Was reizte Sie an dieser Geschichte?
Miklós Gimes: Erst dachte ich, das sei nichts für mich. Als ich 2015 von der Geschichte hörte, war der Missbrauch in der Kirche ein grosses Thema. Überall wurden Skandale aufgedeckt. Ich wollte keinen x-Beitrag zu dieser Diskussion. Aber als ich die Geschwister traf und alle gemeinsam um einen Tisch sassen, wurde mir klar, dass ich noch andere Dimensionen zeigen kann. Die Geschwister sehen alle sehr verschieden aus, sind aber alle verbunden. Stück für Stück dringen sie in die Vergangenheit ihrer Eltern vor.
In die Schweiz der 50er- und 60er-Jahre.
Ihre Geschichte zeigt die sexuelle Not dieser Zeit. Die sexuelle Befreiung war schon angelaufen, aber es gab noch keine Pille. Dies führte zu vielen unehelichen Kindern. Die man verschwieg oder zur Adoption freigab. Die Gesellschaft war nicht parat.
Was war das Schwierigste beim Film?
Das Eingrenzen. Diese Familiengeschichten haben so viele Aspekte, es gibt so viele Seitengeschichten. Ich habe mich immer wieder verloren und dadurch auch viel Zeit. Aber die Geschichte ist noch nicht ausrecherchiert. Hatte Ebnöther noch mehr Kinder? Wir haben die klammheimliche Hoffnung, dass sich durch den Film noch jemand meldet.
Der Film «Unser Vater» von Miklós Gimes kommt am 6. April ins Kino. Davor gibt es ab dem 2. April eine Reihe von Vorpremieren und Podiumsgesprächen mit den Protagonisten und Gästen in Bern, Chur, Einsiedeln, Thun, Luzern, Zug und Zürich. In Chur etwa wird Bischof Joseph Maria Bonnemain und Karin Iten, Fachfrau zur Prävention von Machtmissbrauch des Bistums, anwesend sein. Regisseur Gimes hörte von einem Kollegen von der Geschichte. Es war Lisbeth Binder (72), die ihre Geschichte erzählte und den Film initiierte. Viel mehr als die Sexualmoral der katholischen Kirche interessierten den Regisseur die Protagonisten, die bereit waren, vor der Kamera über Dinge zu sprechen, die man lieber meidet – über Familienangelegenheiten.
Mehr Infos auf www.unservater.ch
Der Film «Unser Vater» von Miklós Gimes kommt am 6. April ins Kino. Davor gibt es ab dem 2. April eine Reihe von Vorpremieren und Podiumsgesprächen mit den Protagonisten und Gästen in Bern, Chur, Einsiedeln, Thun, Luzern, Zug und Zürich. In Chur etwa wird Bischof Joseph Maria Bonnemain und Karin Iten, Fachfrau zur Prävention von Machtmissbrauch des Bistums, anwesend sein. Regisseur Gimes hörte von einem Kollegen von der Geschichte. Es war Lisbeth Binder (72), die ihre Geschichte erzählte und den Film initiierte. Viel mehr als die Sexualmoral der katholischen Kirche interessierten den Regisseur die Protagonisten, die bereit waren, vor der Kamera über Dinge zu sprechen, die man lieber meidet – über Familienangelegenheiten.
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Was wollen Sie mit dem Film erreichen?
Bei einem Dokumentarfilm weiss man am Anfang nie, wo man am Ende landet. Mir wurde beim Schneiden bewusst, dass sich die Thematik des Schweigens wie ein roter Faden durchzieht. Zu Monika etwa sagte man: «Du darfst nicht sagen, dass das dein Vater ist.» Auch die Kuckuckskinder mussten es für sich behalten. Was war das für eine Zeit, die das von uns verlangte? Der Film ist ein Versuch, das Schweigen zu brechen. Heute ist das ja nicht mehr so.
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Wirklich?
Heute schweigt man über andere Sachen. Jede Gesellschaft hat ihre Tabus, bei denen die Scham grösser ist als die Bereitschaft, darüber zu reden. Heute versucht man aber damit umzugehen und spricht eher über solche Themen.
Was haben Sie vom Projekt mitgenommen?
Das Leben ist voll mit solchen Geschichten. Seitensprünge, heimliche Kinder, Lügen. Sexualität lässt sich nicht einfach in ein Bachbett der Wohlanständigkeit zwängen. Was wir heute als Familie zelebrieren, ist fast etwas Künstliches. Mir wurde bewusst, die herzige Kleinfamilie ist nichts Selbstverständliches.