Auf einen Blick
- Religionen verlieren an Bedeutung in der Schweiz
- Jugendliche übernehmen oft die Religion der Eltern und treten später aus
- Viele religiöse Jugendliche haben mit Vorurteilen zu kämpfen
Es ist kein Geheimnis, dass die Religionen zunehmend an Wichtigkeit verlieren – und zwar in ganz Europa. Während früher das ganze Dorf am Sonntag in die Kirche ging, sind die Bänke heute nur noch spärlich gefüllt. Und im Frühjahr 2024 meldete das Bundesamt für Statistik: Die Konfessionslosen bilden erstmals die grösste Bevölkerungsgruppe in der Schweiz.
Die Zahlen zeigen dabei ein interessantes Bild: Während die über 75-Jährigen noch klar die höchste Religionszugehörigkeit haben und sich die beiden Altersklassen darunter am deutlichsten vom Glauben abwenden, ist es bei der jüngsten Generation fast wieder ausgeglichen. Bei den 15- bis 24-Jährigen ist beispielsweise die Gruppe der Römisch-Katholischen mit 31,7 Prozent nahezu gleich gross wie die der Konfessionslosen mit 32,1 Prozent. Werden die Jugendlichen etwa wieder religiöser?
Rafael Walthert, Professor für Religionswissenschaft an der Universität Zürich, liefert die Erklärung: «Ein grosser Teil der Jugendlichen übernimmt automatisch die Religion der Eltern, und sobald sie erwachsen sind, treten viele aus», sagt der Experte. Deshalb sehe man vor allem in den beiden Alterskategorien darüber einen starken Rückgang. Tatsächlich: Von den 25- bis 34-Jährigen sind 42 Prozent konfessionslos. «Generell kann man aber schon sagen, dass jede Generation weniger religiös ist als die zuvor», meint Walthert.
«Religion funktioniert, wenn man Teil einer Gemeinschaft ist»
Dass die Religionen und deren Institutionen immer weniger Anklang finden, habe aber nicht wie vielleicht angenommen mit einem veralteten Weltbild zu tun. «Es gibt durchaus noch traditionelle Auffassungen, die Jugendliche als veraltet wahrnehmen können, aber gerade der reformierten Kirche kann man das zum Beispiel nicht mehr anhängen», sagt Walthert.
Das Abwenden vom Glauben habe viel mehr mit der Lebensweise der Menschen zu tun: «Die Leute sind heute viel individueller und mobiler als früher, und traditionelle gemeinschaftliche Zusammenhänge lösen sich auf», erklärt der Religionswissenschaftler. «Religion funktioniert, wenn man gemeinsam Teil einer Gemeinschaft ist. Wenn sich diese Zusammenhänge auflösen und die Möglichkeiten für Freizeit, Beruf und Glaubensvorstellungen gleichzeitig immer diverser werden, ist die Chance sehr hoch, dass sich Individuen abwenden.»
Obwohl ein Grossteil der jungen Menschen nicht religiös ist, gibt es doch einige Jugendliche, die ihren Glauben nach wie vor ausleben. Auch Fatime Bunjaku (19), Christopher Höfer (25) und Lukas (17) gehören zu ihnen. Fatime Bunjaku ist gläubige Muslimin und trägt ein Kopftuch, seit sie zwölf ist. Christopher Höfer ist Katholik und fand nach einem Schicksalsschlag zu seinem Glauben zurück. Lukas, der aus Sorge vor antisemitischen Angriffen anonym bleiben will, hat sich vor drei Jahren entschieden, den jüdischen Glauben nach orthodoxer Ausrichtung auszuleben. Obwohl sich die Jugendlichen schlussendlich selbst für eine Religion entscheiden mussten, spielte das Umfeld bei ihnen ebenfalls eine wichtige Rolle.
«Wer in einem sozialen Zusammenhalt wie in einem Dorf oder in einer Familie lebt, in der die Religion noch eine grosse Rolle spielt, ist natürlich eher geneigt, diese auch selbst zu praktizieren», sagt Rafael Walthert. Das sei vor allem auf dem Land noch eher der Fall. «Die Person des örtlichen Pfarrers oder Geistlichen hat dabei ebenfalls einen bedeutenden Einfluss, ob sich Jugendliche für oder gegen ihre Religion entscheiden», meint Walthert.
Vorschriften geben Struktur
Klar ist: Unter ihren Peers stechen religiöse Jugendliche hervor. Viele haben auch mit Vorurteilen zu kämpfen und werden für ihre religiös geprägten Meinungen argwöhnisch betrachtet. Dabei sind diese im Verhältnis oftmals gar nicht mehr so konservativ, wie Rafael Walthert erklärt. «Auch die Konservativen bewegen sich oft in eine moderatere Richtung. In den USA sehen wir das Gegenteil: Dort haben wir es teilweise mit regelrechten ‹Modernisierungs-Verlierern› zu tun, die sich radikalisieren und von gesellschaftlichem Fortschritt abwenden. Aber in der Schweiz ist das nicht der Fall.»
Das bedeutet aber nicht, dass sie weniger gläubig sind, im Gegenteil: Von den Jugendlichen, die ihren Glauben aktiv ausleben, sind viele reflektiert und können ihre Überzeugungen gut begründen. «Es kommt oft vor, dass die gläubigen Jugendlichen ihre Eltern diesbezüglich überholen», sagt Walthert. «Für ältere Generationen war die Religion noch selbstverständlich, und man hat sich nie gross Gedanken darüber gemacht, weil es einfach dazugehörte. Die Jungen heute müssen sich hingegen aktiv dafür oder dagegen entscheiden», erklärt der Experte.
Wer einen Glauben annimmt, hat es in den meisten Religionen mit strengen Vorschriften zu tun: Im Judentum soll von Freitag- bis Samstagabend Ruhe gehalten werden, im Islam soll kein Alkohol getrunken und fünfmal am Tag gebetet werden. Aber die vielen Vorschriften schrecken die Jugendlichen nicht unbedingt ab, sondern können auch das Gegenteil bewirken. «Klare und strukturierte Vorgaben, wie es bei einer strikten Auslegung des Glaubens der Fall ist, können für Jugendliche besonders attraktiv sein», erklärt Walthert. «Gerade in dieser Zeit, in der sonst alles unklar und im Wandel ist, kann es ihnen eben auch Halt und Orientierung geben.»
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