Zum Tod von Peter von Matt (1937–2025)
Wie uns der Professor heisshungrig auf Bücher machte

Der brillante Schweizer Germanist Peter von Matt ist am 21. April im Alter von 87 Jahren gestorben. Seine fesselnden Vorlesungen und preisgekrönten Bücher inspirierten Generationen. Dankbare Erinnerung eines seiner Studenten.
Publiziert: 22.04.2025 um 20:31 Uhr
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Der Schweizer Peter von Matt war einer der brillantesten und berühmtesten Germanisten.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Peter von Matt: Schweizer Literaturwissenschaftler und preisgekrönter Autor verstorben
  • Bekannt für anschauliche Texte und humorvolle Verteidigung der Geisteswissenschaften
  • Lehrte von 1976 bis 2002 Neuere Deutsche Literatur an der Universität Zürich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Er brachte uns in den 1980er-Jahren jeden Montag um das Mittagessen: Mit knurrenden Mägen sassen wir Studierenden gegen 13 Uhr in der voll besetzten Aula der Universität Zürich und lauschten den Vorlesungen von Germanistik-Professor Peter von Matt (†87). Wenn er über Literatur sprach, waren das keine heissluftgeblähten Soufflés, die gleich wieder in sich zusammensackten, sondern kernige Aussagen mit Biss. Wortsatt und satzverliebt gingen wir danach in den Nachmittag.

«Die Liebe in jedem Sinne ist die elementare Macht, der wir von der ersten bis zur letzten Stunde unseres Lebens so ausgesetzt sind wie sonst nur dem Hunger», schrieb von Matt in seinem zuletzt veröffentlichten Buch «Übeltäter, trockene Schleicher, Lichtgestalten. Die Möglichkeiten der Literatur» von 2023. Genau diese elementare Macht weckte er in uns: den Hunger nach Büchern und die Liebe zu Romanen, Dramen und Gedichten.

Schweizer Buchpreis für «Das Kalb vor der Gotthardpost»

Und wie er das machte – nicht hochgestochen vom Elfenbeinturm herab, sondern mit träfen Sprüchen aus den Niederungen des täglichen Lebens. Seine Bestsellerbücher heissen dementsprechend «Liebesverrat. Die Treulosen in der Literatur» (1989), «Verkommene Söhne, missratene Töchter. Familiendesaster in der Literatur» (1995) oder «Die Intrige. Theorie und Praxis der Hinterlist» (2006). Das sind anschauliche Texte aus Fleisch und Blut, keine papierenen Theorien.

Wenn er über vergessene Literaten wie den Österreicher Franz Grillparzer (1791–1872) oder zeitgenössische wie den Schweizer Lukas Bärfuss (53) schrieb, so war das immer ein literarisches Vergnügen. Nicht zufällig gewann von Matt zahlreiche Preise, darunter den Deutschen Sprachpreis (2004), den Heinrich-Mann-Preis (2006) und den Schweizer Buchpreis (2012) für sein in demselben Jahr erschienenes Buch «Das Kalb vor der Gotthardpost».

Peter von Matt entstammte einer Innerschweizer Familie von Druckern, Verlegern und Antiquaren. Am 20. Mai 1937 in Luzern zur Welt gekommen, wuchs er in Stans NW auf und studierte später Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte in Zürich sowie in der englischen Stadt Nottingham. Er schrieb seine Doktorarbeit beim damals berühmtesten Germanisten Emil Staiger (1908–1987) und lehrte von 1976 bis 2002 Neuere Deutsche Literatur an der Universität Zürich.

«Orchideenfächer» gegen «Kartoffelfächer»

Bei aller Liebe zur Literatur konnte sich von Matt gegen Kritiker ins Feuer reden. Legendär sein Votum als Juror beim Wettlesen zum Ingeborg-Bachmann-Preis 1989: Damals verteidigte er die Schweizer Teilnehmenden gegen das Vorurteil, sie hätten eine «Zunge wie eine Waldschnecke», weil sie weniger eloquent vortrügen als die deutschen Kollegen. Von Matts entwaffnender Humor war weitherum bekannt und sorgte stets für Gelächter.

Er nahm sein Fach aber nie auf die leichte Schulter und kämpfte stets für den Ernst der Sache. So wehrte er sich gegen das Lächerlichmachen der Geisteswissenschaften durch die Politik. «In der in diesem Zusammenhang stets eingesetzten Metapher der ‹Orchideenfächer› steckt die Behauptung, dass es wissenschaftliche Disziplinen gebe, die reiner Luxus seien», so der Germanist. Der naheliegende Gegenbegriff der «Kartoffelfächer» werde allerdings nie verwendet.

Mit welchem Furor sich von Matt gegen die Einmischung von US-Präsident Donald Trump (78) in die universitären Hoheiten von Harvard und Co. äussern würde, bleibt in den Sternen. Gewiss ist, dass seine bodenständigen Sätze hienieden fehlen werden. Denn wie schrieb der blitzgescheite von Matt in seinem letzten Buch: «Zur Dummheit braucht es mindestens zwei. Einen, der dumm ist, und einen, der es feststellt.»

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