Mit einem nassen Wattepad reinigt die Mutter ihrer kleinen Tochter das Gesicht. Dann nimmt sie sogenannte «Ice Globes» – eiskalte Kugeln aus Glas oder Plastik – und rollt ihrer Tochter damit von den Mundwinkeln über die Wangen bis zu den Ohren. Das soll beruhigend sein und Schwellungen lindern. Doch die Haut wird dabei in alle Richtungen gezogen, und das kleine Mädchen sieht alles andere als entspannt aus.
Auf Tiktok häufen sich Videos, in denen Mütter Schritt für Schritt zeigen, wie sie die Haut ihrer Babys und Kleinkinder pflegen. Das Drücken, Streichen und Ziehen wirkt grob und fast wie eine Tortur. Auch Valérie Enderlin, Leiterin des Haut- und Laserzentrums Decamed in Zürich, findet die Behandlungen unsinnig. «Vor allem die Massage mit Eis ist übertrieben», sagt die Ärztin. «Kalte Gegenstände können beim Zahnen schmerzende Stellen im Mund lindern, aber auf der Haut sind sie zu viel des Guten.»
Zu viele Produkte schädigen die Hautbarriere
Was die Mütter womöglich gut meinen, ist eher kontraproduktiv: Da die Haut von Babys und Kindern viel dünner ist als jene von Erwachsenen, kann eine intensive und übertriebene Gesichtspflege laut der Expertin sogar schädlich sein für die Hautschutzbarriere – das ist die oberste Schicht der Epidermis, die wie ein natürlicher Schutz schlechte Bakterien oder Allergene bekämpft.
«Grundsätzlich braucht gesunde Babyhaut keine spezielle Behandlung», sagt Enderlin. Das Gesicht müsse nicht mit Wattepads und irgendwelchen Produkten gereinigt werden.
Die richtige Baby-Pflege ist simpel
Die Expertin empfiehlt rund jeden zweiten Tag ein lauwarmes Bad mit etwas Mandelöl. Eincremen sei nicht unbedingt nötig. Ausser bei Kindern, die zu Hautkrankheiten wie Ekzemen neigen. «Im Winter ist es zudem sinnvoll, vor langen Spaziergängen an der kalten Luft die Wangen mit einer Fettcreme zu schützen.» Gut verträglich seien Cremes mit Inhaltsstoffen wie Ceramiden, Glycerin, Zink oder Mandelöl.
Auf gewisse Zusatzstoffe wie antibakterielle Substanzen oder bestimmte Konservierungsmittel sollte verzichtet werden, sagt die Dermatologin. «Auch parfümierte Cremes sind unnötig und können die Haut reizen oder sogar Allergien auslösen.» Bei der Pflege von Baby- und Kinderhaut gilt also: Weniger ist eindeutig mehr.