Über 440'000 Menschen wohnen in Zürich
Alte Grösse, neue Probleme

In Zürich lebten 2022 so viele Menschen wie letztmals 1962. Doch die Stadt ist eine ganz andere: Die Luxusprobleme von heute kannte die Bevölkerung vor 60 Jahren noch nicht.
Publiziert: 14.02.2023 um 17:29 Uhr
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Gleiche Grösse, unterschiedliches Lebensgefühl: Die Zahlen zeigen, wie sich Zürich in 60 Jahren verändert hat.
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Heute machte Statistik Stadt Zürich die offizielle Bevölkerungszahl für 2022 publik: 443’037 Menschen ist der Endjahresbestand. Damit egalisierte die Stadt erstmals die Rekordzahl von 1962, als zuletzt über 440’000 Menschen in Zürich lebten. Die grösste Schweizer Stadt in alter Grösse.

Gleiche Grösse, doch völlig anderes Lebensgefühl. In den 60 Jahren verändern sich die Themen, die für Schlagzeilen sorgen: «Wohnmonstrum» hiess es damals über das Hochhausprojekt Lochergut; heute wächst die Stadt in vielen Quartieren in die Höhe, dennoch klagen Einwohnerinnen und Einwohner über «Dichtestress».

Damals wie heute sind die Sozialdemokraten die grösste Fraktion im Parlament, damals wie heute stellt die Partei vier Personen für den Stadtrat. Doch der regiert eine andere Bevölkerung: Die Menschen waren 1962 ärmer, kinderreicher und lebten auf kleinerem Wohnraum – Single-Haushalte waren vor 60 Jahren vor allem für Frauen nahezu tabu.

1962 verdiente zum Beispiel ein Zürcher Elektromonteur 1089 Franken im Monat, 2022 bekommt man im gleichen Beruf am gleichen Ort 5223 Franken. Ein verhältnismässig grosser Teil des Lohns ging damals für Lebensmittel weg: Ein Liter Milch kostete 62 Rappen, heute 1.50 Franken, ein Kilo Halbweissbrot 84 Rappen, heute 2.80 Franken.

Über 55 Prozent mehr Wohnungen

Dafür zahlen Zürcherinnen und Zürcher 2022 weitaus mehr für die Wohnungsmiete: Eine 3-Zimmer-Wohnung mit Bad belastete 1962 das Haushaltsbudget durchschnittlich mit 169 Franken pro Monat, heute sind es monatlich 1’670 Franken. Der Mietzinsindex ist in Zürich von damals 148,3 Punkten auf 959,5 Punkte geklettert.

Allerdings leisten sich die Bewohnerinnen und Bewohner mehr Raum: Liegt die Wohnfläche pro Person heute bei 41,4 Quadratmetern, waren es 1970, als man die Zahl erstmals erhob, 29,6 Quadratmeter. Runtergerechnet auf 1962 dürften es dannzumal zwischen 25 und 26 Quadratmeter gewesen sein.

Mehr Wohnraum für gleich viele Menschen – da musste wohl die Grünfläche dramatisch schrumpfen. Falsch: Während die freie Landfläche auf dem Stadtgebiet in den 60 Jahren um bloss fünf Prozent zurückging, ist der Wald nach der Kommastelle sogar leicht gewachsen und macht immer noch rund ein Viertel aus.

Die Gebäudefläche ist lediglich um drei Prozent angewachsen und macht 2022 zwölf Prozent aus. Gleichzeitig ist die Zahl der Wohnungen um mehr als 55 Prozent gestiegen – von 147’965 (1962) auf 229’565 (2022). Grund für dieses Raumwunder: Zürich ist in den 60 Jahren in die Höhe gewachsen.

Die Altstadt entvölkert sich

Vor allem in den Gebieten von Zürich-Nord und Zürich-West wichen alte, ungenutzte Fabrikhallen Hochhäusern, die nun Zehntausenden neuen Wohnraum bieten. Auf der anderen Seite entvölkern sich Gebiete, in denen weiterhin niedrige, kleinräumige und zumeist denkmalgeschützte Häuser stehen bleiben wie in der Altstadt (von 14’161 (1962) auf 5817 (2022))

Mehr Wald, mehr Wohnfläche pro Person: Davon kann der Dichtestress der Stadtbevölkerung, von dem heute allenthalben die Rede ist, also nicht herrühren. 1962, als noch viel mehr Personen in kleineren Wohnungen lebten, kannte man den Begriff noch nicht. Wo liegt die Ursache für dieses gegenwärtige Gefühl?

Ein Blick auf weitere Vergleichszahlen gibt Aufschluss. So hat sich die Zahl der Stadtzürcher Motorfahrzeuge von 1962 bis 2022 mehr als verdoppelt (von 73’856 auf 152’842), ebenso die Zahl der Beschäftigten. Viele von ihnen wohnen ausserhalb der Stadt und pendeln für die Arbeit nach Zürich.

Das verursacht täglich Staus und Gedränge im öffentlichen Verkehr. So hat die Passagierzahl von Tram und Bus (VBZ) in 60 Jahren um die Hälfte zugenommen. Und im Hauptbahnhof reisten 1962 rund 3,5 Millionen Zugreisende ab (das konnte man damals am Billettverkauf abmessen) – 2022 reisten gesamthaft 155 Millionen Menschen über den HB.

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