Der letzte Sommer wechselte sich ab mit trockenen Hitzeperioden und kühlen, regnerischen Tagen. «Das launische Klima macht auch den Pflanzen auf dem Balkon im Gemüsebeet zu schaffen», sagt Sabine Reber (54). Die bekannte Garten-Autorin veröffentlicht pünktlich zum Saison-Beginn ihr 23. Buch «Der essbare Garten».
Denn was für unsere Grossmütter oft noch mühselige Pflicht war, wird heute zum neuen Luxus: Den eigenen Garten bestellen und damit wenigstens ein stückweit zum Selbstversorger werden: «Mit den Händen in der Erde wühlen und das eigene Gemüse zu ernten, das tut in einer Zeit in der wir so viel am Bildschirm sitzen einfach gut», sagt Reber. Ob es nur ein Radisli ist, eine Tomate oder ein ganzer Salat: Was frisch aus dem eigenen Beet kommt, schmeckt besser und hat auch mehr Nährstoffe und Vitamine, als wenn es aus dem Supermarkt kommt.
«Unser Klima verändert sich und auch unsere Lebensweise und Bedürfnisse», so Reber. So wird nicht nur in ländlichen Gärten, sondern auch auf städtischen Balkonen auf kleinem Raum Essbares angepflanzt. Dafür braucht es auch neue Pflanzen: «Diese Sorten sind robuster, haben mehr Vitamine und Nährstoffe und kommen mit dem wechselhaften Wetter besser zurecht.» Im neuen Gartenbuch zeigt sie zusammen mit Gemüsezüchter Markus Kobelt (60), wie Gemüse und Kräuter am besten angebaut und wie sie für die neuen Verhältnisse züchterisch angepasst werden. Eine Auswahl:
Schnelle Süsskartoffeln
Sie sind die Pflanze der Zukunft, denn je wärmer das Wetter im Sommer, desto besser gedeihen Süsskartoffeln. Nicht nur die süssen und schmackhaften Knollen sind essbar, auch das Laub kann als Gemüse auf den Teller, gekocht wird es wie Spinat. Wichtig ist, nicht alles auf einmal zu ernten, sonst hat die Pflanze zu wenig Kraft für die Knolle. Die neue Sorte Sugarbeauty eignet sich besonders für den Balkon oder Ziergarten. Denn das schnellwachsende Laub ist kompakt und auch auf kleinem Raum gibt es reiche Ernte.
Robuste Tomaten
Es gibt neue Tomatensorten, die auch ein paar nasse und kühle Sommertage überstehen: so die Züchtung Happy Black. Sie wächst auch ohne Schutz draussen weiter. Sie ist aus der Kreuzung aus einer möglichst resistenten und aus einer sehr schmackhaften Sorte entstanden. Die Tomaten stammen aus der Pflanzenzucht Lubera in Buchs SG. Dort werden sie im Freiland und über mehrere Jahre im getestet. Das macht die Sorte auch für den eigenen Balkon tauglich und hebt sich geschmacklich von der industriellen Tomatenzüchtung im Gewächshaus ab.
Revolutionäre Kartoffeln
Seit die Kartoffelfäule ganze Ernten zerstörte und Mitte des 19. Jahrhunderts europaweit Hungersnöte auslöste, wird im industriellen Anbau bis heute gespritzt. Die neuen Kartoffelsorten für den Hausgarten sind resistent gegen die Braunfäule und auf Gift kann verzichtet werden. Das ist revolutionär, darum heissen die neuen Sorten auch alle Revoluzzer. Die Kartoffeln kann man auch im Kübel ziehen. Das üppige Laub ist giftig und kann nicht gegessen werden. Dafür bietet es einen dekorativen Sichtschutz.
Mini-Melone
Mit dem wärmeren Sommer können auch Melonen angebaut werden. Damit sie genug Zucker für den süssen Geschmack einlagern können, brauchen sie während möglichst langer Zeit gesunde, grüne Blätter – darüber wandeln sie das Sonnenlicht in Energie um. Ein Gewitter reicht, um die Blätter zu zerstören. Darum wird an neuen Sorten mit starken Blättern getüftelt. Für den Balkon eignet sich der Charentais-Typ Honey Bun, sie ist gerade eine handgross, saftig und süss.
Indischer Spinat
Normaler Spinat schiesst bei Hitze oftmals auf. Nicht so der Malarbarspinat. Eine Sorte, die bei hochsommerlichem Temperaturen zu Höchstform aufläuft. In nur einem Tag kann sie 20 Zentimeter in die Höhe klettern und umschlingt mir ihren dichten Ranken Geländer und Stangen. Mit seinen dekorativen Beeren erobert der Spinat immer mehr Stadtbalkone, die herzförmigen Blätter passen besonders gut in Salate. Kälte erträgt der sogenannte indische Spinat allerdings nicht, bei unter 5 Grad geht er ein.