Vergangenheit holt den Detailhändler ein
Coop hatte bereits Zoff mit dem Arbeitsgesetz

Manipulierte Arbeitspläne, gestrichene Pausen, zu viele Überstunden: Um Personalkosten zu sparen, hat Coop schon diverse Konflikte mit dem Arbeitsgesetz riskiert. Und musste Fehler reinräumen.
Publiziert: 27.01.2020 um 23:18 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2021 um 22:07 Uhr
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Zentrale von Coop in Basel: Das Unternehmen wurde 2014 von Recherchen aufgerüttelt und musste Missachtung von Arbeitsgesetzen eingestehen.
Foto: Keystone
Marc Iseli

Coop und das Arbeitsgesetz – eine leidvolle Beziehung. Vor sechs Jahren stand der Detailhandelskonzern bereits wegen zahlreichen Gesetzesverstössen am Pranger. Vorgesetzte zwangen ihre Angestellten zu massiven Überstunden. Pausen wurden gestrichen, Arbeitspläne manipuliert, wie der «Kassensturz» berichtete.

Coop räumte daraufhin auf, entliess säumige Angestellte und gelobte Besserung. Dennoch kommt es immer noch zu teilweise massiven Verstössen gegen das Arbeitsgesetz.

Insbesondere in den umsatzstarken Monaten steigt die Zahl der Angestellten, die deutlich mehr arbeiten, als das Gesetz eigentlich erlaubt. Der Verdacht liegt nahe, dass Coop die saisonalen Schwankungen immer noch auf die Mitarbeiter abschiebt. Dass in gewissen Monaten Minusstunden gesammelt werden, welche dann kompensiert werden müssen, sobald die Kunden den Laden stürmen.

Coop hat laut Sprecherin gehandelt

Coop-Sprecherin Andrea Bergmann sagt aber, der Detailhandelskonzern habe in dieser Sache nicht nur Besserung gelobt. Er habe auch gehandelt. «Wir haben 2014 sehr genaue Kontrollen eingeführt und sind seither bei den Verstössen auf einem sehr tiefen Niveau», so Bergmann.

Genaue Zahlen liefert sie zwar nicht, aber Bergmann betont: Die Filialleiter seien sensibilisiert für das Thema und für alle anderen Aspekte des Arbeitsgesetzes. Sollte es trotzdem zu einer auffälligen Häufung von Gesetzesverstössen kommen, müssen sich die Filialleiter demnächst in der Zentrale verantworten.

Unterdotierte Behörden

Reicht das? Für die Durchsetzung des Arbeitsgesetzes sind die Kantone verantwortlich. Genauer: die kantonalen Arbeitsinspektorate. Das Problem: Die Behörden sind massiv unterdotiert. In der Regel arbeiten nur einige wenige Personen im Arbeitsinspektorat. Sie müssen Zehntausende Betriebe kontrollieren.

Kommt dazu: Kaum ein Gesetz wird häufiger gebrochen als das Arbeitsgesetz, wie Arbeitsrecht-Experte Thomas Geiser (67) sagt. Die Regeln gelten vielen als zu starr. Laut Gesetz dürfen viele Arbeitnehmer im Prinzip höchstens 45 Stunden pro Woche arbeiten. Die maximale Überzeit beträgt 2 Stunden pro Tag, ausser an arbeitsfreien Tagen. Und Sonntagsarbeit ist grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind zwar erlaubt, doch die Regeln sind kompliziert. Sie erlauben aber bei Bedarf ohne weiteres eine 60-Stunden-Woche.

Politik strebt Lockerung an

Trotzdem gibt es seit einiger Zeit politische Bestrebungen, mehr Flexibilität in die Starrheit zu bringen. Zuletzt kümmerte sich die Wirtschaftskommission des Ständerats um das Thema. Sie fordert: Betroffene sollen die Arbeitszeiten flexibler über das Jahr verteilen können. Arbeitswochen von über 45 Stunden sollen einfacher möglich werden.

Treiber der Reform ist vor allem eine Allianz von Branchen wie Treuhand, Wirtschaftsprüfung, Informatik und Beratung. Der Widerstand gegen die Idee ist aber gross.

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