Darum gehts
- Muntagnard produziert nachhaltige Mode mit recyclingfreundlichen Materialien und transparenter Lieferkette
- Schweizer Wolle und Hirschleder werden für atmungsaktive Wollmäntel verwendet
- Modeindustrie verursacht 10 Prozent der menschengemachten CO₂-Emissionen
Der beginnende Frühling weckt die Lust auf neue Kleider. Immer wieder Neues shoppen, selten tragen und dann entsorgen ist aber leider nicht nachhaltig. Die Modeindustrie ist verantwortlich für 10 Prozent der CO₂-Emissionen, die von Menschen verursacht werden. Gerade mal ein Prozent der Kleidung wird rezykliert – unter anderem, weil Mischgewebe dies erschweren.
Deshalb müssen Hersteller für einen echten Materialkreislauf bereits vor der Produktion die Materialien richtig auswählen. Genau das tun zwei Männer aus Domat/Ems in Graubünden: Dario Grünenfelder und Dario Pirovino setzten sich zum Ziel, Kleider mit einem Monomaterial-Ansatz zu produzieren. Das heisst: Mit möglichst wenig Materialien im Produkt, die nach der Lebensdauer des T-Shirts oder der Jacke wieder gut zu trennen sind.
Wolle von Schweizer Alpenschafen
Sie gründeten 2018 ihr Label Muntagnard – das rätoromanische Wort für Bergler. Die Marke arbeitet vorwiegend mit recyclingfreundlichen Materialien, biobasierten oder biologisch abbaubaren Rohstoffen. Einer davon ist die Wolle vom schweizerischen weissen Alpenschaf. «Schweizer Wolle wird heute kaum mehr zu Stoff verarbeitet. Das fanden wir schade und haben einmal drei Tonnen gekauft», blickt Co-Gründer Dario Pirovino zurück.
Die Herausforderung für die beiden Produzenten war, aus der vergleichsweise dicken Faser einen Stoff in hoher Qualität und gutem Komfort anzufertigen.
Nach viel Recherche und Entwicklungsarbeit entstand daraus ein Stoff für einen atmungsaktiven Wollmantel mit einem Innenfutter aus Buchenholzfasern und Verstärkungen aus Schweizer Hirschleder.
Mehrmals recycelbar
Als Alternative zu Schweizer Wolle nutzt Muntagnard auch bereits rezyklierte Materialien, insbesondere rezyklierte Merinowolle und Kaschmir. Diese Materialien werden in Norditalien verarbeitet und tragen zur Reduzierung von Abfall in der Textilindustrie bei. Auch hier sind die Produktionsprozesse so gestaltet, dass die Materialien zu einem späteren Zeitpunkt erneut rezyklierbar sind.
Dies gilt auch für die warmen Daunenjacken: Sie sind mit Gänsedaunen gefüllt, die früher in anderen Jacken oder Bettdecken ein erstes Leben hatten. Andere Materialien wie Tencel Lyocell bestehen aus 100 Prozent Holzfasern aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. «Wir wollten eine Jacke entwickeln, die komplett plastikfrei ist und auch keine Baumwolle enthält», sagt Dario Grünenfelder. Der Stoff fühlt sich ähnlich an wie Viskose, belastet durch die schonende Verarbeitung aber die Umwelt weniger.
Transparente Lieferkette
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Muntagnard-Philosophie ist die Transparenz in der Lieferkette. Kunden können den Ursprung der Materialien und die einzelnen Schritte der Produktion nachvollziehen. Die Marke stellt sicher, dass alle verwendeten Materialien aus nachhaltigen Quellen stammen und keine toxischen Substanzen enthalten. Zudem bietet sie einen Reparatur- und Auffrischungsservice an, um die Lebensdauer der Produkte zu verlängern.
Fasern ohne schädliche Rückstände
Die Kundschaft wird ermutigt, ihre Kleidungsstücke zurückzugeben, wenn diese nicht mehr getragen werden, um die Materialien erneut zu verwenden. Falls Teile der Kleider doch in der Natur landen oder Mikrofasern ins Wasser gelangen, hinterlassen sie keine schädlichen Rückstände und bauen sich mit der Zeit ungiftig ab.
Diese hohe Qualität gibt es nicht umsonst: Die Stücke sind im mittleren bis höheren Preissegment angesiedelt. Das können oder wollen sich nicht alle leisten, insbesondere auch jüngere Personen. Produzieren die jungen Startup-Gründer damit nicht am Publikum vorbei?
Eine Frage des Portemonnaies und der Werte
Dario Grünenfelder schüttelt den Kopf: «Gerade die Gen Z erkennt den Unterschied zwischen schnelllebiger Mode und einem durchdachten, hochwertigen Produkt.» Kundinnen und Kunden seien heute informierter als je zuvor und würden erkennen, dass ein günstiger Preis oft zusätzliche Kosten mit sich bringt – sei es durch schlechte Arbeitsbedingungen, Umweltbelastung oder eine kurze Lebensdauer der Kleidung.
So ist es letztlich nicht nur eine Frage des Portemonnaies, sondern auch der persönlichen Werte, was wir täglich auf unserem Körper tragen. Die beiden Gründer würden sich wünschen, dass der tatsächliche Mehrwert nachhaltiger Mode in der breiten Bevölkerung und in der Markenwelt besser erkannt wird: «Je mehr Unternehmen diesen Ansatz übernehmen, desto stärker steigt die Nachfrage nach innovativen und nachhaltigen Materialien und Technologien.» Dies würde nachhaltige Mode langfristig für eine breitere Zielgruppe zugänglich machen.