Jan Delay feiert 25 Jahre Jubiläum – und redet im Interview Klartext
«Hip-Hop ist eine einzige kulturelle Aneignung»

Jan Delay gehört zu den erfolgreichsten Künstlern des deutschsprachigen Raums. Jetzt veröffentlicht der Musiker ein Best-of-Album. Ein Gespräch über das Covern, Politik und Genres.
Publiziert: 02.05.2024 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2024 um 15:25 Uhr
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Jan Delay bringt am 3. Mai ein Best-of-Album heraus.
Foto: zVg
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Sara BelgeriRedaktorin

Aus der deutschen Musikszene ist er nicht wegzudenken: Jan Delay (48). Jetzt veröffentlicht er nach 25 Jahren Solokarriere sein erstes Best-of-Album. Im Interview verrät er, weshalb er darauf die Sportfreunde Stiller covert, welches sein Lieblingsmusikgenre ist und was Hip-Hop mit kultureller Aneignung zu tun hat.

Sie gehen mit ihrem Best-of-Album «Forever Jan (25 Jahre Jan Delay)» bald auf Tour. Wird es einfacher, die Leute zu begeistern, weil die meisten die Lieder schon kennen?
Jan Delay: Das ist ein Vorteil, ja. Andererseits langweile ich mich schnell. Ich will was Neues machen, will herausgefordert werden. Für mich ist es wichtig, dass ich immer selber den grössten Spass hab. Nur dann kann ich den Spass vermitteln und andere damit anstecken. Einmal so eine Best-of-Tour zu machen, ist cool, aber es wird kein zweites Mal geben. Das weiss ich schon, bevor ich losgefahren bin.

Neben 18 bekannten Titeln sind auch zwei neue dabei. Unter anderem ein Cover des Sportfreunde-Stiller-Songs «Siehst du das genau so?». Weshalb?
Jan Delay hat mit einer Cover-Version begonnen («Irgendwie, irgendwo, irgendwann», d. Red.), deshalb war für mich klar, dass auf die Best-of-Platte auch ein Cover gehört. Also hab ich mir ein paar alte Sachen angehört und bei diesem Sporties-Song hat es Klick gemacht. Ich finde den Refrain wunderschön – einen der schönsten der deutschsprachigen Songs. Ich wusste gleich, dass ich daraus eine tolle, positive Nummer machen kann. Und ich finde, dass der Text heute noch besser passt als früher.

Sie singen «Ging es nach mir, sollten wir viel mehr aufeinander schauen / Wofür es alles zu geben lohnt, ist ein grosser Traum / Ein einziger freundlicher Blick / Macht manchmal wieder alles gut / Ein guter Freund neuen Mut». Weshalb passt der Text heute besser?
Früher war es ein wenig so: «Ja, ja, ist ja gut, man sollte mehr aufeinander achten, und es ist schön, Leute lachen zu sehen.» Aber durch all die beschissenen Dinge, die gerade passieren, finde ich diesen Text noch viel wichtiger.

Zur Person

Jan Eissfeldt (48) alias Jan Delay gehört zu den prominentesten Musikern Deutschlands. Mit zwei Freunden gründete der Hamburger in den 90er-Jahren die Hip-Hop-Gruppe «Beginner», die bis heute aktiv ist. Als Solokünstler hat Delay 2001 sein Debüt-Album «Searching for the Jan Soul Rebels» veröffentlicht. Auf den fünf Studioalben, die bis heute erschienen sind, hat er von Hip-Hop und Reggae bis hin zu Soul, Funk und Rock schon fast jedes Genre ausprobiert.

Jan Eissfeldt (48) alias Jan Delay gehört zu den prominentesten Musikern Deutschlands. Mit zwei Freunden gründete der Hamburger in den 90er-Jahren die Hip-Hop-Gruppe «Beginner», die bis heute aktiv ist. Als Solokünstler hat Delay 2001 sein Debüt-Album «Searching for the Jan Soul Rebels» veröffentlicht. Auf den fünf Studioalben, die bis heute erschienen sind, hat er von Hip-Hop und Reggae bis hin zu Soul, Funk und Rock schon fast jedes Genre ausprobiert.

