«Kinder begrüssen mich mit einem riesigen Lächeln – das liebe ich!»
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Lidija ist endlich glücklich:«Kinder begrüssen mich mit einem riesigen Lächeln – das liebe ich!»

Auch ein schwieriges Jahr kann positiv enden – Lidija Marković (36) ist ihrer Lebenskrise davongefahren
«Das Velo hat mich gerettet»

Lidija Markovic eröffnete dieses Jahr den ersten Veloladen für Kinder der Deutschschweiz. Damit endete ein langer Weg, der mit einer Lebenskrise begonnen hatte.
Publiziert: 29.12.2022 um 00:41 Uhr
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Aktualisiert: 29.12.2022 um 10:00 Uhr
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Lidija Markovic (36) war bis vor kurzem noch im Gastro- und Kulturbereich tätig. Wegen eines Misserfolgs stürzte sie in eine Krise.
Foto: Thomas Meier
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Jonas DreyfusService-Team

Das schönste Gefühl sei, wenn Kinder von aussen an die Scheibe klopfen, um ihr Hallo zu sagen, sagt Lidija Markovic (36). Das sei ein Beweis dafür, dass sie den Besuch hier in guter Erinnerung haben. «Vielleicht liegt es auch am Popcorn, das sie von mir kriegen.»

Markovic steht im Kinderveloladen Wheely Pop im Zürcher Kreis 5 – dem ersten seiner Art in der Deutschschweiz. Es sieht hier ganz anders aus als in einem Bike-Shop für Erwachsene. Farben wie Rosa und Knallgelb dominieren, die Helme sind mit Blümchen verziert, die Räder einiger der Scooter und Trottinetts, die auf den Regalen stehen, blinken beim Fahren wie amerikanische Weihnachtsbeleuchtung.

Seit der Eröffnung im Frühjahr arbeitet Markovic – ihre Freunde nennen sie Li – von Dienstag bis Samstag in dieser kunterbunten Welt. Davor sah es in ihrem Leben eine Zeit lang düster aus.

An einem Tag um den Zürichsee

Ausschlaggebend war ein beruflicher Misserfolg. Markovic, die nach vielen Jahren im Detailhandel in die Gastro- und Kulturbranche eingestiegen war, hatte 2018 mit anderen eine Bar übernommen. Vieles lief im Team nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Nach wenigen Monaten war schon wieder Schluss. «Ich habe viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt und war von einem Tag auf den anderen arbeitslos.» Sie fiel in ein tiefes Loch, hatte Panikattacken. «Das erste Mal in meinem Leben wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich eigentlich machen möchte.»

«Das Velo hat mich in diesem Moment gerettet», sagt Markovic. Sie hatte immer ein Faible für dieses Fahrzeug und entdeckte es als Sportgerät, mit dessen Hilfe sie den Kopf lüften konnte. Sie hatte die Idee, Velokurierin zu werden. Sie kaufte sich auf Ricardo ein günstiges Rennmodell und begann zu trainieren. Zuerst fuhr sie an einem Tag einmal um den Zürichsee, später drei Tage lang in die Ferien im Piemont. «Am letzten Tag war ich so erschöpft war, dass ich versehentlich in eine Leitplanke fuhr.»

Reparieren mithilfe von Youtube

Zweimal bewarb sie sich erfolglos als Kurierin. Wie anstrengend dieser Job sei, habe sie damals noch nicht gewusst. «Das hat man meiner Bewerbung wohl angemerkt.» Erst als sie nach dem zweiten Versuch ein beleidigtes E-Mail schrieb, klappte es mit der Anstellung.

Zwei Jahre lang brachte Markovic von da an bei jedem Wetter in Zürich Ware von A nach B. Weil sie sich die vielen Reparaturen, die an ihrem Bike anfielen, nicht leisten konnte, begann sie, mithilfe von Youtube-Tutorials so viel wie möglich selbst zu flicken. Irgendwann war sie genügend versiert, dass sie sich als Quereinsteigerin bei einem grossen Veloladen in Zürich bewarb und eine Stelle erhielt. Sie arbeitete im Verkauf und montierte neue Fahrzeuge zusammen. Zudem betreute sie den Bereich Kindervelos.

Die Generalprobe stehe noch bevor

In dieser Zeit habe sie gemerkt, wie gross die Nachfrage in diesem Bereich ist, und wie sehr Eltern darauf auf Beratung angewiesen sind, sagt Markovic. Sie stiess im Internet auf die Anzeige der Besitzerin des Kinderkleiderladens, der sich damals hier befand und einen Nachfolgemieter suchte. Markovic erhielt den Zuschlag und beschloss, sich mithilfe ihrer Freundin, die ihr schon während der Krise zur Seite gestanden hatte, selbständig zu machen. Am 10. März war es so weit: Wheely Pop eröffnete.

Corona war zu diesem Zeitpunkt kein grosses Thema mehr, doch der Veloboom, den die Pandemie ausgelöst hatte, weiterhin spürbar. Leider führten Lieferengpässe dazu, dass Markovics Laden den Sommer über nur halb so voll mit Ware war wie jetzt, im Winter. Kommenden Frühling, wenn die Menschen wieder Velos kaufen, wird hier hoffentlich das Geschäft brummen, sagt sie. «Wahrscheinlich gibt es gerade niemand, der sich so auf den Frühling freut wie ich.»

Happy End!

Das vergangene Jahr war von den Folgen der Pandemie und vom Ukrainekrieg überschattet – doch viele von uns erlebten glückliche Momente. In einer dreiteiligen Serie sprechen wir mit Menschen, die im Jahr 2022 grosse Projekte zu Ende gebracht haben.

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