene Jahre erschweren die Weinproduktion
  • Zu viel Zucker kann die alkoholische Gärung erschweren
  • Australien erlaubt darum seit 2017 Wasserzusatz im Traubenmost
  • Auch in den USA ist das sog. watering down erlaubt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ursula GeigerRedaktorin Wein

Waren früher die Weinlagen am Südhang das Nonplusultra für die Weinproduzenten, können heisse, trockene Lagen heute zur Hypothek in der Weinbereitung werden.

Knallt die Sonne auf die Rebberge und fehlt es an Wasser, gibt es Probleme: Die Zuckerwerte steigen, die Säure sinkt ins Bodenlose und die Beeren vertrocknen. Dann verleiht die Alkoholfülle den Weinen so viel Power, dass der Trinkspass verloren geht.

Hefen streiken bei zu viel Zucker

Je höher die Zuckerkonzentration im Most, desto schwerer fällt es den Hefen, allen Zucker in Alkohol umzuwandeln. Es kann zu Gärstopps und in Folge zu Weinfehlern kommen. Und Weine mit 15 bis 16 Volumenprozent kommen dem Trend zu leichteren Weinen nicht gerade entgegen.

In Australien reagierte man auf die Problematik im Jahr 2017 und erlaubte den Zusatz von Wasser im Traubenmost. Korrigiert werden darf auf 14,2 Volumenprozent potenziellen Alkohol, was 102,9 Öchsle-Grade entspricht.

Jesus-Units und Black Snake Fining

Auch in Kalifornien wird diese Technik angewandt, wobei Weine für den Heimatmarkt stärker verdünnt werden dürfen, als jene für den Export. Grosse Kellereien leisten sich Geräte, um den Zuckerüberschuss aus dem Most zu extrahieren.

Für kleinere, weniger finanzkräftige Produzenten bleibt oft nur die «Schwarze Schlange» aka Wasserschlauch, um mit «Jesus-Units» den Alkoholgehalt zu verringern. «Jesus-Units» sind eine Anspielung auf die Hochzeit von Kana, an der Jesus Wasser in Wein verwandelte. Dieser Zusatz von Wasser zum Most muss nicht auf dem Etikett deklariert werden.

Kein Kana-Effekt für europäische Winzer

Ein Gesetz, das die Verdünnung von zu konzentrierte Mosten mit Wasser erlauben würde, ist in Europa nicht in Sicht. Hier setzt man auf Massnahmen im Rebberg wie Beschattung und Bewässerung, wenn Trockenheit die Beeren schrumpfen lässt.


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