«Ich bin entsetzt»
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Asbest-Vorfall in Liestal BL:«Ich bin entsetzt»

Arbeiter zerschlagen in Liestal BL Asbestplatten vor Wohnblock – ohne Schutz
So redet sich der Chef dieser Asbest-Amateure raus

Asbest schadet der Gesundheit. Dies scheint Bauarbeitern bei einer Dachsanierung in Liestal egal zu sein. Sie zerschlagen asbesthaltige Platten direkt in der Mulde und arbeiten ohne Schutzkleidung. Mieterin Sandra A. ist um ihre und die Gesundheit ihres Sohnes besorgt.
Publiziert: 20.04.2024 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 20.04.2024 um 07:26 Uhr
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Bauarbeiter ohne Schutzausrüstung: In diesem Container wurden die asbesthaltigen Eternitplatten vom Dach entsorgt.
Foto: zVg

Sandra A.* (32) ist entsetzt. «Bauarbeiter arbeiteten bei mir ohne Schutzkleidung mit Asbest», sagt sie zu Blick. Und: «Sie zerschlugen mit dem Hammer Platten, die asbesthaltig sind.» A. wohnt in Liestal in einem Mehrfamilienhaus. Das Dach war kaputt. «Seit Jahren», wie die Frau aus dem Kanton Baselland sagt.

Verschiedene Firmen waren vor Ort. So zum Beispiel die Dachdeckerfirma Zihlmann aus Frenkendorf BL. Deren Chef, Timo Zihlmann (31), bekam keinen Auftrag für die Sanierung, erstellte aber eine Dokumentation über den Zustand der Baustruktur. Darin schreibt er, dass das Dach einige Mängel aufweist und Vorsicht geboten sei: Denn in den Eternit-Wellplatten, die nun einige Jahrzehnte auf dem Liestaler Wohnblock lagen, lauere hochgiftiger Asbest.

Den Zuschlag erhielt schliesslich eine Firma namens Emo Flachdach GmbH. Und dann wurde es für Sandra A. unangenehm. 

Asbestplatten am Boden und in der Mulde zerschlagen

«Eines Morgens fingen sie an, die Dachplatten zu entfernen», sagt Sandra A. Das war anfangs März dieses Jahres. A. beobachtete fünf Bauarbeiter auf dem Parkplatz vor ihrem Haus. Neben ihnen lagen alte Asbestplatten.

«Kurz darauf schmissen die Bauarbeiter die Platten in eine Mulde.» All das sei ohne Schutzbekleidung passiert, betont die Bewohnerin des Hauses. «Ich konnte es nicht fassen.»

Sandra A. filmt das Ganze und schiesst Fotos. Sie wagt sich auch, die Bauarbeiter zu konfrontieren. «Ich fragte einen Mitarbeiter der Firma, wo er seine Schutzmaske habe. Er zog sie aus der Hosentasche und sagte ‹hier› – streifte sie aber nicht über.» Dann habe der Bauarbeiter A. einen Sack im Lieferwagen gezeigt. «Drin war die Schutzausrüstung.»

Es sei aber nicht das einzige Mal gewesen, dass die Bauarbeiter nicht nach Vorschrift gehandelt hätten: «An ein paar Tagen trugen sie zwar Schutzkleider und auch eine Schutzmaske. Aber die Platten wurden in und an der Mulde mit dem Hammer zerschlagen.»

«Sie entsorgen Material nicht fachgerecht»

Das sei definitiv nicht erlaubt, betont Timo Zihlmann (31). «Zerschlägt man mit dem Hammer asbesthaltige Platten, können Asbest-Fasern freigesetzt werden.» Zihlmann ist verwundert über das Vorgehen der Bauarbeiter. «Auf den Filmen und Bildern ist zu sehen, dass sie ohne Schutz-Overall, ohne Handschuhe und auch ohne Maske arbeiten.»

Und: «Sie entsorgen das Material nicht fachgerecht. Die Platten sollten nämlich in einem dafür vorgesehenen Behälter entsorgt werden.»

Suva hat kontrolliert – aber unglücklich kommuniziert

Sandra A. fragt wegen des Falls bei der Suva nach. «Plötzlich trugen die Bauarbeiter Masken.» Aber zu früh gefreut. «Am nächsten Tag wurstelten sie wieder ohne Schutz weiter.»

Auf Anfrage bestätigt Suva-Sprecher Marcel Hauri, dass eine Meldung eingegangen war. «Die Suva war einen Tag nach Meldung vor Ort in Liestal. Unsere Experten haben die Situation mit der zuständigen Firma besprochen und aufgezeigt, welche Massnahmen getroffen werden müssen. Die Firma hat bestätigt, dass sie diese Massnahmen umsetzt.»

Die Suva war also vor Ort, liess die Anwohnerin allerdings danach im Dunkeln darüber. Das sei unglücklich gelaufen, gibt Hauri zu: «Dass wir den Erhalt der Meldung von Frau A. nicht bestätigt haben, tut uns leid.» Nachkontrollen seien grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, erklärt Hauri.

Blick spricht auch mit dem Besitzer der Liegenschaft, einer Immobilienfirma aus der Region. Der Auftrag sei an eine vertraute Firma vergeben worden. Den Firmennamen Emo Flachdach hört der Besitzer, der anonym bleiben möchte, zum ersten Mal. Seinen Auftrag habe er an eine andere Firma vergeben. 

Firma schiebt Schuld auf Mitarbeiter und Temporäre

Blick konfrontiert Emo Flachdach mit den Vorwürfen. Der Chef schiebt die Schuld ab: «Leider gibt es immer wieder Angestellte und auch temporäre Mitarbeiter, die sich nicht an die Vorschriften halten!» Man wolle die betroffenen Mitarbeiter schriftlich verwarnen und auch in Zukunft intensiver kontrollieren.

Weiter heisst es in der Stellungnahme von Emo Flachdach GmbH, trotz Videos, in denen eindeutig der Hammer zum Einsatz kam: «Die Platten wurden von uns nicht absichtlich gebrochen, sondern durch das Alter und die Witterung abgenützt und waren zerbrechlich.» Und weiter heisst es: «Was die Asbestplatten angeht, wurde es noch nicht bestätigt, dass diese asbesthaltig sind.» Dies, obwohl schon vor Arbeitsbeginn klar war, dass die Platten das gefährliche Material enthalten.

Auf die Arbeiten hat die angeblich erwartete Bestätigung keinen Einfluss mehr: Sie sind mittlerweile beendet.

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