Busse für Schwänzer polarisiert
Restaurants haben Angst, ihre Gäste zu vergraulen

Immer mehr Leute schwänzen ihre Reservierung – am häufigsten in der Stadt Zürich. Deshalb können Restaurants jetzt eine Busse verlangen, wenn Tische leer bleiben. Die Massnahme spaltet die Gastroszene in zwei Lager.
Publiziert: 27.01.2023 um 19:32 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2023 um 11:17 Uhr
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Bequem via Smartphone oder Laptop: Noch nie war es so einfach, einen Tisch zu reservieren.
Foto: Zug
Jana Giger

Das Restaurant auswählen, mit wenigen Klicks online einen Tisch reservieren – und dann doch nicht auftauchen. Die Gastrobranche in der Schweiz kämpft mit Gästen, die nicht erscheinen, ohne Bescheid zu geben. Sogenannte No Shows haben sich seit der Corona-Pandemie verfünffacht (Blick berichtete). Lunchgate, der grösste Anbieter von Online-Buchungssystemen in der Deutschschweiz, hat das Problem nun genauer analysiert und Ende Januar die Ergebnisse veröffentlicht:

  • In den Städten Zürich, Luzern, Basel und Bern sind die No-Show-Raten am höchsten
  • Restaurants registrieren am Wochenende die meisten No Shows
  • Nach 20 Uhr kommt es am häufigsten zu No Shows
  • Bei Gästen, die zum ersten Mal in einem bestimmten Restaurant reservieren, ist das No-Show-Risiko doppelt so hoch wie bei wiederkehrenden Gästen

Gastronomen verlangen eine Lösung

Für die Restaurants seien diese Zahlen frustrierend und würden zu finanziellen Schwierigkeiten führen, teilt Lunchgate mit. Geschäftsführer Yves Latour (45) sagt zu Blick: «Jeden Tag melden sich Gastronomen bei uns, um zu fragen, ob wir eine Lösung dafür haben.» Bisher konnte Lunchgate im System Gäste sperren, die bereits mehrmals geschwänzt hatten. Das reicht aber offenbar nicht, um für mehr Verbindlichkeit zu sorgen.

Deshalb bietet Lunchgate jetzt eine neue Möglichkeit an: Bussen für Schwänzer. Mit dem Service «Foratable Pay» können Gastronomen ab sofort bei der Reservation die Kreditkartendaten ihrer Gäste verlangen. Wenn diese, ohne vorher abzusagen, nicht auftauchen, kann eine Gebühr abgebucht werden. Das Restaurant muss die Gäste beim Reservierungsprozess darüber informieren.

Gäste verpflichten oder abschrecken?

Ob sie diese Möglichkeit nutzen wollen und wie hoch die Busse sein soll, ist den Betrieben selbst überlassen. Einen Höchstbetrag gibt es nicht. Die Gebühr kann auch nur zu bestimmten Zeiten, für bestimmte Gruppengrössen oder ausschliesslich bei neuen Gästen verlangt werden.

«Mit dem neuen Service möchten wir zu einem Paradigmenwechsel in der Gastroszene beitragen», sagt Latour. In der Gastrobranche sind die Meinungen gespalten, wie eine Lunchgate-Umfrage unter 352 Gastrobetrieben zeigt. Rund 30 Prozent wollen die Kreditkarten-Option einführen. Etwa gleich viele sind dagegen, weil sie Angst haben, ihre Gäste zu verärgern oder ganz zu verlieren. Sieben Prozent der Gastronomen sind unentschlossen.

Gastrosuisse schreibt auf Anfrage von Blick, dass sich die Restaurants bisher eher zurückhaltend gezeigt hätten, wenn es um konkrete Massnahmen gegen No Shows gegangen sei: «Die Restaurateure verstehen sich zu sehr als Gastgeber und wollen Gäste mit solchen Konsequenzen nicht abschrecken.» Die optionale Lösung mit der Busse polarisiert. Ob sich die Leute damit mehr verpflichtet fühlen, wird sich zeigen.

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