Hunderttausende haben in Deutschland die letzten Monate gegen die AfD und Rechtsextremismus demonstriert. Auch Sie waren in Hamburg dabei. Inwiefern beeinflusst Sie die politische Stimmung in Deutschland?
Die beeinflusst mich schon immer, seit ich ein kleiner Junge bin. Es gab auf jeden Fall Zeiten, wo die Lage ein wenig entspannter war als jetzt. Aber wenn man politisch interessiert ist und gewisse Ideale hat, beeinflusst einen die Lage ständig, egal ob sie gut oder schlecht ist. Entweder man interessiert sich für die Zusammenhänge, das Geschehen und dafür, dass es Menschen besser geht, oder eben nicht. In meiner Musik schlägt sich die politische Stimmung aber nicht wirklich nieder.

Tristes findet sich kaum auf Ihren Alben.
Ich liebe nichts so, wie geile Mucke, die groovt und gute Laune bringt. Das hat mich immer mitgerissen und begeistert mich bis heute. Ich möchte anderen Leuten dieses schöne Gefühl vermitteln. Gerade in einer Zeit wie jetzt, in der vieles scheisse ist, finde ich das umso wichtiger. Mit deprimierender Musik kann man mich jagen, das ist überhaupt nicht mein Ding. Um etwas zu verändern, braucht es gute Energie. Aufräumen geht mit guter Musik schliesslich auch tausendmal schneller und einfacher als ohne Musik. Beim Aufräumen in der Welt ist es genauso. Deshalb finde ich meine Musik wichtig und bin stolz drauf, dass ich die seit langer Zeit so machen kann. 

Hip-Hop, Reggae, Soul, Funk, Rock – es gibt fast nichts, was Sie noch nicht ausprobiert haben. Haben Sie ein Lieblingsgenre?
Hip-Hop. Da komme ich her, das hat mir alles beigebracht, das ist das, was ich liebe. Und das Schöne daran ist, dass jemand wie ich, der so einen eklektischen Musikgeschmack hat und auf so viele verschiedene Sachen steht, sich trotzdem dort zu Hause fühlt. Denn: Im Hip-Hop kann man all das nehmen, was man gut findet, und daraus etwas Neues, Eigenes bauen.

Apropos nehmen und etwas Eigenes kreieren, wie stehen Sie zu Diskussionen über kulturelle Aneignung?
Hip-Hop ist eine einzige kulturelle Aneignung. Ohne sie würde es Hip-Hop gar nicht geben. Wenn jetzt Chuck D., Jay-Z oder Dr. Dre kommen und sagen würden: «Jan, hör mal zu, das, was du da mit Hip-Hop machst, das darfst du eigentlich alles gar nicht, weil du bist aus einer Weisswurststadt in Deutschland, wo es all diese Probleme, die wir haben, nicht gibt.» Dann würde ich zuhören, mich mit denen an einen Tisch setzen wollen, und dann würde ich das vielleicht auch alles überdenken. Aber das passiert nicht, ist auch nie passiert, weil die das alle überhaupt nicht so sehen.

Wer sieht es denn so?
Die Leute, die mit kultureller Aneignung kommen, sind irgendwelche Vögel, die mit Lena Meyer-Landrut angefangen haben, Musik zu hören. Die überhaupt keine Ahnung von Subkulturen haben und von Reggae und Hip-Hop schon gar nicht. Die erzählen uns dann irgendwas wie: «Du darfst keinen Reggae machen, weil du weiss bist.» Keine Ahnung, da kann ich eigentlich nur mit den Schultern zucken.

Und auf der nächsten Platte, werden Sie da nochmals ein ganz neues Genre ausprobieren?
Da gibt es noch nichts zu erzählen. Ich mache jetzt erst mal die Tour und dann probiere ich herum und überlege, was ich machen will.

Am 3. Mai erscheint Jan Delays Best-of-Album «Forever Jan (25 Jahre Jan Delay)» mit den erfolgreichsten Songs aus den letzten 25 Jahren und zwei neuen Liedern. Ende Mai beginnt seine Tour, am 26. Juli tritt er am Open Air Etziken SO auf. 

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