Weg vom russischen Erdgas hin zu einer klimafreundlichen Energiequelle: Aufgrund weltweiter Funde von Wasserstoffreserven im Erdinnern könnte diese Utopie zur Realität werden. So schreibt es das amerikanische Wissenschaftsmagazin «Science». Wasserstoff wird bereits seit mehreren Jahren als vielversprechender Energieträger gehandelt. Verbrennt er, entsteht bloss Wasserdampf.
Vor Jahren entdeckten Geologen im afrikanischen Staat Mali ein natürliches Wasserstofffeld. Es bewies, was wenige Forscher bereits seit Jahren ausgerufen hatten: In unserem Erdinnern stecken grosse Mengen des Gases, das ohne CO₂-Emissionen verbrennt werden kann.
Fachleute nahmen zuvor an, dass das Gas im Boden überaus selten auftrete. Es blieb daher lange unbeachtet. Die Entdeckungen des letzten Jahrzehnts deuten aber darauf hin, dass weltweit Reserven zu finden sind. Gemäss einem Modell der staatlichen Forschungsorganisation U. S. Geological Survey könnten sie den weltweiten Energiebedarf gar für Tausende Jahre decken.
Wasserstoffforschung in den Kinderschuhen
Mittlerweile arbeiten auf mehreren Kontinenten Energiekonzerne und Start-ups daran, die Energiequelle anzuzapfen. «Ich glaube, dass es das Potenzial hat, alle fossilen Brennstoffe zu ersetzen», sagt etwa Viacheslav Zgonnik, CEO des amerikanischen Energieunternehmens Natural Hydrogen Energy, gegenüber «Science».
Dafür, heisst es, müsse man einige technische Hürden lösen. Bei der Lagerung nimmt das Gas viel Platz ein. Der Transport ist daher teuer. Zudem steckt die Forschung in den Kinderschuhen: Wie sich der Energieträger im Erdinnern bildet und weshalb er auftritt, wo er gefunden wird, bleibt unbeantwortet. «Das Interesse ist riesig, aber die wissenschaftlichen Fakten fehlen», sagt Frédéric-Victor Donzé, Geophysiker an der Universität Grenoble.
Zurzeit wird kommerzieller Wasserstoff entweder mittels Verbrennung fossiler Rohstoffe oder aus Strom hergestellt. Dabei geht viel Energie verloren – und je nach Methode gibt es dennoch einen beträchtlichen CO₂-Ausstoss. Die entdeckten natürlichen Reserven könnten diese Probleme in Zukunft lösen.