«Ist das Fleisch schon gut?», tönt es von der Terrasse eines grosszügigen Wohnhauses oberhalb Hergiswil NW, mit wunderschöner Aussicht auf den Vierwaldstättersee. Fünf Frauen rücken zur Seite, während eine weitere das Poulet vom Grill nimmt und behutsam auf einen Teller setzt. Gebannt schauen alle zu, wie sie Petersilienblätter um das Fleisch platziert. Die Kräuter sollen den Saft des Fleisches auffangen, denn Flecken auf dem Teller geben Abzug an der Grill-Weltmeisterschaft. Und genau dafür trainieren die sechs Frauen an diesem sonnigen Juli-Wochenende, eine Woche vor dem grossen Event in Stuttgart.
Erprobte Grillmeisterinnen
An die Weltmeisterschaft fahren die Swiss Fire Devils, wie sich die Gruppe nennt, das erste Mal. An verschiedensten Grill-Wettbewerben nehmen sie immer wieder teil, zuletzt holten sie an der Schweizer Grillmeisterschaft im Mai 2024 den 1. Rang in der Kategorie «Schweinefleisch».
Zum Kernteam gehören Köchin Jessica Maggetti (41), ihre Ehefrau Luana Maggetti (53), Daniela Da Rugna (55) und Christine Minder (66), die 18 Jahre lang bei der Grillfirma Outdoorchef gearbeitet hat und Eigentümerin des Hauses ist, in dem das Team trainiert. Ursprünglich grillten die vier Freundinnen aus Vergnügen. «Es entstand ganz spontan, dass wir sagten, komm, wir machen an einer Meisterschaft mit», erzählt Christine Minder. Für die WM holen sie Lilo Schmied (43), Amanda Hasler (50) und Lisbeth Töngi (57) dazu. Inzwischen sind die Frauen ein eingespieltes Team: «Wir würden uns sogar blind verstehen», meint Jessica Maggetti. «Jeder weiss, wo die Stärken und Schwächen der anderen liegen.» «Und vor allem können wir auch viel zusammen lachen», ergänzt Minder.
Tatsächlich bleibt zwischen dem Zubereiten, Grillen und taktischem Beraten auch an diesem Wochenende immer wieder Platz für einen lustigen Spruch, der meist schallendes Gelächter zur Folge hat.
Einziges Frauen-Team in der Schweiz
Während die Frauen am Grill werkeln und scherzen, decken die beiden einzigen Männer, die anwesend sind, den Tisch. Hier haben sie nicht viel zu melden, denn in Sachen Grill haben ihre Partnerinnen das Sagen. Damit bilden sie eine Ausnahme, in vielen Haushalten ist der Grill auch heute noch Territorium des Mannes. Tatsächlich sind die Swiss Fire Devils das einzige Frauen-Grill-Team der Schweiz. «Als wir an der Schweizer Meisterschaft gewonnen haben, haben wir nicht nur uns selbst überrascht, sondern auch alle Männer, die da waren», erzählt Minder. «Viele Männer haben immer noch das Gefühl, Frauen hätten nichts am Grill verloren», sagt Jessica Maggetti. Und wenn, dann höchstens für das Gemüse. Das zeige sich auch an den Wettbewerben: Dort hätten viele Teilnehmer vor allem wegen Kategorien wie Gemüse oder Dessert Frauen im Team, so Minder. «Wir gewinnen aber lustigerweise immer in den Männerdomänen: Spare-Ribs und Pulled Pork!», lacht die Grill-Meisterin.
Was sie genau grillen, dürfen die Schweizer Feuerteufel nicht verraten, sonst werden sie disqualifiziert. Nachdem sie das Grillgut so angerichtet haben, wie für die WM, setzen sich alle an den Tisch und kosten ihr kreiertes Menu. Für einen Moment ist es still am Tisch. Dann geht es los: «Die Sauce braucht noch etwas mehr Salz.» «Welche Variante schmeckt euch besser? Mit oder ohne Marinade?» «Die Rüebli müssen wir etwas länger drauf lassen».
167 verschiedene Geschmäcker
Hier bleiben die Grill-Meisterinnen für einmal ernst: Sie tauschen sich aus und nehmen letzte Änderungen vor. Die Rezepte müssen perfektioniert sein, denn an der WM gilt es, sich gegen 105 andere Teams durchzusetzen. Dabei herrschen strenge Vorschriften: Sechs Gänge bzw. Kategorien, die unter Zeitdruck auf dem Grill zubereitet werden müssen. Fleisch, Fisch, Vegetarisch. 167 Juroren bewerten die ihnen servierten Menus.
Das Schwierigste sei, die verschiedenen Geschmäcker zu treffen, meinen die Frauen. «Hier in der Schweiz isst man das Gemüse knackig, während sie es in Deutschland eher «verkocht» mögen», erklärt Maggetti. Als gelernte Köchin gibt sie den Ton an, wenn es ums Zubereiten geht. Die Menus bestimmt die Gruppe aber miteinander. «Das ist mir sehr wichtig», sagt Maggetti.
Ob die Swiss Fire Devils die WM gewinnen werden? «Ui, nei», winken die Frauen ab. «Unser Ziel ist, in der vorderen Hälfte zu landen.» Für sie sei es nur schon ein Erlebnis, dabei zu sein und die Grill-Traditionen der verschiedenen Länder besser kennenzulernen. Da ein solcher Event auch ein entsprechend grosses Team erfordert und Daniela Da Rugna nicht an der WM teilnehmen kann, muss das Team ausnahmsweise auf männliche Verstärkung zurückgreifen. Raphael Minder (32), der Sohn von Christine Minder, und Bruno Schumacher (49), der Partner von Amanda Hasler, werden sie unterstützen.
«Wir brauchen ja auch jemand, der uns die Sachen an den Grill trägt», meint Maggetti lachend.
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